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Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder

Titel: Gefährlicher Fremder - Rice, L: Gefährlicher Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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    Mom, Dad und Toby waren von Seattle nach New York geflogen, um mit ihr Thanksgiving zu feiern. Sie war mit dem Zug von Boston gekommen, wo sie Musik und Männer studierte, beides gleichermaßen enthusiastisch. Dad hatte eine Suite mit zwei Zimmern im Waldorf reserviert, wo die Familie Lake vier zauberhafte Tage verbrachte. Tagsüber besuchten sie verschiedene Sehenswürdigkeiten und abends Theaterstücke und Musicals. An ihrem letzten Abend in New York waren sie alle ins Majestic Theater gegangen, um Das Phantom der Oper zu sehen. Sie war gerade reif genug gewesen, um über die romantischen Verstrickungen dieser Dreiecksgeschichte zu seufzen. Der vernarbte, tief unglückliche Liebhaber, der für alle Zeiten in die Schatten verbannt war, der gut aussehende junge Viscount und die wunderschöne junge Frau, die von beiden Männern geliebt wurde …
    Remember me …
    Toby war noch jung genug gewesen, um sich von den wirbelnden Umhängen, den auf die Bühne krachenden Kronleuchtern, den Kerzen, die aus dem Wasser emporstiegen, und dem geheimnisvollen Boot auf einem See unter der Oper begeistern zu lassen. Noch am nächsten Morgen, als ihre Familie sie zum Bahnhof begleitete, war Toby ganz aus dem Häuschen gewesen. Sie erinnerte sich noch daran, wie sie den Zug zurück nach Boston bestiegen und durch das Fenster gesehen hatte, wie Mom und Dad ihr Küsse zuwarfen und Toby aufgeregt zum Abschied winkte. Eine glückliche Familie, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte.
    Es war das letzte Mal, dass sie ihre Eltern gesehen hatte. Es war das letzte Mal, dass sie Toby hatte gehen sehen.
    Viele Jahre lang hatte er sich geweigert, die Musik dieses Musicals auf CD anzuhören. Caroline verstand ihn so gut. Es erinnerte ihn zu sehr an das, was er verloren hatte, an den sorglosen Jungen, der er einmal gewesen war, ein Junge, der noch das ganze Leben vor sich hatte, als es ihm so grausam entrissen wurde.
    Doch dann bestand er auf einmal vor ein paar Monaten darauf, dass sie die Musik für ihn spielte, immer wieder, während er immer schwächer wurde.
    Toby wusste, dass er im Sterben lag , erkannte Caroline in diesem Moment, und ihr stellten sich die Nackenhärchen auf. Darum hatte er sie gebeten, die Musik so oft zu spielen. Toby hatte gefühlt, dass sein Tod näher rückte, und er wollte die Musik hören, die ihn an das letzte Mal erinnerte, als seine Familie vollzählig gewesen war, das letzte Mal, als er ein gesunder Junge gewesen war.
    Sie neigte den Kopf und ihre Hände bewegten sich wie von selbst, ohne dass sie an die Noten denken musste.
    Die zarte, romantische Musik erfüllte den Raum, erfüllte ihren Kopf und erfüllte ihr Herz. Ihre Hände flogen über die Tastatur, die Musik quoll aus ihrem tiefsten Inneren hervor.
    … please promise me …
    Sie vergaß, wo sie war. Sie vergaß den großen, dunkeläugigen Mann an ihrer Seite, der sie die ganze Zeit beobachtete, und ließ sich von der bewegenden Musik ganz und gar mitreißen. Ein Lied der Sehnsucht und des Versprechens auf Liebe, wenn alle Hoffnung verloren ist.
    … that sometimes you will think of me …
    Das Lied endete ganz zart auf einer letzten anhaltenden Note, deren Echo widerhallte und dann erstarb. Ihre Hände glitten von den Tasten und blieben in ihrem Schoß liegen.
    Caroline ließ den Kopf sinken. Eine Strähne, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte, fiel nach vorne und blieb auf ihrer Schulter liegen.
    Dann fuhr plötzlich ein eisig kalter Luftzug durch den Raum, blätterte mehrere Seiten der Noten um und ließ sie bis ins Mark erschauern. Sie bekam eine Gänsehaut. Sie blickte erschrocken auf, als die Kerzen in den Messinghaltern aufflackerten und dann erloschen. Die schweren Vorhänge bewegten sich ebenfalls kurz, bevor wieder Ruhe eintrat.
    Es war fast schon wieder vorbei, noch bevor es begonnen hatte. Von den glühenden Kerzendochten stiegen kleine Rauchsäulen kerzengerade nach oben. Nichts rührte sich.
    Etwas war ins Zimmer gekommen – und wieder gegangen.
    Bis zu ihrem Todestag würde Caroline davon überzeugt sein, dass die Seele ihres Bruders in genau diesem Augenblick dessen Leben hinter sich gelassen hatte und sich endlich, endlich aus dem zerbrochenen Käfig aus Fleisch und Blut befreien konnte, den er so gehasst hatte.
    Er hatte sie ein letztes Mal spielen gehört und diese Welt verlassen.
    Caroline hatte soeben Tobys Requiem gespielt.
    Jetzt war er endlich, wirklich fort. Und sie war allein.
    Eine dicke Träne rollte über ihre Wange

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