Gefährlicher Chat - Wich, H: Gefährlicher Chat
weitergeredet. Ich saß da mit dem Hörer am Ohr und hab gedacht, was läuft denn jetzt ab? Hat er sich gar nicht gefreut über meinen Brief? Doch, anscheinend schon. Aber er hat offenbar überhaupt nicht mitbekommen, dass es ein Liebesbrief war.
Michi, wie soll ich es dir denn noch sagen, damit du es verstehst?
Ich bin in dich verliebt!!!
Das kann nur eins bedeuten: Michi ist nicht in mich verliebt. Sonst hätte er meine Worte sicher anders interpretiert. Es ist so schrecklich. Alles war umsonst, der Brief und meine Gefühle. Es hat keinen Sinn, ich muss mich entlieben.
Nein, das kann ich nicht. Ich kann meine Gefühle nicht einfach abstellen wie den Knopf an meiner Digitalkamera.
Michi! Ich werde dich nicht vergessen und immer lieben. Morgen sehe ich dich wieder. Du hilfst uns, wenn wir die Einbrecher fassen. Wie gut, dass du dabei bist! Dann habe ich vielleicht weniger Angst, weil ich weiß, dass du mich beschützt. Andererseits werde ich ganz sicher sterben vor lauter Herzklopfen!
Franzi saß in der Sofaecke im Café Lomo und sah auf ihre Armbanduhr. Fünf vor vier. Der Countdown lief. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie hatte das Aufnahmegerät angeschaltet, falls Anton sich zufällig im Gespräch selbst belasten sollte. Es war gut versteckt in ihrer Tasche, die sie auf dem Boden abgestellt hatte. Der Beamte, der zu ihrem Schutz im Café war, fiel übrigens überhaupt nicht auf, so jung, wie der aussah.
Nervös warf sie nochmal einen Blick in den großen Spiegel neben dem Sofa. Das silberne Glitzertop, das sie sich von Chrissie geliehen hatte, sah ganz gut aus. Aber was war das? Sie hatte hektische rote Flecken auf dem Gesicht! Ob das von Maries neuem, extra stark mattierendem Make-up kam oder von der Aufregung? Wahrscheinlich von beidem.
Tausendmal lieber wäre sie jetzt zu Hause gewesen, um Antons Komplizen am Tatort gebührend in Empfang zu nehmen. Marie und Kim durften den tollsten Teil des Falls übernehmen und Ruhm einheimsen, und sie saß hier doof rum. Das war wirklich ungerecht!
Da ging die Tür auf. Sofort war Franzi in höchster Alarmbereitschaft. Und da kam er auch schon auf sie zu: Anton. Betont lässig hob er eine Hand und grinste ihr zu. Auf einmal fand sie ihn gar nicht mehr so süß. Das Lächeln war einstudiert und eiskalt kalkuliert. Und mit genau denselben Begrüßungsworten hatte er vermutlich auch damals versucht, Sofie einzuwickeln.
Abrupt blieb er zwei Meter vor ihr stehen und rief theatralisch: »Hi, Apple! Du siehst … umwerfend aus.«
Franzi lächelte geschmeichelt, während sie dachte: Du falscher Hund!
»Wartest du schon lange?«, fragte Anton und ließ sich in den gegenüberliegenden Sessel fallen.
Franzi schüttelte den Kopf. »Höchstens fünf Minuten.«
»Sorry«, sagte Anton. »Dafür lade ich dich ein. Was möchtest du trinken?«
Franzi entschied sich für eine Cola, um sich so wach wie möglich zu halten.
Anton bestellte zwei Cola. Als die Bedienung sie gebracht hatte, gab er ihr das Glas und sah ihr tief in die Augen. »Auf uns!«
Franzi verschluckte sich und musste fürchterlich husten.
Anton klopfte ihr besorgt auf den Rücken. »Geht’s wieder?«
»Ja, danke«, sagte Franzi.
»Schön, endlich allein zu sein«, sagte er. »Ohne all die Leute vom Chattertreffen um uns herum.«
Franzi nickte. »Ja, stimmt. Ich hab mir auch extra viel Zeit genommen. Bis sechs Uhr kann ich locker bleiben.«
»Ich leider nicht«, sagte Anton. »Aber eine Stunde hab ich schon Zeit.«
Franzi machte ein enttäuschtes Gesicht. »Bleib doch noch länger! Egal, was du vorhast, es kann nicht so wichtig sein wie unser Treffen.«
Anton war durch ihre Aktion überrumpelt. »Äh … du hast völlig Recht.«
»Was hast du denn vor?«, bohrte Franzi nach.
»Ach, so ein doofes geschäftliches Meeting«, sagte Anton. »Ich wollte es verschieben, aber es ging leider nicht.«
Franzi beugte sich interessiert vor. »Was machst du denn eigentlich beruflich?«
»Nichts Spannendes«, antwortete Anton. »Ich bin im Ankauf und Verkauf einer kleinen Firma beschäftigt.«
Franzi musste sich auf die Lippe beißen, um nicht zu grinsen. So konnte man Einbruch natürlich auch definieren.
»Reden wir lieber von dir«, sagte Anton. »Mein Leben ist wirklich nicht so aufregend.«
»Doch, bestimmt«, sagte Franzi schnell. »Du weißt jetzt so viel über mich, aber ich weiß noch fast gar nichts von dir. Wie heißt denn die Firma, bei der du arbeitest? Vielleicht kenne ich sie ja.«
Anton
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