Gefährliches Verlangen
überschwänglich, und er hatte sich auch nicht verhaspelt, als er seinen einstudierten Text heruntergeleiert hatte. Also, jetzt dürfte eigentlich theoretisch nichts mehr schieflaufen. Er würde nach dem Frühstück auf sein Zimmer gehen, ein paar Kleidungsstücke einpacken, die er für die Reise brauchte, sich verabschieden und dann die Villa lächelnd verlassen. Das wäre zumindest der erste Schritt zu seiner Heilung. Und er wollte von dem Liebeskummer geheilt werden. Unbedingt! Er wollte sich entlieben. Er wollte seinen Bruder nicht dafür hassen, dass er besaß, was er niemals haben konnte. Während Rafael im Geiste immer noch seinen Plan durchging und sichtlich zufrieden mit dem ersten Schritt war, hatte er nicht bemerkt, dass sich Simons Gesichtsausdruck langsam veränderte.
„Ist es wegen gestern?“, fragte er plötzlich.
Rafael fing sofort seinen skeptischen Blick auf und kämpfte heftig damit, seine Nervosität weiterhin geschickt hinter seiner heiteren Miene zu verbergen. Schließlich sollte er ja glaubhaft auf die beiden wirken. „Nein, verdammt noch mal… das habe ich doch vorhin klar und deutlich gesagt. Da gibt es nichts zu bereden… aber es liegt doch klar auf der Hand: ihr beide braucht dringend eure Privatsphäre. Glaub mir, Simon, ihr habt sie sogar bitter nötig. Und außerdem will ich nicht ständig das fünfte Rad am Wagen sein. Ich will euch nicht noch einmal in eine solche Situation bringen. Und mich auch nicht.“ Verdammt! Was lief denn jetzt an seinem wohlüberlegten Plan plötzlich schief? Sie redeten ja doch über dieses gottverdammte Thema. Verdammt noch mal, er wollte aber nicht darüber reden! Er wollte nicht einmal daran denken.
„Es wird nicht wieder vorkommen. Das nächste Mal werde ich einfach die Tür vorher absperren...“
Das nächste Mal? Nein, Bruder, ein nächstes Mal wird es sicherlich nicht mehr geben! „Das halte ich für eine gute Idee… aber – wie gesagt – schon okay.“, fiel ihm Rafael ins Wort, der dieses leidige Thema endlich vom Tisch haben wollte.
Dennoch ließ sich Simon nicht davon abbringen, sich ihm zu erklären. Es drängte ihn förmlich dazu. „Ich will nicht, dass du gehst, weil du denkst, du bist das fünfte Rad am Wagen. Rafael, du bist mein bester Freund, mein Bruder. Du störst mich nicht. Das hast du noch niemals getan und das wirst du auch in Zukunft nicht tun! Und meine Frau auch nicht. Du gehörst zur Familie. Das mit gestern war wirklich dumm, aber in eine solch peinliche Situation werden wir dich bestimmt nie wieder bringen. Das schwöre ich dir.“
Katelyn sah von einem zum anderen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Dennoch schwieg sie. Sie hatte sich bereits so an Rafael gew öhnt, dass es ihr fast das Herz zerriss, als er von der Abreise sprach. Stumm sah sie die beiden an.
Verdammt! Verdammt! Verdammt! Er wollte doch nicht darüber sprechen. Rafael atmete tief durch. „Hör zu, Simon. Ich schätze dein Angebot sehr. Und ich reise – das versichere ich dir – auch nicht wegen gestern Abend ab. Eigentlich spiele ich schon lange mit dem Gedanken, weil… weil mich George letzte Woche angerufen und gefragt hat, wann ich denn endlich wiederkomme. Schließlich hätte er einige Aufträge, die auf mich warteten und unbedingt erledigt werden sollten.“ O ja, das war eine gute Ausrede. Gut, dass er George, seinen Mittelsmann, ins Spiel gebracht hatte, kam ihm in den Sinn. Vielleicht könne er es ja irgendwie so hindrehen, dass sein plötzlicher Aufbruch am Ende doch noch so aussah, als wäre der Grund hierfür rein geschäftlicher Natur.
„Davon hast du mir ja gar nichts erzählt.“ Simons Verwunderung über diese Neuigkeit konnte man ihm sichtlich an seinem verwirrten Blick ansehen. Dazu musste man noch nicht einmal geübt darin sein, in den Augen des anderen zu lesen.
„Ich fand es nicht wichtig. Bis jetzt.“ Rafael erhob sich von seinem Stuhl. „Außerdem heißt es ja nicht, dass wir nicht in Kontakt bleiben. Ich komme ja wieder. Sobald es die Geschäfte zulassen. Und ihr habt endlich mal genug Zeit für euch alleine. Glaub mir, Simon, das ist in einer Ehe ein wichtiges Kriterium. Das ist echt wichtig! Eine Frau will mit ihrem frisch verheirateten Ehegatten auch mal alleine sein. Hab ich recht, Kate? Hast doch bestimmt Simon schon mal darauf hingewiesen. Würde es dir auf jeden Fall nicht verdenken, wenn’s so gewesen ist.“ Rafael grinste übers ganze Gesicht, vermied es jedoch, Katelyn anzusehen. Es kostete ihn alle
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