Gefährliches Spiel der Versuchung
auf die Witwe, die als Antwort auf die stumme Frage nickte. »Ein zuverlässiger Bursche«, fügte Lady Octavia hinzu und entließ den Gärtner mit einer brüsken Handbewegung.
Trotzdem zögerte sie noch. Es gehörte zu ihrer obersten Dienstpflicht, sich um die McAllister-Kinder zu kümmern. Und Orlov ...
»Er würde Sie nicht bitten, die Kinder allein zu lassen, wenn es dazu nicht einen verdammt guten Grund gäbe.« Die leisen Worte der Witwe entsprachen ihrer eigenen Empfindung. »Er hat mir eine geladene Pistole zurückgelassen und dafür gesorgt, dass ich sie auch benutzen kann.«
In Gedanken überschlug sie rasch die Entfernung zum See und die Zeit, die sie bis dorthin brauchen würde. »Sind Sie sich wirklich sicher?«
»Gehen Sie!«
»Und Sie bleiben hier im Turm? Und verriegeln die Tür zum Treppenhaus, bis ich wieder zurück bin?«, murmelte Shannon.
»Keine Angst. Die Mauern dieser alten Festung werden ganze Horden wilder Highlander fernhalten. Und natürlich werden sie auch nicht vor einem französischen Froschmörder kapitulieren, ganz gleich, wie schlüpfrig er auch sein mag.«
Shannon zögerte nicht länger. Mochte Lynsley ihre Entscheidung auch missbilligen - es wäre nicht das erste Mal, dass sie in taktischen Fragen unterschiedlicher Meinung waren.
»Hört auf eure Großmutter, während ich fort bin«, rief sie den Kindern zu. »Ich muss eine Besorgung für sie machen. Aber ich bin bald zurück.« Und wenn nicht? Nein, daran wollte sie keinen Gedanken verschwenden. Schließlich wusste Lady Octavia über das Gasthaus in Dornoch Bescheid; sie wusste, dass sie sich im Katastrophenfall dorthin wenden sollte.
Shannon war dankbar, dass sie beschlossen hatte, Hemd und Stiefel unter dem Rock zu tragen, und wandte sich zur Tür.
»Verdammt! Schon wieder vorbei!«, knurrte Jervis.
»Vielleicht muss das Zielfernrohr justiert werden«, meinte De Villiers. »Wir haben heute alle kein Glück gehabt. Mein letzter Schuss ist beinahe völlig ins Leere gegangen.«
»Schießt auf mich und erlöst mich aus meinem Elend!«, jammerte Talcott, ließ das Gewehr fallen und sich selbst auf einen Steinhaufen plumpsen. Sein Gesicht war rot gesprenkelt, das gepunktete Halstuch schweißgetränkt. »Jervis, wo zum Teufel bleibt dein Kerl mit den Erfrischungen? Ich brauche einen ordentlichen Schluck Whisky, um wieder zu Kräften zu kommen.«
Jervis hantierte immer noch an der Pulverpfanne seiner Waffe, schaute entnervt auf. »Er wird gleich hier sein.«
»Wir können genauso gut eine Pause zur Stärkung einlegen. Der letzte Anstieg durch die Heide war ein wenig steil.« Orlov stellte fest, dass der Anstieg den Comte überhaupt nicht geschwächt zu haben schien. Auf dem unebenen Gelände hatte er sich als überaus trittsicher erwiesen und mit der Waffe geschickt ein paar Rebhühner aufgescheucht. Dass er die Vögel nicht zur Strecke gebracht hatte, war schlichtes Pech gewesen.
Ihre Blicke trafen sich. De Villiers lächelte. »Sie müssen noch einen Schuss abfeuern, Monsieur Oliver.«
»Ich möchte mich in Ihre Jagd nicht einmischen. Später vielleicht.«
»Haben Sie Angst, sich mit den Gentlemen zu vergleichen?«, entgegnete Jervis schnaubend.
»Ich werde meine Gelegenheit zu nutzen wissen.«
Der Comte lachte. »Er hat recht. Es gibt nichts, womit wir auftrumpfen könnten.«
Jervis schien die Beobachtung nicht zu amüsieren. »Genug von den verdammten Vögeln! Wir sollten diesen verdammten Felsgrat überqueren und zu dem Kiefernwäldchen hinübergehen. Sieht so aus, als könnten wir von dort die Fährte eines Hirsches aufnehmen.«
»Der gewöhnliche Highland-Hirsch zieht offenes Gelände vor«, murmelte Orlov, eher in der Absicht, die schlechte Stimmung des anderen Mannes anzuheizen, als einen echten Rat zu geben.
»Wenn ich einen Vortrag über die schottische Tier- und Pflanzenwelt wünschte, hätte ich mir selbst einen Lakaien angeheuert.«
»Ich bin mir sicher, dass Monsieur Oliver nur helfen wollte.« De Villiers beeilte sich, das gerupfte Gefieder seines Freundes wieder in Ordnung zu bringen. »Ah, da ist endlich Ihr Mann mit der Verpflegung.«
Der Diener schwang sich den großen Leinenbeutel von den Schultern und begann, Käse und kalten Schinken auszupacken. Orlov schaute zu, bemerkte zum ersten Mal die missgestalteten Knöchel und vernarbten Finger des Mannes. Der Kerl schien eher in der Lage zu sein, jemandem einen Kinnhaken zu verpassen, als einem Gentleman das Halstuch zu richten.
»Einen
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