Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
andere. Ich habe Geschäftsbeziehungen in alle Welt und auf eigene Kosten gelernt, mich nicht auf Dolmetscher zu verlassen.“
Sie wollte gerne glauben, dass er sie alle perfekt sprach. Sein Englisch war nahezu fehlerfrei, mit einem leichten Akzent. Sie schätzte ihn wie einen Mann ein, der etwas entweder gut oder gar nicht machte.
„Ich wollte schon immer mal nach Paris reisen“, sagte sie verträumt und öffnete den Mund für ein Stück Wurst. Sie war köstlich, mit Fenchelsamen und Pfeffer. Beim nächsten Bissen winkte sie jedoch ab.
„Ach, willst du das?“ Drake kniff die Augen zusammen. „Aufmachen!“ Seufzend nahm sie einen weiteren Bissen puren, unglaublich köstlichen Cholesterins zu sich.
„Mm-mm. Aber mein absoluter Traum wäre es, Rom zu sehen. Die Caravaggios, die Tizians. Die Sixtinische Kapelle.“ Sie musterte sein Gesicht, während sie von den Herrlichkeiten sprach, die zu sehen sie sich schon immer gewünscht hatte. „Aber du kennst Rom, nicht wahr? Du bist schon dort gewesen.“
„Ich kenne Rom sehr gut, ja. Noch ein Happen, so ist’s brav. Ich habe vor ein paar Jahren kurze Zeit in Rom gelebt. Aber das Rom, das ich kenne, hat nichts mit Tizian oder dem Vatikan zu tun. Und warum bist du noch nie in Rom gewesen? Der Flug dauert nicht mehr als sechs Stunden.“
„Ich weiß.“ Sie seufzte. „Es ist meine eigene Schuld. Irgendwie schien es nie die richtige Zeit zu sein. Und ich habe auch erst vor zwei Jahren den Rest meiner Collegeschulden abbezahlt. Und im letzten Jahr war ich dann natürlich die ganze Zeit damit beschäftigt, sehr hart für einen Stammkunden zu arbeiten, der einfach nicht genug von meinen Bildern zu bekommen schien und mir nicht einen Moment lang Pause gegönnt hat.“
Drakes harter Mund verzog sich zu einem halben Lächeln. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Gott, war er attraktiv, wenn dieses Harte, Harsche aus seinem Gesicht verschwand.
„Ich hatte ja keine Ahnung, dass ich dich davon abgehalten habe, deine Träume zu verwirklichen.“
„Nein, nein, du verstehst nicht.“ Sie meinte es ernst. Grace legte ihre Hand auf seinen Arm und sprach in ernsthaftem Tonfall weiter. „Du hast mich von gar nichts abgehalten, Drake. Du warst … du hast mir das Leben gerettet. Ich habe mich so bemüht, um von meiner Kunst leben zu können, aber es hat einfach nicht funktioniert. Dann habe ich so ziemlich alles andere ausprobiert. Kellnern, Zeitarbeit. Nichts hat geklappt. Ich hab jedes Mal mein Bestes gegeben, aber irgendwie hat es nie gereicht. Es scheint so, als ob ich nicht für diese Welt geschaffen bin. Ich kann nur malen. Und die Tatsache, dass du meine Bilder gekauft hast, bedeutete, dass ich mich endlich darauf konzentrieren konnte, das Einzige zu tun, was ich auf dieser Welt wirklich liebe.“
Er neigte kurz den Kopf. „Immer gern zu Diensten.“
Da fiel ihr etwas ein. „Du musst auch etwas essen. Du hast mich die ganze Zeit nur gefüttert, aber jetzt bist du dran. Und vor allem: Trink deinen Kaffee!“
„Ja, Ma’am.“ Er nippte gehorsam an seiner Tasse und beobachtete sie eingehend aus seinen dunklen Augen.
Sie kletterte über ihn hinweg, um sich ein Croissant zu holen, und bemühte sich, die große Hand zu ignorieren, die sich kurz auf ihren Hintern legte. Die Wärme seiner Hand ließ sie zusammenzucken. Als sie dann auf der Bettkante hockte, fand sie sich auf einmal in seiner Umarmung wieder. Ein langer Arm lag um ihre Taille, der andere auf ihrer Hüfte.
Die Umarmung brachte sie ihm ganz nahe, so nahe, dass ihre Brüste seinen Brustkorb berührten. Der Pyjama war völlig überflüssig, denn sein Körper gab genauso viel Hitze ab wie eine Decke. Er nahm einen weiteren Schluck Kaffee. „Bist du nicht neugierig?“
„Auf was?“
„Ob der Kaffee aus meinem Mund genauso gut schmeckt. Willst du es nicht mal probieren?“
Neugierig war nicht das richtige Wort. Dann schon eher fasziniert . Alles an diesem Mann war faszinierend, geheimnisvoll. Verlockend.
Nach einem weiteren großen Schluck stellte er die Kaffeetasse aufs Tablett zurück und zog sie noch näher an sich heran, indem er ihr seine große Hand an den Hinterkopf legte.
Grace hatte schon Hunderte von Verabredungen in ihrem Leben gehabt. Sie war hübsch, viele Männer luden sie ein. In der Regel aber nur ein Mal und dann nie wieder. Es gab immer etwas, das nicht passte. Manchmal war es etwas Bedeutenderes, wie zum Beispiel ihre völlige Unfähigkeit, sich für irgendein Hobby des Mannes
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