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Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Titel: Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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und fiel mit so großer Wucht auf eine Taste, dass diese den Geist eines Tons hervorbrachte.
    Jack hatte sich nicht bewegt, aber etwas in der absoluten Stille in der Luft neben ihr brachte sie dazu, sich umzuwenden. Er stand direkt neben ihr, eine Hand auf das Klavier gelegt, und beobachtete sie regungslos. Sie hatte keine Ahnung, was er wohl denken mochte.
    Vermutlich überlegte er gerade, was für eine verrückte Frau sie doch war.
    Mit einem Mal hatte Caroline ihren Kummer und ihre Einsamkeit so satt. Es musste endlich etwas geschehen, um sie aus dieser eisigen Hülle aus Trauer und Schmerz zu befreien, die sie umschloss. Sie brauchte menschliche Wärme und Verständnis. Sie musste jemanden berühren. Sie sehnte sich danach, dass jemand sie anfasste. Abgesehen von einem gelegentlichen Händeschütteln hatte sie seit Tobys Tod kein anderes menschliches Wesen mehr gespürt.
    Sie blickte in die dunklen Augen eines vollkommen Fremden und dann entrangen sich die wahrhaftigsten Worte, die sie sagen konnte, ihrer schmerzlich zugeschnürten Kehle.
    »Ich möchte heute Nacht nicht allein sein«, flüsterte sie.

 
    5
    Sierra Leone
    Das menschliche Auge sieht, was es zu sehen erwartet. Deaver wusste das. Wie alle Soldaten machte er sich diese Tatsache häufig zunutze. Die Hälfte jeglicher Militärstrategie beruht auf Tarnung und Täuschung.
    So kam es, dass niemand einem einen Meter fünfundsiebzig großen blonden Mann mit dunkler Sonnenbrille einen zweiten Blick schenkte, der selbstbewusst durch das UN -Lager marschierte, gekleidet in einen sorgfältig gebügelten Tarnanzug mit dem UN -Abzeichen vorne auf dem Hemd und mit dem unverwechselbaren blauen Helm der UN -Friedenstruppen auf dem Kopf. Er war nur irgendeiner der fünfhundert UN -Soldaten in diesem Lager.
    Es war Abend. Die Hälfte der Truppen war auf Routinepatrouille – unbewaffnet, die Idioten!
    Deaver konnte es nach wie vor kaum glauben, dass es Soldaten gab, die unbewaffnet durch die Gegend liefen. Befehl von oben. Militärbeobachter und Friedenstruppen hatten um jeden Preis ihre Neutralität unter Beweis zu stellen. Axel hatte das auch dämlich gefunden. Deaver spürte, wie ihn plötzlich eine Welle des Verständnisses für den Kerl überrollte.
    Er kam sich wie ein Riesentrottel vor, ganz ohne Waffen in Westafrika herumzuspazieren, an einem Ort, an dem sich scheinbar mit einem Schlag ein gewaltiges Loch aufgetan und jeden verschluckt hatte, der auch nur einen Hauch von Menschlichkeit in sich trug, sodass nichts als geistesgestörte Monster übrig geblieben waren. Er war erst seit wenigen Tagen unbewaffnet, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
    Deaver konnte sich kaum vorstellen, wie es sich anfühlen mochte, während des gesamten Einsatzes unbewaffnet zu sein. Schließlich konnte man leicht den falschen Leuten in die Hände geraten, sodass ein paar Teenager einem Hände und Füße abhackten und dann bei lebendigem Leib die Haut abzogen oder unter der brütenden äquatorialen Sonne mit aufgeschlitztem Unterleib an einen Pfahl banden, woraufhin sich die Insekten an den eigenen Gedärmen gütlich taten – und das alles ohne Waffen, mit denen man sich verteidigen konnte.
    Zur Hölle mit diesem Mist, er wollte verdammt noch mal hier raus! Auf der Stelle! So wie Axel es gemacht hätte.
    Plötzlich war die abendliche Luft vom vertrauten Lärm eines Hubschraubers erfüllt. Deaver folgte dem Krach mit schnellen Schritten. Am liebsten wäre er gerannt, aber das wagte er nicht.
    Im schwachen Licht der Dämmerung konnte er die vertrauten Umrisse einer Huey ausmachen, die auf einem improvisierten Helikopterlandeplatz runterkam. Der Pilot setzte sanft auf, direkt im Zentrum des Kreises, und blieb im Cockpit, die Hände auf der Steuerung. Offensichtlich wollte er so schnell wie möglich wieder weg. Er landete im letzten Licht des Tages, um seine Chancen auf ein Überleben zu verbessern. Die Route von Freetown führte über Territorium, das von Rebellen regiert wurde. Panzerfäuste brauchten Tageslicht, um Flugzeuge und Helikopter vom Himmel zu holen.
    Männer in Jeans und Sweatshirts mit abgeschnittenen Ärmeln sprangen behände herunter und begannen mit dem Ausladen von Kisten. Sie arbeiteten ruhig und effizient. Innerhalb von zehn Minuten stand eine ordentliche Reihe von Kisten auf dem Boden.
    Deaver ging geradewegs auf die Männer zu. Er brüllte gegen den Lärm der Rotoren und des Motors an. »Darf ich fragen, wohin ihr als Nächstes fliegt?« Er war ein guter

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