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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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Es herrschte eine milde Brise; die Sonne hatte den Aussichtsfelsen in eine angenehme Wärme getaucht. Shannon warf noch einen letzten sehnsüchtigen Blick auf die zerklüfteten Klippen, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Buch zur schottischen Geschichte lenkte. Sie fühlte sich verpflichtet, Emmas Unterricht nach Kräften voranzubringen, ungeachtet der Tatsache, dass die Arbeit als Lehrerin nicht zu ihren größten Stärken gehörte.
    Es gab keinen Zweifel, dass sie viel lieber im Sattel sitzen und sich auf dem Pferd bis an die Grenze der Erschöpfung über die gewundenen Pfade den steilen Hügel hinauftreiben würde. Man fürchtete die Highlander für ihre Wildheit und Strenge, für ihre hartherzige Entschlossenheit; wenn sie den Blick über das Land schweifen ließ, über diese zauberhafte Einsamkeit, die grimmig und großartig zugleich war, dann konnte sie den Grund sehr gut verstehen.
    Vielleicht, grübelte Shannon, pulsiert ja doch ein Schuss keltisches Blut in meinen Adern ... Feuer und Eis ... weil ich in den schroffen Felsen eine merkwürdige Schönheit entdecken kann.
    Ein Seufzer glitt ihr über die Lippen, als sie einen einsamen Falken hoch oben am Himmel kreisen sah. Weiter als bis zu dem kleinen Hügel, von dem aus sie den Stall sehen konnte, würden ihre Flügel sie heute Nachmittag nicht tragen. Der Anblick des Herrenhauses, das inmitten der wilden und ungezähmten Natur ebenfalls klein und einsam wirkte, holte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.
    Die Anwesenheit von Annabelles Liebhaber fügte ihrer Mission ein weiteres leidiges Problem hinzu, mit dem Orlov und sie fertig werden mussten. Ein lüsterner englischer Lord, der sich im Gebüsch herumtrieb, sich mit Lady Sylvia zu einem nächtlichen Stelldichein verabredete, und die Bewegungen der übrigen Gäste machten es zu einer noch größeren Herausforderung, irgendwelche Anzeichen des Feindes in der Nähe zu entdecken.
    »Haben Sie noch nicht genügend Unterricht gehabt?« Orlov klang amüsiert. Das Haar war um die Ohren zerzaust, der Kragen stand ihm offen.
    Shannon verzog das Gesicht. »Um die Wahrheit zu sagen, viel zu viel. Ich bin nicht zur Lehrerin ausgebildet, versuche aber trotzdem, Emma angemessen zu unterrichten. Weil wir gerade darüber sprechen - wo stecken die Kinder?«
    »Sicher in der Küche verstaut. Sie helfen der Köchin, ein Blech mit Gewürzkuchen zu backen. Ich habe die Gelegenheit zu einem Spaziergang über das Gelände genutzt. Keinerlei Anzeichen, dass wir überwacht werden.«
    »Langsam strapaziert es meine Geduld, darauf zu warten, dass D'Etienne seinen ersten Zug macht. Haben wir keine Möglichkeit, in die Offensive zu gehen?«
    »Vergessen Sie nicht, dass Sun Tzu gesagt hat, die Kunst der Kriegsführung liege in der Täuschung. Es gehört also zu unseren Hauptaufgaben, Unfähigkeit vorzutäuschen, obwohl wir fähig sind.« Seine sarkastische Miene verflüchtigte sich zugunsten eines Lächelns. »Nicht dass wir die Wahl hätten. Bei unseren begrenzten Ressourcen müssen wir darauf warten, dass er zu uns kommt.« Das Licht fiel auf die Falten um seine Mundwinkel, die sich in den letzten Tagen vertieft zu haben schienen.
    Shannon senkte den Kopf. Sie schämte sich, erst jetzt zu entdecken, dass auch er einen Preis für das zermürbende Warten zu zahlen hatte.
    »Mag sein, dass er aufgehalten worden ist«, ergänzte Orlov, »oder dass er Zeit braucht, sich zu überlegen, wie er mit dem unerwartet aufgestockten Haushalt verfahren soll.«
    »Oder dass er auf ein gewisses Signal wartet«, seufzte Shannon. »Was ist mit den Gästen aus London?«
    »Sie sind mit einem Picknick und der Kutsche aufgebrochen, um uralte Dolmen zu besichtigen«, erklärte Orlov. »Nach der alten Sage heißt das Grabmal Die Hexe und ihre Lehrmädchen.«
    Shannon blätterte durch ein paar Seiten ihres Buches und überflog flüchtig den Text. »Warum werden Frauen nicht viel öfter in der Geschichte erwähnt? Außer als Ehefrauen und Hexen?«
    »Bestimmt deshalb, weil die meisten Bücher von Männern geschrieben werden«, bemerkte er trocken. An seiner Hose hingen Kletten, seine Stiefel waren schlammbespritzt. Das Leinenhemd klebte ihm feucht am Körper, betonte die Konturen seines Oberkörpers. Als er sich neben sie setzte, stieg Shannon ein erdiger Geruch in die Nase, vermischt mit dem Duft nach Schweiß, Gras und Leder. Ein männlicher Duft, den sie inzwischen als den seinen erkannte. »Noch einmal«, wiederholte er, »nur wenige

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