Gefaehrliche Tiefen
Nächte haben, aber das geht leider nicht. Ab morgen ist kein Zimmer mehr frei. Sie müssen das Hotel verlassen, verstehen Sie?«
Wie bitte?
Nach der »Sache mit der Druckluftflasche« und Ricardos Weigerung, nochmals mit ihnen hinauszufahren, schlug das dem Fass endgültig den Boden aus. Sam lieà die schwere Ausrüstung zu Boden gleiten und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. »Nein, das verstehe ich nicht. Erklären Sie es mir.«
»Ich habe einen Fehler gemacht. Bei den Reservierungen. Es tut mir leid. Das Beste wird wohl sein, Sie gehen nach Baquerizo Moreno.« Sie sah Sam nur kurz in die Augen und wandte den Blick dann gleich wieder ab. »Sagen Sie Mr Kazaki Bescheid?«
»Und ob ich das tue«, erwiderte Sam. Puerto Baquerizo Moreno lag nicht mal halbwegs in der Nähe, sondern auf einer ganz anderen Insel. Dan hatte die Zimmer reserviert. Vielleicht wusste er, wie sich das Problem lösen lieÃ. »Dr. Kazaki wird das mit Sicherheit selbst mit Ihnen besprechen wollen.«
Mrs Vintner senkte den Kopf und heftete den Blick auf den blauen Fliesenboden. »Tut mir leid.« Dann huschte sie zurück auf ihren Platz hinter dem Empfangstresen.
Sam drehte sich um und betrachtete die Gäste. Das Paar mit den Hawaiihemden saà immer noch Kopf an Kopf in den Reiseführer vertieft. Die ältere Frau war verschwunden, zusammen mit ihrem Koffer. Der Mann mit dem Bart saà noch dort, jetzt aber hinter seiner Zeitung verborgen.
Als Sam sich bückte, um die Taschen mit der Ausrüstung aufzuheben, rutschte ihr die Brille vom Kopf und fiel zu Boden. Die rothaarige Touristin hob sie auf, betrachtete sie einen Moment und hielt sie Sam dann hin. »Hier. Nicht zerbrochen.« Sie sprach mit starkem Akzent.
»Danke.« Sam lächelte. »Woher kommen Sie?«
»Aus Norwegen. Sie sind Amerikanerin?«
»Ja. Willkommen auf den Galapagosinseln.«
Die Touristin gesellte sich wieder zu ihren Freundinnen. Nachdem Sam sich die Brille zurück auf den Kopf gesteckt hatte, hob sie die schweren Taschen hoch und trug sie in ihr Zimmer. Bei früheren Feldforschungen hatten ihre Unterkünfte meist aus einem winzigen Zelt in felsigen Canyons oder dichten Wäldern bestanden. Das kleine Hotel war skurril, hatte aber Charme: Der Eingang lag versteckt in einer SeitenstraÃe, doch einige der Zimmer ragten über das Dach des Restaurants im Erdgeschoss hinaus, und so hatte man einen groÃartigen Blick auf die Academy Bay. Die korallenrot gestrichenen Wände, die weiÃen Spitzengardinen und die dunkel lackierten Holzmöbel kamen ihr richtig luxuriös vor. Ihr Laptop, der auf dem Tisch unter dem Fenster mit dem Ausblick aufs Wasser stand, sah aus, als gehöre er hierhin. Verdammt! Was für eine Unterkunft sie wohl in Puerto Baquerizo Moreno finden würden?
Sam ging unter die Dusche. Trotz des lauwarmen Wassers fühlte sie sich anschlieÃend erfrischt, und auch ihr Hirn war nicht mehr so benebelt. Sie zog Shorts und T-Shirt an und setzte sich an ihren Computer. Nachdem sie sich in das WLAN des Hotels eingeloggt hatte, rief sie ihre E-Mails auf und sah sich dann die aktuelle Seite von
Out There
an.
Die Themen der Leitartikel auf
Out Theres
Homepage waren ein Immunisierungsprojekt in Indien, das von Key Corporation finanziert wurde, sowie Skifahren in Kaschmir. Der zweite Artikel enthielt passenderweise Links zu Schnäppchen-Skireisen auf Keys Reise-Homepage und zu Keys Katalogseite mit Angeboten für Skier und Snowboards. Bei dem Immunisierungsartikel war Kat Monroe als Verfasserin angegeben, eine groÃe, schlanke Frau in einem Sari. Der Artikel über Skifahren in Kaschmir stammte von Bomber Bryant. Dem dazugestellten Foto nach zu urteilen, handelte es sich um einen Abfahrtsläufer mit der Figur von Incredible Hulk, der Monsterbuckel in Angriff nahm, ohne auch nur einen Gedanken an das instabile Schneebrett über ihm zu verschwenden. Da Sam jetzt
Out Theres
dynamisches Duo auf den Galapagosinseln war, nahm sie an, dass Kat Monroe und Bomber Bryant die gleiche Person waren.
Im Internet unter einem anderen Namen aufzutreten fühlte sich für Sam an, als wäre sie eine Figur in einem Videospiel. Es schien ihr nicht richtig, so zu tun, als sei man jemand anders.
Das ist doch bloà ein weiteres Pseudonym
, hatte Wyatt argumentiert. Und hier saà sie nun also, verdammt zum Stillschweigen über ihre gespaltene
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