Gefaehrten der Finsternis
Flammen sehen, wirst mitten darin sein und dein Herz wird mit dem gleichen Feuer brennen.«
»Herrin«, meldete sich als Nächster Validen. »Ich möchte Euch nichts zu meinem Schicksal fragen, sondern zu dem meiner Cousine Eileen, die mir sehr teuer ist. Ich bitte Euch, sagt mir, ob sie lebt, und wenn es möglich ist, auch, ob es ihr gut geht.«
Lyannen hielt den Atem an. Die Antwort auf diese Frage war zwar auch wichtig für die anderen, jedoch fühlte er sich persönlich von ihr betroffen.
»Sie ist am Leben«, erklärte die Königin. »Euer Feind wäre falsch beraten, wenn er sie tötete. Er ist erbarmungslos und ehrgeizig, aber doch nicht so blind, dass er die alten Prophezeiungen missachtete. Er hat Eileen nicht entführt, um die Ewigen zu demütigen oder sie in Bedrängnis zu bringen. Hinter dieser Tat steckt ein anderes Ziel. Und gerade deshalb ist eure Mission so wichtig.«
»Wenn sie so wichtig ist, dürfen wir auf keinen Fall umkehren«, sagte Drymn nach einer kurzen Pause. »Doch wir wissen, dass ein großes Heer gegen Dardamen marschiert. Daher meine Sorge: Wird die Weiße Hauptstadt fallen?«
Die Königin schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete sie dann. »Dardamen ist nicht ihr Ziel. Sie wissen genau, dass sie die Stadt nicht einnehmen können, obwohl sie kräftemäßig überlegen
sind. Es gibt eine wenig bekannte, doch sehr klare Prophezeiung darüber: Die Schwarzen Truppen der Finsternis werden nie nach Dardamen eindringen, solange Hauptmann Vandriyan am Leben ist.«
Lyannen zuckte zusammen. Es ging um seinen Vater, um dessen Leben! Vandriyan hatte diese Prophezeiung nie erwähnt, hatte sie seit wer weiß wie langer Zeit geheim gehalten. Obwohl sie schwerwiegend war, sehr schwerwiegend. Doch die Königin wirkte ganz ruhig. »Nicht einmal ein ganzes Heer Söldner könnte den Hauptmann bezwingen«, fuhr sie fort. »Dazu kenne ich ihn zu gut.Wenn der Sohn des Zauberers Algus ihn zu einem direkten Zweikampf herausfordern würde, hätte er vielleicht eine Chance, doch Vandriyan ist für niemanden eine leichte Beute, das weiß auch der Herr der Finsternis. Er weiß außerdem sehr gut, dass er sich das Königreich auch so nehmen kann, ohne Dardamen zu erobern.«
»Dann wird man also nicht vor den Toren der Hauptstadt kämpfen?«, stellte Elfhall bang seine Frage.
»Nein, das wird nicht geschehen«, antwortete die Königin. »Solange Vandriyan lebt. Es wäre sinnlos, den Krieg dorthin zu tragen, wenn man weiß, dass man die Stadt doch nicht einnehmen kann. Nein, für Algus’ Sohn ist es günstiger, die Auseinandersetzung an der Nordgrenze auszutragen, wo seine Leute im Vorteil sind. Und das wird er tun.«
Darauf folgte langes, tiefes Schweigen.
Schließlich wandte sich die Königin Ventel zu und sah ihn lächelnd an. »Hast du keine Frage an mich,Ventel Weißhand?«
Ventel verbeugte sich elegant und sagte: »Ich möchte Euch nicht beleidigen, Herrin, doch ich ziehe es vor, nicht zu fragen. Lassen wir das Schicksal ungestört seine Fäden weben. Mir genügen mein Mut und ein Schwert, um mich der Zukunft zu stellen, wie sie auch ausfallen mag.«
»Dann bleibt mir nichts mehr, als euch meinen Segen zu geben«,
sagte die Königin abschließend. »Vor Ende des Krieges werdet ihr nicht nach Feenquell zurückkehren. Und ob es ein glückliches oder ein düsteres Ende wird, hängt auch von euch ab. Für den Augenblick werden wir alles tun, was in unserer Macht steht, um euch zu unterstützen. Morgen werden euch die Ratsfeen Auskünfte geben, die euch noch nicht bekannt sind. Sie werden euch über die Ereignisse informieren, die sich während eurer Reise zugetragen haben. In einigen Tagen werden die Vorräte eintreffen, wir werden euch mit Proviant versorgen und dann könnt ihr weiterziehen.«
Als er sich hinkniete und die Königin segnend die Hand über seinen Kopf hielt, spürte Lyannen die Verantwortung seiner Mission auf seinen Schultern lasten.
Alles, was Lyannen über das Volk der Feen und ihr Reich wusste, hatte er aus Büchern und Geschichten. Und jetzt, wo er sich mitten unter ihnen befand, in ihren Häusern, die in ewiges Zwielicht gehüllt und von wundersamen Lampen erhellt waren, schien es ihm nicht nur, als wären diese Bücher und Geschichten plötzlich zum Leben erwacht, sondern als würde die Wirklichkeit die Geschichten noch bei Weitem übertreffen. Er wusste, dass nach dem Krieg gegen Algus nur vergleichsweise wenige von den Feen überlebt hatten, weil es dem Zauberer gelungen
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