Gefaehrliche Verstrickung
erklärt, dass sie und Philip eine strikte Abmachung getroffen hatten? Wenn er also Geheimnisse hatte oder Probleme mit seinem Vorgesetzten, so war das wirklich seine private Angelegenheit. Und doch hätte sie sich gewünscht, dass er sich ihr anvertraute.
Die lange, schwarze Limousine vor ihrem Apartmenthaus stach ihr sofort ins Auge. Obwohl dies kein ungewöhnlicher Anblick war, begann ihr Herz wie wild zu klopfen. Irgendwie wusste sie, noch bevor die Tür aufging, wer aus dem Wagen steigen würde.
Abdu hatte seine throbe mit einem Geschäftsanzug vertauscht, seine Sandalen mit eleganten, italienischen Lederschuhen, trug jedoch dazu die typische Kopfbedeckung seines Landes. Schweigend standen sie einander gegenüber.
»Komm mit.«
Sie musterte den Mann neben ihm und wusste , dass er bewaffnet war, wusste auch, dass er fraglos jeden Befehl seines Königs ausführen würde. Abdus maßlose Wut mochte den Wunsch in ihm wachrufen, sie hier auf offener Straße niederschießen zu lassen, aber er war kein Narr.
»Nein, du kommst zu mir«, entgegnete Adrianne knapp, wobei sie bewusst ihren Vater zum ersten Mal mit du ansprach. In dieser Situation erübrigten sich Höflichkeitsfloskeln. Sie drehte sich um und hielt den Atem an, als sie das Haus betrat. »Laß den Mann draußen«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. Er folgte ihr tatsächlich. »Dies geht nur uns beide etwas an.«
Sie betraten den Aufzug. Jeder, der ihnen begegnet wäre, hätte einen gepflegten Herrn in einem dunklen Chesterfield- Anzug gesehen, und eine junge Frau im Nerzmantel, offensichtlich seine Tochter. Manchen wäre vielleicht noch aufgefallen, was für ein attraktives Paar die beiden abgaben, bevor sich die Türen des Fahrstuhls schlössen.
Adrianne schwitzte. Doch das lag weder an der überhitzten Luft im Inneren des Gebäudes noch an dem Nerzmantel. Sie schwitzte auch nicht aus Angst, obwohl sie wusste , das seine Hände stark genug waren, um sie zu erwürgen, bevor sie noch die oberste Etage erreicht hätten. Und es war auch nicht der Triumph, noch nicht, der sie zum Schwitzen brachte, sondern höchstens die Vorfreude auf den Augenblick, auf den sie so lange gewartet hatte.
»Du hast meinen Brief erhalten.« Obwohl er nicht antwortete, drehte sie sich zu ihm um und sah ihn direkt an. »Vor Jahren habe ich dir schon einmal einen Brief geschrieben. Damals bist du nicht gekommen. Offensichtlich ist dir dieses Kollier mehr wert als das Leben meiner Mutter.«
»Ich könnte dich nach Jaquir zurückbringen. Und du könntest froh sein, wenn man dir nur die Hände abhackte.«
»Du hast keine Macht mehr über mich.« Sie ging voraus, als sich die Fahrstuhltür öffnete. »Nicht mehr. Einst habe ich dich geliebt - und noch mehr gefürchtet. Jetzt ist selbst die Furcht verblasst .«
Sie schloss die Tür zu ihrem Apartment auf und sah, dass seine Männer bereits dort gewesen waren. Polster waren aufgeschlitzt, Tische umgekippt, Schubladen herausgezogen. Das war keine gewöhnliche Durchsuchung gewesen, sondern hatte eher den Charakter eines persönlichen Racheakts. Wut stieg in ihr auf und spiegelte sich in ihren Augen.
»Hast du wirklich geglaubt, es hier zu finden?« Langsam stieg sie über die am Boden verstreuten Sachen hinweg. »Zu lange habe ich auf diese Gelegenheit gewartet, als es dir jetzt so einfach zu machen.« Sie war auf den Schlag gefasst gewesen und wich noch rechtzeitig aus, so dass er nur flüchtig ihre Wange streifte. »Rühr mich noch ein einziges Mal an«, sagte sie mit tonloser Stimme, »und du siehst das Kollier nie wieder. Das schwöre ich.«
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Du wirst zurückgeben, was mir gehört.«
Sie zog den Mantel aus und warf ihn achtlos beiseite. Die chinesische Box lag jetzt zerbrochen zu ihren Füßen, aber sie hatte ihren Zweck bereits erfüllt. Das Kollier befand sich wieder in einem Tresor. Diesmal jedoch in einer New Yorker Bank. »Ich besitze nichts, was dir gehört. Was ich besitze, gehörte meiner Mutter, und jetzt gehört es mir. Das ist das Gesetz des Islam, das Gesetz Jaquirs, das Gesetz des Königs.« Ihre Augen waren ein Spiegel der seinen. »Willst du dieses Gesetz anfechten?«
»Ich bin das Gesetz. Sonne und Mond gehört Jaquir und mir und nicht der Tochter einer Hure.«
Adrianne ging auf das Porträt ihrer Mutter zu, das man von der Wand gerissen und auf den Boden geworfen hatte. Sie hob es auf und stellte es so hin, dass es in Abdus Blickrichtung stand. Dann wartete sie, bis er
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