Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder
ihm vertrauen konnte. Trotzdem fiel es Caroline schwer, die Wahrheit zu sagen. »Ja«, sagte sie schließlich. »Er war bewaffnet, aber das wusste ich damals nicht.«
»Was für eine Waffe trug er?«
Sie starrte ihn an. »Machen Sie Witze?«
Er starrte mit ausdruckslosem Blick zurück, vollkommen unpersönlich. Nein, er machte wohl eher keine Witze.
»Mr … Special Agent Butler, ich habe absolut keine Ahnung von Waffen. Sie war groß und schwarz, das ist alles, was ich sagen kann.«
»Woher wissen Sie, dass er bewaffnet war?«
»In mein Haus wurde gestern eingebrochen.« Besser gesagt, Jack hatte ihr gesagt, dass jemand in ihr Haus eingebrochen sei. Caroline hasste es, alles im Nachhinein anzuzweifeln, an ihm zu zweifeln. Sie hasste das Gefühl, mit einem Betrüger im Bett gewesen zu sein – und sich in ihn verliebt zu haben. »Da habe ich dann herausgefunden, dass er eine Waffe trug. Bis dahin hatte ich keine Ahnung.«
»Sieh mal, Caroline«, mischte sich Sanders plötzlich ein, »du hättest es wirklich besser wissen müssen. Aber gute Menschenkenntnis hattest du ja noch nie. Das sollte dir eine Lehre sein, nie wieder vollkommen Fremden zu trauen.«
Butler wandte nicht einmal den Kopf. »Mr McCullin, noch ein Wort von Ihnen und ich lasse Sie wegen Behinderung der Justiz festnehmen. Ist das klar?«
»Tut mir leid.« Sanders bemühte sich, eine reuige Miene aufzusetzen, was ihm allerdings nicht allzu gut gelang. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.
»Also, Ms Lake. Hat er Ihnen gesagt, wo er herkam?«
Caroline wurde langsam klar, wie wenig Jack über sich selbst erzählt hatte. »Nun ja, er sagte, er sei in Afghanistan gewesen. Und dass sein Vater kürzlich verstorben sei, in North Carolina. Ich weiß nicht, ob er direkt aus Afghanistan hierher geflogen ist oder ob er in North Carolina haltgemacht hat.«
»Unsere Akten beweisen, dass er von Afrika hergeflogen ist. Von Freetown.«
»Der Hauptstadt von Sierra Leone?«, fragte Caroline. »Was um alles in der Welt hat er denn dort gemacht? Von Afrika hat er nichts gesagt.«
»Nein? Das ist doch nur verständlich angesichts der Tatsache, dass er und drei andere Söldner dort ein ganzes Dorf voller Frauen und Kinder abgeschlachtet haben.«
» Das ist eine Lüge!« Die Worte brachen aus ihrem tiefsten Inneren hervor. Sie stand abrupt auf. »Ich weigere mich, noch länger …«
Der Special Agent erhob die Stimme nicht, das musste er auch gar nicht. »Setzen Sie sich, Ms Lake, oder ich werde Sie wegen Behinderung der Justiz verhaften. Hinsetzen!«
Sie setzte sich und faltete ihre Hände auf dem Tisch, damit niemand sah, wie sie zitterten. »Jack Prescott würde so etwas niemals und unter gar keinen Umständen tun.«
Er würdigte ihre Aussage keiner Antwort, sondern starrte sie nur aus seinen kalten Augen an.
»Haben Sie am Wochenende die Nachrichten verfolgt?«
Es ging ihn überhaupt nichts an, was sie am Wochenende getan hatte. »Ich wüsste nicht …«
»Beantworten Sie die Frage, Ms Lake«, unterbrach er schroff, »oder ich werde Sie in unser Büro in Seattle bringen und dort befragen lassen, was mit Gewissheit weitaus weniger angenehm für Sie sein dürfte. Wie würde Ihnen das gefallen? Ihre Entscheidung.«
»Ich … nein, ähm … um auf Ihre Frage zurückzukommen, ich habe über die Feiertage keine Nachrichten geschaut.« Sie war viel zu sehr mit Jack beschäftigt gewesen, und außerdem, fiel ihr jetzt wieder ein, waren sowohl ihr Fernseher als auch ihr Radio gestört gewesen. Erst in diesem Moment wurde ihr klar, wie ungewöhnlich es war, dass beide Geräte am selben Wochenende ausfielen. »Ich weiß wirklich nicht, was das damit zu tun hat.«
»Es wurde andauernd darüber berichtet«, sagte Sanders und beugte sich vor. »Ich weiß wirklich nicht, wie du das verpassen konntest.«
Der FBI -Agent warf Sanders einen Blick zu, woraufhin dieser die Hände hob – ’tschuldigung! – und sich zurücklehnte. Der Agent wandte sich wieder Caroline zu. Es gelang ihr, durch schiere Willenskraft zu verhindern, dass sie am ganzen Leib zitterte. Der Mann hatte die kältesten Augen, die sie je gesehen hatte.
»Ms Lake, wie es scheint, ist Ihnen nicht bekannt, dass vor sechs Tagen vier US -Bürger, die für eine private Sicherheitsfirma namens ENP Security tätig waren, in Sierra Leone ein Dorf voller Frauen und Kinder niedergemetzelt haben und mit einem Vermögen in Rohdiamanten verschwunden sind. Gegen Ende des Massakers
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