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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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beeindruckend, da auf ihm ein winziges Wesen saß: die Königin der Feen.
    Sie konnte höchstens zwanzig Zentimeter groß sein, hatte sehr lange, rabenschwarze Locken und ein blasses Gesicht, in dem zwei wunderschöne violette Augen leuchteten. Ihr Gewand war aus einem lilafarbenen glänzenden Stoff und hatte eine lange Schleppe. Dazu trug sie schwarze Handschuhe. Das Krönchen auf ihrem Kopf war so zierlich, dass es gut zu einer Puppe gepasst hätte. Doch das Wunderbarste an ihr waren ihre großen Schmetterlingsflügel, die mindestens doppelt so groß waren wie die der anderen Feen und deren Farbe je nach Blickwinkel von rosa zu lila und himmelblau zu changieren schien. Die Königin, die ihnen bisher ihr rechtes Profil gezeigt hatte, richtete nun den Blick auf sie. Ihre winzige Gestalt war so alt und dabei so seltsam kraftvoll, dass niemand ihr in die Augen sehen konnte.
    Dann begann die Königin zu sprechen.
    »Der Bund der Rebellen«, sagte sie. »Wie schön, dass ich euch endlich hier vor mir sehe, nach so langer Zeit! Ich habe mit Besorgnis eure Reise verfolgt. Denn in eurer Hand liegt viel mehr, als ihr denkt. Die Rettung unserer weiten Welt könnte vom Ausgang eurer Mission abhängen. Bis jetzt habt ihr Glück gehabt. Ihr seid einigen Gefahren entgangen, auf die ihr hättet treffen können, und ich glaube, ihr hattet eine relativ ruhige Reise. Doch der Hauptteil des Weges liegt noch vor euch und im Reich der Wälder lauern viele Gefahren. Ihr seid jung und habt Mut, eine Gabe, die ich schätze.Aber vergesst dabei nicht die Vorsicht. Euer Vorhaben ist keine Kleinigkeit.«
    »Wir werden Euch nicht enttäuschen, Herrin«, versprach Lyannen und verbeugte sich so elegant wie möglich vor dem Thron. »Doch Ihr, die Ihr die Zukunft lesen und das sehen könnt,
was wir nicht einmal ahnen, sagt uns doch bitte ein tröstendes Wort darüber, wie dieser Krieg enden wird.«
    Er hatte seine Bitte sehr höflich vorgetragen, trotzdem fuhren alle bei seinen Worten zusammen. Man konnte eine Feenkönigin nicht bitten, in die Zukunft zu schauen, außer sie selbst bot es an. Diese Regel durfte unter keinen Umständen verletzt werden. Ventel warf ihm einen vernichtenden Blick zu, und Lyannen begriff, dass sein Bruder ihn dafür wahrscheinlich mitten ins Gesicht geschlagen hätte, wenn ihm das jetzt gerade möglich gewesen wäre. Er biss die Zähne zusammen. Ja, es stimmte, er hatte eine Regel verletzt und war unhöflich gewesen, doch vielleicht hatte ihm das die Königin nicht übel genommen. Vielleicht. Während er noch überlegte, ob er sich nun entschuldigen sollte, schaute er auf, hinüber zur Königin, und seufzte erleichtert auf.
    Die Königin lächelte. Und dieses halb nachsichtige, halb amüsierte Lächeln ließ sie irdischer, zugänglicher erscheinen. Alle hielten den Atem an. »Lyannen, der Halbsterbliche«, sagte sie, »mit gutem Grund wird man dich schon bald den Mutigen nennen. In dir brennt ein Feuer, das nur wenigen zuteil wird, und ich habe noch nie jemanden gesehen, der so rein und unschuldig ist wie du. Leider kann ich dir nichts über den Ausgang des Krieges sagen, und selbst wenn ich etwas wüsste, hieße das nicht, dass ich es euch mitteilen würde. Manchmal ist es besser, nicht zu wissen, was die Zukunft bringt. Über das Ende dieses Krieges ist schon allzu viel prophezeit worden und mehr als einer dieser Orakelsprüche betrifft dich ganz direkt. Doch eines kann ich dir sagen und das tue ich gern: Eines Tages wird dir für alles Gerechtigkeit widerfahren, wenn die Ewigen feststellen, dass nicht das Blut zählt, sondern der Mut.Vertrau mir, dieser Tag ist näher, als du denkst.« Dann wandte sie sich an die anderen: »Ihr Männer, die ihr zu einer so wichtigen Aufgabe aufbrecht! Die Tradition will, dass jeder von euch das Recht erhält, eine Frage zu stellen - jedoch nur eine einzige. Achtet wohl darauf, was ihr fragt, und
wisset: Es gibt dennoch Dinge, die ich euch nicht enthüllen darf, selbst wenn ich von ihnen Kunde hätte.«
    Dalman neigte als Erster den Kopf. »Ich habe mich zu lange danach gesehnt, in den Kampf zu ziehen«, sagte er. »Und nun, da ich endlich unterwegs bin, habe ich Angst, dass ich die Front nicht lebend erreiche, sodass ich mich nicht für all die Jahre des Wartens entschädigen kann. Deshalb frage ich Euch: Werde ich schließlich die Flammen des Krieges sehen?«
    Die Königin starrte ihn mit funkelnden Augen an. »Fürchte nichts, Dalman aus Mymar«, antwortete sie. »Du wirst die

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