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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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aber da er mehr oder weniger das Gleiche glaubte, gab es wenig zu streiten.
    »Wir müssen sehr viel mehr über Sarah Mackeson in
    Erfahrung bringen«, sagte er stattdessen.
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß«, erwiderte Allardyce unruhig. Die Wut wich vollkommen aus seinem Gesicht und hinterließ nur Trauer. »Ich habe Ihrem Constable alles berichtet: wo sie geboren wurde, wo sie aufwuchs, soweit sie es mir erzählt hatte. Sie redete nicht gern über sich.«
    »Ich weiß … ich weiß.« Runcorn war gereizt. Dieser Fall weckte eine Mischung aus Gefühlen in ihm: Mitleid, weil die Frau tot war, Pflichtgefühl, weil es seine Aufgabe war, ihren Mörder zu finden und dafür zu sorgen, dass er vor Gericht kam und sich dort für seine Tat verantwortete. Gleichzeitig verachtete er sie für ihre lockere Moral, die in ihm jeden Wunsch nach Schicklichkeit, seine Liebe zu Regeln, nach denen man lebte, und einer Ordnung, die er verstehen konnte, beleidigte. Er wandte sich an Monk.
    »Wir sollten besser weitermachen.« Er schaute ihn fragend an. »Das heißt, falls Sie daran interessiert sind?«
    »Das bin ich«, erklärte Monk.
    Sie verabschiedeten sich von Allardyce und gingen die Treppe hinunter auf die Straße, wo Runcorn ein Stück Papier aus seiner Tasche zog. »Ich werde mit Mrs. Ethel Roberts anfangen, bei der Sarah Mackeson als Putzmacher-
    gehilfin beschäftigt war. Sie können Mrs. Clark besuchen, die sie gelegentlich aufgenommen hat. Ich überlasse es Ihnen, herauszufinden, wozu!« Seine Miene deutete an, was er davon hielt. »Wir treffen uns in der Schänke an der Ecke North Street und Caledonian Road – weiß den Namen nicht mehr. Um eins!« Damit drückte er Monk das Stück Papier in die Hand und drehte sich unvermittelt um, um die Straße zu überqueren. Monk blieb in der durch den Nebel hervorbrechenden Sonne und dem Lärm, dem lauter werdenden Rattern des Verkehrs und den Rufen der Straßenverkäufer – Schellfisch, Käse, Rasiermesser, Hemdknöpfe, Rattengift – am Straßenrand zurück.
    Er fand Mrs. Clark in einer Pension in der Risinghill Street, nördlich der Pentonville Road, direkt hinter einem Tabakwarenladen mit einem Highlander auf dem Schild, um den des Lesens und Schreibens Unkundigen anzu- zeigen, was hier verkauft wurde. In der Halle der Pension roch es nach muffigem Bohnerwachs und dem Essen vom Vortag, aber sie war sauberer als einige, die er schon zu sehen bekommen hatte. Von hinten war fröhliches Topfklappern zu hören, und irgendwo sang jemand.
    Monk folgte den Geräuschen und klopfte an die offene Küchentür. Er stand in der Tür eines großen Raums mit einem geschrubbten Steinfußboden und einem Holztisch in der Mitte. Auf dem Herd stand ein Topf, in dem es heftig brodelte, und der Dampf ließ den Deckel tanzen. In der Spülküche dahinter konnte Monk drei riesige hölzerne Bottiche erkennen, die mit eingeweichter Bettwäsche gefüllt waren, und auf einem Brett darüber große Behälter mit Lauge, Fett, Pottasche und Waschblau. Auf einem Bottich balancierte ein Waschbrett, auf dem anderen ein Wäschestampfer, um die Wäsche im Kessel auf und nieder zu stoßen, wenn sie gekocht werden musste. Er störte Mrs. Clark wohl an ihrem Waschtag.
    Sie war eine rundliche Frau mit üppigem Busen, breiten Hüften und kurzen, molligen Armen. Ihre blauen Ärmel waren unordentlich hochgekrempelt. Sie hatte sich eine Schürze, die deutlich bessere Tage gesehen hatte, um die Hüfte gebunden. Sie schob sich das Haar aus dem Gesicht und wandte sich von der Schüssel, über der sie Kartoffeln schälte, ab. Das Messer hielt sie in der Hand.
    »Kann nichts für Sie tun, mein Lieber«, sagte sie freundlich. »Hab kein einziges Zimmer! Können’s bei Mrs. Last die Straße runter versuchen, Nummer sechsundfünfzig. Nicht so behaglich wie bei mir, aber was soll man machen?« Sie lächelte und entblößte mehrere Zahnlücken. »Mensch, Sie sind aber ein feiner Pinkel! Tragen Ihr ganzes Vermögen auf dem Leib, was?«
    Monk lächelte unwillkürlich. Es gab Zeiten, da hätte das gestimmt. Selbst jetzt traf es auf ihn eher zu als auf die meisten Männer.
    »Sie verstehen sich sehr gut auf Menschen, Mrs. Clark«, erwiderte er.
    »Muss ich«, räumte sie ein. »Ist mein Geschäft.« Sie sah ihn anerkennend von oben bis unten an. »Tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Ich mag Männer, die sich zu kleiden wissen. Wie schon gesagt, versuchen Sie’s bei Mrs. Last.«
    »Eigentlich suche ich gar nicht

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