Gefährliches Begehren
boshaft – seine neue Geliebte würde in der Gesellschaft ziemlich Furore machen.
Stanton hoffte nur, dass er und die Royal Four dieses Ereignis überleben würden.
Als Stanton in die Kammer der Vier trat, ließ er den Mantel von Lord Wyndham von seinen Schultern gleiten und schlüpfte mit Leichtigkeit in die vertraute, wohltuende Rolle des Falken. Mehr und mehr schien sich sein wahres Leben in diesem Raum mit den drei anderen Anwesenden abzuspielen.
Der Raum selbst war nichts Besonderes, denn er war klein und unauffällig, an allen vier Wänden mit Holz verkleidet, und er enthielt nichts als einen alten Tisch und vier ziemlich ungewöhnliche Stühle.
Er ließ eine Hand beiläufig über die Schnitzereien an der Rückenlehne seines Stuhles gleiten, fand Trost in der kunstvollen Darstellung des scharfen Blicks eines Falken. Der Falke hatte ihn gerettet, hatte ihm einen Grund gegeben, sich jeden Tag aufs Neue dem Leben zu stellen, bis es schließlich sein wahres Leben geworden war – und er seine Existenz als Lord Wyndham von Jahr zu Jahr leichter als notwendiges Übel ansehen konnte.
Er schaute sich um, ob die anderen möglicherweise seine ungewöhnliche Geste bemerkt haben könnten. Der Löwe,
ein blonder Riese, hatte seinen Platz bereits eingenommen und lehnte seine breiten Schultern gegen das geschnitzte Konterfei seines eigenen Decknamens, während er die neuesten Berichte des Liar’s Club über deren Suche nach der Schimäre studierte.
Die Kobra, dunkel und – wie man sagte – gut aussehend, musste sie bereits gelesen haben, denn er saß mit verschränkten Armen und leerem Blick da, ein angedeutetes Lächeln auf den Lippen. Nun ja, die Kobra hatte kürzlich geheiratet.
Wie der Fuchs übrigens auch, dennoch wurde ihr scharfer Blick durch nichts getrübt. Sie zog fragend eine perfekt gebogene Augenbraue hoch, als ihre Blicke sich trafen. Verdammt, sie hatte seine Geste also doch bemerkt.
»Wyndham, Euer Stuhl wird nicht weicher werden, falls es das ist, worauf Ihr wartet«, sagte sie in scharfem Ton. Ihr Protegé und Ehemann, Marcus, setzte sich auf seinen eigenen Stuhl an ihrer Seite.
Die Kobra blinzelte und heftete neugierig den Blick auf Stanton. Der Löwe schaute von seiner Lektüre auf und grinste ihn an. Der Fuchs – das heißt, Lady Dryden – war die Einzige, die sich bereits an ihre neue Regel, die uralten Decknamen aufzugeben, gewöhnt hatte. »Wenn irgendjemand nahe genug kommt, um unsere Pläne zu belauschen, wird er uns ohnehin identifizieren können«, hatte sie argumentiert. »Lasst uns also mit diesem Jungensklub-Unsinn aufhören.«
Also saßen nun Lord Greenleigh, Lord Reardon, Lord Wyndham und Lady Dryden am Tisch, oder wenn die Diskussionen hitziger wurden, wie dies manchmal der Fall war, dann waren es Dane, Nathaniel, Stanton und Julia.
Die drei anderen schauten ihn inzwischen erwartungsvoll an.
Stanton räusperte sich. »Ich habe Euch alle zusammenkommen lassen, um Euch über eine neue Entwicklung in Kenntnis zu setzen. Jemand versucht, Unterstützung für einen Anschlag gegen den Prinzregenten zu bekommen.«
Dane kniff die Augen zusammen. »Dann setzen wir ihn fest, bis die Gefahr vorüber ist.«
»Das wird schwierig«, sagte Nathaniel. »Georges Teilnahme auf der Hausparty von Lord Cross ist seit Monaten geplant. Er hat sogar ein Feuerwerk von unserem pyrotechnischen Genie Mr Forsythe in Auftrag gegeben.«
»Forsythe?« Stanton zog eine Augenbraue hoch. Der betagte Erfinder verließ nur äußerst selten sein chaotisches Labor im White Tower, wo er an verschiedenen faszinierenden – wenn auch gefährlichen – Projekten für die Krone arbeitete. »Bei einer Orgie? Er muss bald achtzig Jahre alt sein! Er wird sich dabei umbringen.«
Dane schnaubte. »In dieser Hinsicht besteht wohl keine Gefahr. Wenn es irgendwo Schwarzpulver und Zündschnüre gibt, würde Forsythe wohl nicht einmal Aphrodite höchstpersönlich bemerken.«
Julia tippte sich mit einem Finger an die Lippen. »Würden Repressionen nicht auch nur dazu führen, dass George uns noch weiter entgleitet?«
Stanton nickte. »Ich halte das durchaus für denkbar. Er ist immer noch wütend, dass wir uns bei der Auswahl seiner neuen Mätresse eingemischt haben.«
Dane hob eine Hand und nickte. »Ich übernehme dafür die Verantwortung. Damals schien es mir ein guter Plan zu sein.«
Julia schaute ihn von der Seite an. »Wenn Ihr damals schon die Meinung einer Frau in der Angelegenheit gehört hättet,
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