Gefährliches Spiel der Versuchung
durchbohrten einander mit giftigen Blicken, waren aber zu erschöpft, den Kampf noch weiter fortzusetzen ... Der aber zweifellos wieder aufflackern wird, dachte Orlov, jetzt nachdem die erste Salve abgefeuert worden ist. Es war höchste Zeit, dass Helen ein wenig Rückgrat entwickelte und ihre Ansichten durchsetzte.
Aber der Streit um Talcott war nur ein Scharmützel, nicht die Hauptschlacht. Orlov blickte zurück zu Annabelle und ermunterte sie mit einem Nicken, den Bericht fortzusetzen.
Sie rieb sich die geröteten Augen. »J ... ja. Er sagte, dass er mich heiraten will. Aber zuerst müssten wir sein rechtmäßiges Erbe dem Klammergriff dieser widerwärtigen alten Lady Octavia entwinden. Niemals hat er ein Wort über M ... Mord verloren!«
»Lady Octavia?«, hakte Shannon ungläubig nach.
»Ja. Sie müssen wissen, dass sie die Schwester seines Großvaters ist, einem knauserigen Geizkragen, der dem lieben Stephen das großzügige Vermächtnis verweigert ...« Stammelnd brachte sie die Geschichte schließlich über die Lippen - die traurige Geschichte eines verarmten Gentlemans, dem die rechtmäßige Erbschaft von einer reichen, gehässigen Witwe verwehrt wurde. Aber er brauchte nur eins: dass seine wahre Liebe ihm half, den Fehler zu korrigieren, damit das Märchen auch ein märchenhaftes Ende fand.
»Er hat den Plan geschmiedet, die Kinder an sich zu bringen und sie gegen das Geld wieder auszuhändigen, das rechtmäßig ihm gehört. Als ich dann gestern Abend erfuhr, dass Lady Sylvia die Kinder während unseres Ausflugs zum Kloster vorbeibringen wollte, habe ich ihm an unserem Geheimversteck eine Nachricht hinterlegt und ihn über den Ausflug informiert ...«
Shannons Unglauben wuchs mit jedem tränenreichen Wort. »Um Himmels willen, Sie haben viel zu viele Schauerromane gelesen!«, unterbrach sie schließlich das letzte Schluchzen.
»Stephen«, murmelte Orlov, versuchte, den vagen Verdacht zu schärfen, der sich am Rande seines Bewusstseins zu formen begann. »Er hat sich Stephen genannt.«
»Etienne auf Französisch«, mischte der Comte sich. »Ist das nicht der Name, den Sie vorhin erwähnt hatten, Mademoiselle Sloane?«
»D'Etienne«, korrigierte Shannon.
Plötzlich fiel alles an seinen Platz.
»Verdammt! Wie konnte ich nur so blind sein ...«
Doch bevor Orlov den Satz beenden konnte, fand er sich gegen die gläserne Front des Kabinettschränkchens geschleudert, während eine ohrenbetäubende Explosion den Salon erschütterte. Die Splitter knirschten unter seinen Stiefeln, als er zu Shannon rannte, die mit einem großen Marmorsockel kämpfte, der ihr ans Bein gestürzt war.
»Bist du verletzt?«
Sie nickte, das Gesicht vor Schmerz verzerrt. »Der Turm! Wir müssen zum Turm!«
Orlov half ihr auf. Durch den beißenden Rauch konnte er erkennen, dass Jervis unter einem herabgestürzten Deckenteil bewusstlos auf dem Boden lag. Die Ladys, die dankenswerterweise schwiegen, hatten sich zu einem Kreis zusammengedrängt, während Talcott unter einem Stuhl in Deckung gegangen war. Nur der Comte, dessen Gesicht mit Mörtel übersät war, unternahm den Versuch, den Schutt beiseitezuräumen.
»De Villiers!«, schrie Orlov in den ohrenbetäubenden Lärm einer zweiten Explosion. »Draußen steht immer noch die Kutsche! Sammeln Sie Ihre Freunde und den Diener ein und brechen Sie auf nach Boath! Alarmieren Sie dort die Behörden!«
Der Comte signalisierte, dass er verstanden hatte.
»Alex!«
Auf Shannons Warnung sprang Orlov zur Seite, just in dem Moment, als der Deckenbalken hinunterkrachte.
»Komm schon!« Sie wartete gerade lange genug, um sich eine kleine Armbrust von der Mauer zu schnappen, an der die Waffen hingen. »Hier entlang!«
Im Korridor waberte schwarzer, beißender Qualm. In der Mischung mit dem Mondlicht besaß er eine seltsame Strahlkraft, schien wie aus einer anderen Welt. Schön, aber tödlich. Orlov riss den Blick von ihrer leuchtenden Aura und bemerkte, dass Shannon humpelte.
»Es ist nicht so schlimm«, sagte sie, als sie seinen Blick auffing, »gequetscht, wie ich meine, aber nicht gebrochen.« Sie beschleunigte den Schritt. »Beeil dich!«
»Warte!« Orlov schnappte nach ihrem Ärmel und zog sie an sich, hielt sie einen Moment lang fest und hauchte mit den Lippen über ihre zerschnittene Wange. Sie schmeckte nach Qualm und Salz, nach Blut und Tapferkeit. »Ya lublu tebya.«
Ihre versengten Lider flatterten, verbargen ihre Augen.
Hatte sie ihn gehört? In seiner Sprache klangen
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