Gefährliches Begehren
Himmel!«
Julia runzelte die Stirn. »Ihr könnt diese Frau nicht lesen? Warum nicht? Weil Ihr Euch zu ihr hingezogen fühlt?«
Stanton stieß einen Laut des Protestes aus. »Ganz sicher nicht. Wirklich, ehrlich, absolut nicht.«
Julia war nicht überzeugt. »Wenn ich mich recht entsinne, ist sie noch ziemlich jung und genoss vor ihrem Fall
eine gute Erziehung. Sie kann nicht so schlimm sein. Andernfalls könntet Ihr sie auch nur schwerlich als Eure Geliebte ausgeben.«
Stanton fühlte, wie ihm die Schultern ob der Last, die sie bald zu tragen hatten, schon jetzt wehtaten. »Ich hoffe, dass die Leute sich davon überzeugen lassen, dass ich eine Schwäche für korpulente, puddinggesichtige Frauen mit schönen Augen habe.«
Marcus’ Mundwinkel zuckten erneut. »Soso, schöne Augen also?«
Stanton nickte knapp. »Sie sind grün und … also jedenfalls hoffe ich, dass es mit ein wenig Hilfe und teuren Kleidern gelingt.«
Julia verschränkte wieder die Arme. »Ich weiß nicht, ob ich mir mehr Gedanken um Euch oder um sie machen soll. Ist sie sich darüber im Klaren, dass Eure Absichten rein geschäftlicher Natur sind? Sie könnte leicht auf falsche Ideen kommen.«
Julia sorgte sich um eine Geschlechtsgenossin. Während sein Ruf ihr offenbar völlig egal war. »Oh nein, mit ihrem Gehirn ist alles in Ordnung«, sagte Stanton. »Wenngleich sie an ihren Manieren noch ein wenig arbeiten muss.«
Bei diesen Worten lachte Marcus laut auf. »Und das aus dem Mund des unhöflichsten Mannes, der mir je begegnet ist!«
Stanton versteifte sich. »Ich bin nicht unhöflich. Ich bin … direkt.«
Da musste selbst Dane lachen. »Sie war unhöflich gegenüber dem dunklen Marquis? Ich glaube, ich würde diese Lady Alle-in-cia gerne einmal kennenlernen.«
Stanton warf ihm einen strafenden Blick zu. »Ich denke,
wir sollten sie Lady Alicia nennen, wenigstens solange die Untersuchung andauert. Außerdem besteht keine Notwendigkeit, dass Ihr sie trefft. Ich begleite sie zu Cross’ Fleischbeschau und sie wird mir den mutmaßlichen Verschwörer zeigen. Dann bringe ich sie zurück zu ihrer Hütte, und sie wird für ihre Hilfe reichlich entlohnt.«
»Ein teures Unterfangen, wenn Ihr nicht sicher seid, ob sie die Wahrheit sagt.«
»Daran kann man nichts ändern. Wenn einer von Euch eine bessere Idee hat, bin ich gerne bereit, sie mir anzuhören.«
Julia sah aus, als wünschte sie sich inständig, sie hätte eine, aber sogar sie schüttelte den Kopf. »Ihr müsst das bis zum Ende durchziehen. Ich nehme an, sie wird eine wertvolle Erfahrung fürs Leben machen, falls sie gelogen hat?«
Stanton erwiderte ihren Blick ungerührt. »Gewiss. Dann werde ich ein Exempel statuieren.«
»Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr nicht ein bisschen Verstärkung gebrauchen könntet?« Marcus grinste. »Ich war schon immer neugierig auf die Hauspartys von Lord Cross.«
Dane lachte. »Ich muss zugeben, dass auch meine Neugier mir keine Ruhe lässt.«
Stanton schaute sie alarmiert an. »Ich bin sehr wohl dazu in der Lage, das allein zu regeln.«
Julia lächelte als Einzige nicht. Sie war manchmal verdammt furchteinflößend. »Wenn Ihr Euch sicher seid, dass Ihr sowohl den Prinzregenten als auch Lady Alicia im Griff habt, dann solltet Ihr allein gehen«, sagte sie. »Wenn Ihr Euch sicher seid.«
»Soweit ich weiß, bin ich der Einzige, mit dem George noch redet«, fügte Nathaniel hinzu. »Und das auch nur, weil
ich mit seinem Mündel verheiratet bin. Vielleicht sollten Willa und ich in der Woche der Feierlichkeiten einmal vorbeischauen. Sie kann es ziemlich gut mit George.«
Dane sah zerknirscht aus. »Olivia kommt auch sehr gut mit George zurecht … vielleicht ein bisschen zu gut.«
Stanton betrachtete sie alle wachsam. »Keiner. Kommt. Nach. Sussex.«
Julia legte den Kopf schief und bedachte ihn mit einem umwerfenden Lächeln. Obgleich sie fest vergeben und in keinerlei Hinsicht Stantons Typ war, war ihre Schönheit dergestalt, dass kein Mann mehr gerade zu denken vermochte, wenn sie ihren bemerkenswerten Charme auf ihn lenkte.
»Warum sollten wir das denn nicht tun?«, schnurrte sie. Stanton zwinkerte. Im Zimmer wurde es warm. Es war lange, lange her, dass eine Frau ihn überhaupt je angesehen hatte. Sein Nacken wurde feucht.
Er warf einen finsteren Blick in Julias Richtung. »Hört auf damit!«
Marcus lachte sich auf seinem Stuhl schier schief. »Werdet Zeuge meines täglichen Kampfes«, stieß er zwischen Glucksern hervor.
Julia neigte kurz
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