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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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hatte.
    Es gab auch keine Möglichkeit, zu verhindern, dass
    Kristian in die Geschichte hineingezogen wurde. Kein
    Mann würde es auf die leichte Schulter nehmen, wenn seine Frau ihn auf diese Weise betrog. Monk verspürte unwillkürlich Mitleid mit Runcorn, umso mehr, als er wusste, wie viel Wert dieser auf soziale Akzeptanz legte und welch langen, harten Weg er zurückgelegt hatte, um von denen, die er bewunderte, nicht nur toleriert, sondern auch respektiert zu werden. Er würde sein Ziel nie erreichen, und das würde ihn immer quälen. Monk hatte das souveräne Auftreten und die Eleganz der Kleidung, um als Gentleman durchzugehen, weil es ihm gewissermaßen egal war, ob er erfolgreich war oder nicht. Runcorn kümmerte sich sehr darum, und das verriet ihn jedes Mal.
    »Wäre es nützlich, wenn ich zusehe, was ich über Umwege erfahren kann?«, bot Monk beiläufig an. »Über Freunde statt durch direkte Nachforschungen?« Er sah, dass Runcorn kämpfte – mit seinem Stolz, seiner Abneigung gegen Monk, seiner Befürchtung, dass die Situation unangenehm werden konnte, und seiner eigenen Unzulänglichkeit, damit fertig zu werden. Er versuchte einzuschätzen, welche Hilfe Monk ihm sein konnte, und wie bereit er war, Hilfe zu leisten. Was wollte er dafür, und wie weit konnte man ihm trauen?
    Monk wartete ab.
    »Ich nehme an, wenn Sie die Familie kennen, könnte uns das Peinlichkeiten ersparen«, sagte Runcorn schließlich. Seine Stimme war sachlich, aber seine Hände, die auf dem Tisch lagen, waren zu Fäusten geballt. »Seien Sie vorsichtig«, fügte er warnend hinzu und sah Monk direkt ins Gesicht. »Es ist womöglich nichts so, wie es zu sein scheint, und wir möchten uns nicht zum Narren machen. Sie sind nicht offiziell dabei!«
    »Natürlich nicht«, sagte Monk und unterdrückte seine Belustigung, so schwer ihm das auch fiel. Er wusste, warum Runcorn ihm nicht traute. So, wie die Dinge lagen,
    würde Monk ihn verachten. Dass er Monk überhaupt hinzuzog, war ein ziemlich großes Eingeständnis seiner Verwundbarkeit. »Ich nehme an, Sie suchen nach Zeugen? Wurde jemand in der Nähe des Hauses gesehen? Wo behauptet Allardyce gewesen zu sein?«
    Runcorns Miene spiegelte seine Verachtung für das unorthodoxe Bohemeleben wider. »Er hat gesagt, er hätte die ganze Nacht mit Freunden in Southwark getrunken, hätte ein … neues Licht gesucht, behauptet er! Was immer das bedeuten soll. Bisschen merkwürdig, mitten in der Nacht, wenn Sie mich fragen.«
    »Und haben die Freunde das bestätigt?«, erkundigte
    Monk sich.
    »Die waren zu sehr damit beschäftigt, Licht zu suchen!«, antwortete Runcorn und verzog den Mund. »Aber ich habe ein paar Männer drauf angesetzt, und früher oder später finden wir’s raus. In der Acton Street ist genug los – abends auf jeden Fall.« Er räusperte sich. »Ich nehme an, Sie möchten die Leichen sehen? Nicht dass der Arzt schon viel herausgefunden hat.«
    »Ja«, meinte Monk alles andere als eifrig. Seine Zuneigung zu Callandra und seine Achtung vor Kristian zwangen ihn dazu, sein Möglichstes zu tun, aber sie machten die Sache auch zu einer persönlichen Tragödie, die seinen eigenen Gefühlen zu nahe war.
    Runcorn stand auf, zögerte einen Augenblick, als sei er sich noch nicht sicher, wie er fortfahren sollte, und ging dann zur Tür. Monk folgte ihm die Treppe hinunter und am Empfang vorbei nach draußen. Es war weniger als ein Kilometer zum Leichenschauhaus, und im dichten Verkehr war es besser, zu Fuß zu gehen, als eine Kutsche zu suchen.
    Die Trottoirs waren überfüllt, und Hufgeklapper erfüllte die Luft sowie das Rattern der Räder, die Rufe der
    Kutscher und Straßenhändler und das Knarren und Rasseln der Geschirre. Schweiß und Pferdedung stachen scharf in der Nase, und die beiden Männer konnten kaum ein paar Schritte machen, ohne die Richtung zu wechseln, um nicht mit anderen Passanten zusammenzustoßen.
    Sie gingen schweigend nebeneinander her. Die äußeren Umstände enthoben sie der Verpflichtung, sich zu unter- halten, und beide waren froh darüber. An der ersten Ecke mussten sie neben einem Verkäufer von Pfefferminz- wasser einen Augenblick auf eine Lücke im Verkehr warten, bevor sie die Straße überqueren konnten, wobei sie Kutschen, Rollwagen und Karren mit Obst und Gemüse auswichen, die von den Straßenhändlern – ungeachtet der Fußgänger – vorwärts geschoben wurden. Runcorn fluchte leise und sprang auf den Bordstein.
    Ein Zeitungsjunge rief die

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