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Gefaehrliche Versuchung

Gefaehrliche Versuchung

Titel: Gefaehrliche Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Dreyer
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ihn im Zimmer auf der anderen Seite des Flurs erblickte. Sie schickte Bea und Chuffy die Treppe hinunter und trat dann in das leere Schlafzimmer. Dort kniete Mudge, über einen Nachttopf gebeugt, auf dem Fußboden und übergab sich.
    »Geht es ihm gut?«, fragte sie.
    Stumm nickte Mudge.
    »Und du?«
    Er brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, oder?«
    In dem Moment wurde Kate klar, warum Mudge kein Interesse an ihren Flirtversuchen zeigte – in Wirklichkeit liebte er jemand anders. In diesem Augenblick tat ihr Mudge mehr leid als sie sich selbst.
    »Weiß er es?«
    Mudge riss die Augen auf und wurde bleich. Doch er schüttelte den Kopf. »Er ist nicht so wie … ich. Ich verstehe das.« Mit einem zittrigen Atemzug stand er auf. »Werden Sie mich jetzt fortschicken?«
    »Nur wenn es dein Wunsch ist. Es ist schwierig, jemanden zu lieben, wenn einem bewusst ist, dass derjenige diese Liebe niemals erwidern wird. Ich weiß das.«
    War das nicht komisch? Diese traurige kleine Szene mit Mudge war nötig gewesen, damit sie einsah, dass sie nie aufgehört hatte, Harry zu lieben. Der Aufruhr in ihrem Inneren, den sie verspürt hatte, als sie ihn während seiner Albträume gehalten hatte oder sein blutdurchtränktes Hemd gesehen hatte, oder als sie sich von ganzem Herzen gewünscht hatte, eine richtige Frau zu sein, würde nicht einfach verschwinden. Tatsächlich würde das alles nur noch schlimmer werden. Denn egal, was auch passierte: Sie würde ihn bis an ihr Lebensende lieben.
    Und der einzige Mensch, der das verstehen konnte, war dieser außergewöhnlich hübsche Junge mit den traurigen Augen. »Also, Mudge«, sagte sie mit einem zittrigen Lächeln, »sollen wir uns weiter durchboxen?«
    Einen Moment lang war der Schmerz in den Augen des Jungen unbeschreiblich. Aber als er nickte, lächelte er, und dieses Lächeln kam von Herzen. Kate umarmte ihn kurz und innig. Und dann wandte sie sich ab.
    »Kann ich reingehen?«, fragte sie.
    »Das würde nichts bringen. Der Arzt hat ihm Laudanum und Brandy verabreicht.«
    Sie lächelte. »Dann werde ich nach unten gehen und meinen Teil erledigen. Aber ich werde wiederkommen, und dann kann mich niemand davon abhalten, in das Zimmer zu gehen.«
    »Ja, Ma’am.«
    Als sie die Stufen hinunterlief, fragte sie sich, wie es weitergehen würde. Würde es leichter werden, mit Harry zusammenzuleben? Oder schwieriger? Würden seine Gefälligkeiten sich wie ein Segen anfühlen? Oder wie frische Wunden? Hatte sie genauso viel Mut wie Mudge und konnte in Harrys Schatten weiterleben, ohne ihm zu zeigen, was er ihr wirklich bedeutete? Wie oft würde sie zusehen können, wie er verschwand, ohne daran zu zerbrechen? Schon jetzt brach die alte Wunde wieder auf und blutete. Die Narbe, die sich im Laufe der Jahre gebildet hatte, bot keinen Schutz. Es hatte gereicht, dass er verwundet worden war, und sie fühlte sich wieder wie die Fünfzehnjährige, deren Glück von seinem Wohlbefinden abhängig war, verlor ihr Gleichgewicht und ihre Haltung. Würde es lange dauern, bis sie genauso wäre wie Mudge und mit Übelkeit reagieren würde, sobald Harry ins Straucheln geriet?
    Sie hasste es. Sie hatte so hart dafür gekämpft, um sich davon zu befreien und von den Emotionen zu lösen, die sie beherrscht hatten. Und trotz alldem: Im Laufe der wenigen Tage, die sie wieder mit Harry zusammen war, war ihre Distanziertheit verschwunden.
    Sie sollte mit Bea nach Eastcourt reisen, wo sie die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnen konnte. Sie sollte Harry seine Freiheit anbieten, ehe er sie einforderte, und ihn dann auf seinen Weg in die Welt schicken. Das sollte sie tun, verdammt noch mal.
    Doch sie wusste, dass sie es nicht tun würde. Als sie an Finney vorbeikam, lächelte sie ihm zu und bat ihn, ihr Bescheid zu geben, sobald Harry aufwachen würde. Und dann vergrub sie sich in der Bibliothek, obwohl sie instinktiv wusste, dass die Nadel, die sie suchte, sich nicht in diesem Heuhaufen befand.
    Knapp elf Meilen entfernt waren die Fenster des Richmond Hills Asylums dunkel. Die Oberschwester im Ostflügel, die die Gewohnheiten ihrer Patienten genau kannte, machte noch ein kleines Nickerchen, ehe es an der Zeit war, ihre Schützlinge zu wecken. Man musste schon genau hinsehen, um ihre Verfehlung zu bemerken, da sie kerzengerade an ihrem Schreibtisch saß und schlummerte.
    Jemand anders kannte allerdings diese Gepflogenheit der Oberschwester und nutzte die Gelegenheit, um auf

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