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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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Sie schnell, bevor er seine Entscheidung bereut.«
    Obwohl seine Bewegungen inzwischen steif geworden waren, gelang es Orlov, über die steile Leiter und durch die Luke zu klettern, ohne dabei auszurutschen. Er überquerte das Deck, lehnte sich an die Reling und streckte das Gesicht der salzigen Brise entgegen. »Danke«, murmelte er, nachdem er die Luft tief eingesogen hatte. Seiner Stimme fehlte jegliche Spur des üblichen Sarkasmus.
    Shannon bezog neben ihm Stellung, machte sich bereit, seinen Stand auf dem schwankenden Decke zu stabilisieren. Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander. Es war, als würde sich eine seltsame Harmonie zwischen ihnen ausbreiten, als sie dem Gesang des Windes in den Segeln lauschten und dem Dröhnen der Wellen gegen den Rumpf.
    Seine nachdenkliche Miene regte sie an, ihm eine Frage zu stellen. »Sind die russischen Steppen auch so überwältigend wie der Ozean?«
    »Ja«, erwiderte er. »Dort herrscht die gleiche Freiheit, die gleiche Unendlichkeit des Horizonts. Trotz der Bäume.« Er schaute auf. »Und der Himmel - er sieht genauso aus. Genauso ausgedehnt und wie voller unendlicher Möglichkeiten.«
    Nachdenklich betrachtete Shannon den Sternenhimmel. »Ich sollte die Kunst der Navigation nach den Sternen lernen.«
    Orlov zog die Brauen hoch, bis sie geformt waren wie die silbrige Mondsichel. »Haben Sie sich schon jemals verloren gefühlt?«
    Shannon war sich nicht sicher, was sie erwidern sollte. Die Wahrheit würde ihre Verwundbarkeit entblößen, sie verletzbar machen. Sie konnte die Mahnungen ihres Fechtmeisters in den Ohren klingeln hören ... Non, non, non, Falconi! Niemals die Deckung verlassen! Ein geübter Gegner wird eine Lücke finden, geistig oder körperlich, und wird den Stich nach Hause bringen.
    Orlov schien ihr Zögern nicht zu bemerken. Bevor sie das Wort ergreifen konnte, fuhr er sich mit der Hand durch das Haar und antwortete selbst. »Orion und der Große Bär sind sich ihres Platzes am Firmament so sicher. Ich dagegen hege oft die Befürchtung, dass ich in einen dunklen Winkel abgetrieben bin, zu weit entfernt von jedem Licht.«
    Solch trübsinnige Grübeleien überraschten sie immer wieder. Ihr war klar, dass der Mann einen Heldenmut besaß und einen scharfsinnigen Geist. Aber diese tiefsinnigen Grübeleien zeigten eine vollkommen neue Facette seines Charakters. Ein Mann, der zu Selbstzweifeln fähig war? Plötzlich schien er irgendwie ... menschlicher geworden.
    Die Illusion währte nicht länger als das dahinjagende Glimmen des Sternenlichts auf den Wellen. Orlov verzog die Lippen, und als er sich umdrehte, um einen der Zigarrenstumpen des Kapitäns anzuzünden, lachte er kurz. »Aber dann erwache ich in den Armen eines flotten Käfers und bin genau dort gelandet, wo ich hingehöre.«
    Der Zynismus klang ein wenig gewollt. Anstatt seine Bemerkung mit einer scharfen Erwiderung zurückzuweisen, richtete sie den Blick wieder auf dem Sternenhimmel. »Glaubt man der griechischen Mythologie, dann war Orion ein Jäger, in den sich die keusche Jagdgöttin Artemis verliebte. Nachdem er durch einen Unfall zu Tode gekommen war, versetzte sie ihren Geliebten an den Nachthimmel, um ihn unsterblich zu machen. Wenn man die Linie verlängert, gelangt man zum Polarstern.«
    »Soll das heißen, dass Sie mir eine besondere Bedeutung zumessen?«, fragte er gelassen. »Einen arktischen Stern für eine arktische Seele?«
    Shannon ahmte seine Lässigkeit nach. »Ich will nur sagen, dass wir alle Zeiten kennen, in denen wir einen Leitstern gebrauchen können.«
    Ein paar Sekunden lang schien er in seine Gedanken versunken. »Und was ist mit Ihnen, Shannon? Ungeachtet der Hindernisse auf dem Weg scheinen Sie mit festem Schritt voranzumarschieren. Man kann sich kaum vorstellen, dass sich irgendetwas zwischen Sie und das gewählte Ziel schieben kann.«
    Mache ich wirklich einen so selbstsicheren Eindruck? Sie spürte, dass die Unterhaltung in seichtere Gewässer driftete, und verzichtete auf eine Antwort. Die Gefahr, auf Grund zu laufen, war einfach zu groß.
    Zu ihrer Erleichterung schien der Russe sich damit zufriedenzugeben, keine weiteren Fragen zu stellen, denn er lehnte sich zurück und stieß ein paar perfekte Rauchringe aus.
    »Die Wolken ziehen von Westen her auf«, meinte Shannon schließlich, »und zwar ziemlich schnell. Kein Zweifel, dass wir mit ungestümem Wetter rechnen müssen. Besser, wir gehen wieder nach unten.«
    Die Windböen rissen den Rauch mit. Er gönnte

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