Gefährliches Spiel der Versuchung
sich zu dieser kratzbürstigen Furie hingezogen fühlte? Einer Kriegerin, die ihm lieber die Leber aus dem Leib reißen würde, als ihm vorzulesen?
Er starrte an die Kabinendecke, schloss wieder die Augen. Aber selbst mit geschlossenen Augen gelang es ihm nicht, sich Shannon aus dem Kopf zu schlagen.
Feuer und Eis. Glaubte man den gewöhnlichen Gesetzen der Chemie, dann sollte die Verbindung kläglich zischen und erlöschen, anstatt eine explosive Anziehung zu entwickeln. Verdammt! Sobald die Wirkung der Drogen nachließ, konnte er sich wieder auf sein vertrautes Selbst verlassen.
Es war ihm nicht klar, dass er in einen unbeständigen Halbschlaf gesunken war. Als er wieder erwachte, entdeckte er Shannon mit einem Glas in der Hand auf der Kante seiner Pritsche sitzend.
»Trinken Sie das.« Ihre Stimme klang weich und besorgt. »In der letzten halben Stunde haben Sie nichts als wirres Zeug geredet.«
»Ich habe schon genügend Opium in mir«, widersprach Orlov grimmig. »Es wäre mir lieber, ich könnte bald auf das Laudanum verzichten.«
»Trotzdem leiden Sie immer noch an höllischen Schmerzen.«
»Ich habe schon zu viele Männer gesehen, die davon abhängig geworden sind. Mir ist es lieber, es wird mir ein bisschen unbequem, als zum Sklaven seiner Macht zu werden.«
Shannon nickte. In ihrem Blick blitzte es voller Respekt. »Ich glaube, ich würde nicht anders entscheiden. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass Sie eine schwere Nacht vor sich haben.« Sie stellte die Medizin beiseite und erhob sich.
Er ergriff ihren Ärmel. »Es gibt andere Wege, jemandem den Schmerz zu vertreiben.«
Shannons Blick hatte jedes Mitgefühl verloren. »Mr. Orlov ...«
»Ich hatte nichts Körperliches im Sinn«, fügte er eilig hinzu.
»Hm.«
Er konnte nicht widerstehen. »Obwohl ich die Behauptung wage, dass wir die Spannung zwischen uns durch gewisse Tätigkeiten lindern könnten, Shannon.«
Sie verengte den Blick.
»Aber genug von meiner schlechten Laune. Ich merke schon, dass Sie überhaupt nicht begeistert sind.« Orlov rührte sich unter seiner Decke. Auf seiner Stirn zeigten sich wieder Schweißtropfen, und die Schulter schmerzte höllisch. »Ich hatte nur gemeint«, fuhr er fort, »dass wir uns vielleicht ein wenig unterhalten könnten. Über ...«
»Über was?«, hakte Shannon vorsichtig nach. »Wollten Sie vorschlagen, dass wir etwas von uns selbst preisgeben?«
»Das wäre ein Anfang.«
»Und was wollen Sie mir erzählen? Dass Sie ein Dieb und ein Mörder sind?«
Er nickte. »Das versteht sich von selbst.«
»In der Tat, es versteht sich. Sie hatten meinen Dolch an sich genommen, den ich ...« Sie biss sich auf die Lippe. »Der Himmel allein weiß, welcher Verbrechen Sie sich noch schuldig gemacht haben.«
»Unter tausend anderen Menschen müssten Sie am besten in der Lage sein, die schmutzigen Geheimnisse jener Schattenwelt zu kennen, in der wir beide arbeiten«, entgegnete er und hatte eigentlich beabsichtigt, es ironisch klingen zu lassen. Aber in seiner Stimme lag ein seltsamer Tonfall, der sogar ihn überraschte. »Für einen Schurken wie mich ist es eine Sache, sein Leben mit Betrügereien zu bestreiten. Aber es will mir scheinen, als wäre Lord Lynsley ein recht ehrenwerter Kerl. Ich frage mich, welcher Teufel ihn geritten hat, unschuldige Frauen wie Sie in ein so schmutziges Spiel wie Spionage hineinzuziehen.«
»Sie haben kein Recht, ihn zu kritisieren«, widersprach sie hastig, um den Marquis zu verteidigen. »Um die Wahrheit zu sagen, er hat uns ein weit besseres Leben geboten, als wir es je zuvor gehabt hatten.«
Orlov verzog das Gesicht. »Wollen Sie behaupten, dass Sie von Ihren Familien unfreundlich behandelt worden sind?«
»Keine von uns besaß je eine Familie ...« Sie biss sich auf die Lippe und war entsetzt, dass ihr solche Vertraulichkeiten entschlüpft waren.
»Waisen.« Es klang eher grüblerisch als nach einer Frage.
»Ja, verfluchte Waisen«, bestätigte sie. Die Schatten schwankten, Licht und Dunkel spielten über ihre zarten Gesichtszüge.
Orlov beobachtete, wie der Lichtschein kupferfarbene Tupfer in ihr Haar zauberte. »Ihre Eltern waren also Iren?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
»Der Name Shannon muss doch irgendeine Bedeutung haben ...«
Harsches Gelächter unterbrach ihn. »Nicht im Geringsten. Es war purer Zufall. Ein Schritt in ein anderes Leben. In unserer Academy befindet sich ein großer Globus, eine wunderschöne Kugel aus lackiertem Holz und
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