Gefährlicher Verführer
betrachtete ihn aus weit geöffneten Augen, in denen er
deutlich ihre Angst las.
»Es ist schon gut, Darius.
Ich war nur überrascht«, wisperte sie. »Ich weiß, dass du mich niemals
verletzen würdest.« Wieder versuchte sie, sich aus seinen Armen zu befreien.
Doch Darius umfing sie noch
fester. »Ich werde dich nicht aufgeben. Ich kann es nicht. Ich erwarte nicht,
dass du verstehst, und könnte es auch nicht erklären. Mein ganzes Leben lang
bin ich für andere da gewesen. Ich hatte niemals etwas, das mir allein gehörte.
Ich brauchte nichts, ich wollte nichts. Aber ich brauche dich, Tempest. Ich
weiß, dass du nicht akzeptieren kannst, was ich bin, doch es macht keinen
Unterschied für mich. Ich wünschte, dir versprechen zu können, dass ich deine
Furcht respektiere, aber ich werde dich nicht aufgeben. Du bist die Einzige,
die mich retten kann. Die andere vor mir retten kann. Sterbliche und
Unsterbliche gleichermaßen.«
»Was bist du, Darius ?«
Tempest gab es auf, sich gegen ihn zu wehren. Sie hatte keine Chance, sich aus
seiner Umarmung zu befreien, wenn er es ihr nicht gestattete, das wusste sie.
Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Noch immer klopfte ihr Herz so
schnell, dass sie fürchtete, es könne explodieren. Dann begegnete Darius ihrem
Blick, und sie verlor sich in den dunklen, unergründlichen Tiefen seiner Augen.
»Ganz ruhig, Kleines. Du
brauchst keine Angst zu haben.« Er spendete ihr Trost, hüllte sie in ein
beruhigendes, friedliches Gefühl der Sicherheit.
So sehr sie sich auch
bemühte, vermochte Tempest doch nicht, den Blick von ihm zu wenden. Darius war
so stark und mächtig, er erschien ihr hart wie Granit, im Umgang mit ihr war er
jedoch unendlich sanft. Wenn er sie ansah, blitzte brennendes Verlangen in
seinen Augen. Er war alterslos, zeitlos. Mit einem eisernen Willen
ausgestattet. Er würde niemals von einem einmal eingeschlagenen Weg abweichen.
Und nun hatte er sie erwählt.
Tempest hob die Hand und
berührte die pochende Stelle an ihrem Hals. »Warum ich?«
»Vor langer Zeit, schon vor
vielen Jahrhunderten, habe ich die Fähigkeit verloren, Gefühle zu empfinden,
Tempest. Seitdem war ich allein auf der Welt. Ganz allein. Bis du kamst. Du
hast wieder Farbe und Licht in mein Leben gebracht.« Darius atmete ein und sog
ihren Duft tief in seine Lungen. Er musste unbedingt das Verlangen besänftigen,
das noch immer in ihm tobte. »Mach dir keine Sorgen, du wirst dich an nichts
erinnern.«
Ohne dem Blick seiner
faszinierenden dunklen Augen auszuweichen, schüttelte Rusti langsam den Kopf.
»Ich erinnere mich an das letzte Mal, Darius. Du hast meine Erinnerung nicht
ausgelöscht.«
Er blinzelte nicht einmal,
während er diese unerhörte Behauptung als Tatsache hinnahm. »Du bist vor mir
davongelaufen, weil du weißt, was ich bin.« Seine Stimme klang ausdruckslos,
als wäre Tempests Eröffnung ohne jegliche Bedeutung für ihn.
»Du musst schon zugeben,
dass es nicht gerade alltäglich ist, von einem Vampir in den Hals gebissen zu
werden.« Tempest versuchte zu scherzen, tauchte jedoch ihre Finger immer wieder
in Darius' dichtes schwarzes Haar und umklammerte einige Strähnen. Die
unbewusste Geste verriet ihre Nervosität.
»Also bin ich letztendlich
doch dafür verantwortlich, dass dich dieser Mann angegriffen hat.« Darius
versuchte einzuschätzen, ob Tempests Behauptung stimmte. Es musste wahr sein.
Sterbliche waren in der Regel recht leicht zu kontrollieren. Doch da Tempests
Gedankenmuster sich so sehr von denen anderer Sterblicher unterschieden, hätte
er vermutlich einen viel stärkeren telepathischen Befehl aussprechen sollen, um
sie die Geschehnisse vergessen zu lassen. Wie viel Mut musste es sie gekostet
haben, ihm wieder gegenüberzutreten! Sie wusste, was er war, und doch versuchte
sie nicht, sich vor ihm zu verstecken.
»Natürlich ist Harrys
Verbrechen nicht deine Schuld«, protestierte Tempest mit rauer Stimme, während
sie sich noch immer bemühte, den Blick von Darius abzuwenden. Sie versank in
diesen Augen und fürchtete, sich für immer in ihren Tiefen zu verlieren. Seine
Arme umfingen sie wie stählerne Bänder und hielten sie fest an ihn gepresst.
Außerdem sollte sie sich vermutlich viel mehr vor ihm fürchten. War es ihm
gelungen, sie zu hypnotisieren?
»Und doch bist du geblieben,
obwohl du wusstest, dass ich dein Blut genommen hatte«, murmelte Darius
nachdenklich. »Du hast nicht versucht zu fliehen, obwohl du mich für einen
Vampir hältst, eine
Weitere Kostenlose Bücher