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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schürzentasche. Sie schnäuzte sich wütend, und dann schenkte sie Tee ein, ohne ihn zu fragen, ob er Milch oder Zucker wollte. Monk konnte Zucker im Tee nicht leiden, aber er verkniff sich eine Bemerkung und dankte ihr einfach.
    »Wie hat sie die Künstler kennen gelernt?«, fragte er. Jetzt schien Mrs. Clark bereit zu sein. Sie redete
    drauflos, erzählte und wiederholte alles noch einmal, aber
    aus einer Mischung aus Erinnerungen, Meinungen und Ärger entstand ein lebendiges Bild von Sarah Mackeson. Vor neunzehn Jahren war die damals Achtzehnjährige in der Risinghill Street aufgetaucht, ohne einen Penny, aber bereit zu arbeiten. Innerhalb weniger Wochen hatten ihre hübsche Gestalt, ihr prächtiges Haar und ihre schönen Augen Aufmerksamkeit erregt, die zum Teil willkommen war, zum Teil aber auch weit über das hinausging, womit sie fertig wurde.
    Mrs. Clark hatte sie aufgenommen und ihr beigebracht, wie man für sich sorgte und einen Bewunderer gegen den anderen ausspielte, um zu überleben. Innerhalb weniger Monate hatte Sarah einen Beschützer gefunden, der gewillt war, sie zu seiner Geliebten zu machen und ihr einen sehr angenehmen Lebensstandard zu ermöglichen.
    Es hatte einige Jahre gehalten, bis er ihrer überdrüssig wurde und eine andere Achtzehnjährige fand, mit der er von vorne anfing. Sarah war in die Risinghill Street zurückgekommen, klüger und sehr viel vorsichtiger. Sie fand Arbeit in einer Kneipe, dem Hare and Billet, etwa einen knappen Kilometer von hier, und dort hatte ein junger Künstler sie gesehen und sie engagiert, ihm Modell zu sitzen.
    Im Laufe von ein paar Jahren hatte sie ihr Können per- fektioniert, und schließlich hatte Argo Allardyce sie über- redet, die Risinghill Street zu verlassen und in die Acton Street zu ziehen, um ihm jederzeit zur Verfügung stehen zu können. Wenn sie es sich leisten konnte, behielt sie ein Zimmer in der Nähe, das sie jedoch oft aufgeben musste.
    »War sie in Allardyce verliebt?«, fragte Monk.
    Mrs. Clark schenkte Tee nach. »Natürlich, das arme Geschöpf«, sagte sie scharf. »Was denken Sie? Hat ihr erzählt, sie wäre schön, und meinte es auch so. Sie war es auch. Aber sie war keine Dame, und sie hat sich nie eingebildet, eine zu sein. Kannte ihre Grenzen. Das war ein Teil ihres Problems. Dachte nie, sie wäre mehr als schön. Dachte immer, sobald ihre Haut und ihre Figur nicht mehr so schön wären, würde sich keiner mehr um sie scheren.«
    Monk empfand unwillkürlich Mitleid mit einer Frau, die gedacht hatte, ihr einziger Wert läge in ihrer Schönheit. Hatte sie wirklich keine Vorstellung ihres eigenen Wertes gehabt, wegen ihres Lachens oder ihres Mutes, ihrer Ideen, ihrer Fähigkeit zu lieben? Hatte das Leben sie das gelehrt? Dass kein Mann sie einfach gern haben konnte, sondern sie nur ansehen, berühren, benutzen wollte?
    Ein Bild der Angst stieg vor ihm auf – ständiger Angst, jedes Mal wenn sie in den Spiegel schaute, eine Falte oder einen Makel auf ihrer Haut entdeckte, ein oder zwei
    zusätzliche Pfunde an ihrem üppigen Körper, eine wirkliche oder eingebildete Schlaffheit, die den Nieder- gang einläutete, an dessen Ende Hunger, Einsamkeit und schließlich Verzweiflung stehen würde.
    Mrs. Clark fuhr fort, beschrieb ein Leben, in dem Schön- heit auf Leinwand gebannt und unsterblich gemacht wurde, zur Freude für Künstler und Betrachter und merkwürdig losgelöst von der Frau, als gehörten ihr Gesicht, ihr Haar und ihr Körper ihr nicht. Sie konnte unbemerkt gehen und ihr Bild, den Teil, den die anderen wertschätzten, zurücklassen.
    Die Einsamkeit, die damit einherging, erschreckte Monk. Er wollte mehr Geschichten hören, mehr Einzelheiten, Namen, Orte, Zeiten.
    Er war niedergeschlagen und sehr nachdenklich, als er fast eine Stunde zu spät zu dem Treffen mit Runcorn kam. Runcorn saß in der Ecke der Schänke, trank einen Krug Ale und wurde mit jeder Minute wütender.
    »Haben Sie Ihre Uhr verlegt?«, fragt er mit zusammen- gebissenen Zähnen.
    Monk setzte sich. Er hatte so viel Tee getrunken, dass ihm nicht nach Ale oder Apfelwein war, und das gutmütige Geschwätz der Menschen um sie herum machte es unmöglich, sich in Ruhe zu unterhalten. »Wollen Sie etwas über sie erfahren oder nicht?«, erwiderte er und ignorierte Runcorns Bemerkung. Er weigerte sich, sich zu erklären. Er kannte Runcorn Auffassung von weiblichen Tugenden, die größtenteils darin bestand, dass Frauen hart arbeiteten und gehorsam und keusch waren,

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