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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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Respekt, der einem besiegten Gegner gebührt. Lasst ihnen ihre Waffen und ihr Gold.«
    Schweigend setzte Lyannen sich auf eine vorstehende Wurzel, während seine Gefährten sich an die Arbeit machten. Keiner von ihnen hatte etwas entgegnet, auch schien keiner durch die Ereignisse besonders erschüttert zu sein. Nach Monaten an der Front mussten sie an Tote und Kämpfe gewöhnt sein. So fühlt man sich also, wenn man zum ersten Mal jemanden tötet, dachte Lyannen. Schuldbewusst. Es war ganz und gar nicht so, wie er es sich in Dardamen ausgemalt hatte. »Verdammter Krieg«, fluchte er halblaut. Er hatte schon zu viele Verluste, zu viel Leid verursacht.Wie lange sollte es noch so weitergehen?
    Ein gedämpftes Wiehern riss ihn aus seinen Gedanken. Erstaunt drehte er sich um und versuchte vergeblich zu ergründen, woher es kam. Dann hörte er es noch einmal und diesmal klang es beinahe wie ein Klageruf. Lyannen stand auf und beugte sich langsam über den Stamm des alten dunklen Baumes, auf dessen Wurzeln er gesessen hatte.
    Der Anblick, der sich ihm bot, schnitt ihm schmerzhaft ins Herz. Ventels Pferd Ardir, das unverwundet geblieben war, hatte sich seinem Herrn genähert und stupste mit der Nase gegen dessen Wange, beinahe, als wolle es ihn aufwecken. Mit Tränen in den Augen kam Lyannen hinzu. Doch das Pferd stellte sich ihm wiehernd entgegen. Es wollte offensichtlich nicht, dass er näher kam.

    Lyannen wich ein paar Schritte zurück. »Ruhig, Ardir, ganz brav«, sagte er beruhigend. »Ich will deinem Herrn nichts tun. Er ist doch mein Bruder.«
    Das Pferd machte ihm den Weg frei, als habe es ihn verstanden, blieb aber immer noch dicht neben Ventels Körper stehen, als könne es sich nicht von ihm trennen. Es rieb noch einmal die feuchte Nase an der Wange seines Herrn, als wolle es ihn auffordern, sich zu erheben.
    Lyannen stellte sich neben das Pferd und strich ihm mit der Hand über den glänzenden schwarzen Hals. »Er ist tot«, flüsterte er. »Er ist tot. Und wird nie wieder aufstehen.« Lyannen seufzte. »Du musst dich damit abfinden. Genauso wie ich.«
    Schnaubend schüttelte das Pferd den Kopf, als wolle es so zeigen, dass es nicht seiner Meinung war.
    »Du willst es nicht glauben?« Lyannen fühlte, wie ihm die Tränen über die Wangen liefen. »Ich auch nicht. Aber es ist so. Er hat uns verlassen... für immer.«
    Das Pferd schnaubte wieder und stupste mit der Nase gegen Lyannens Stirn. Dann hob es auffordernd einen Huf. Und wieherte.
    Lyannen hob den Kopf und trocknete sich die Augen. Das Pferd schien ihm mitteilen zu wollen, dass Ventel noch am Leben sei. Aber das konnte nicht sein.Ventel war vor seinen Augen gestorben. Und wahrscheinlich war das Pferd nicht einmal so klug, dass es ihm etwas mitteilen wollte, und er hatte sich das nur eingebildet. Ja, so musste es sein. Es war sinnlos, sich falsche Hoffnungen zu machen.
    Wieder wieherte das Pferd, dann packte es Ventels Umhang mit den Zähnen und zog ihn.Vielleicht war das, was ihm so unwahrscheinlich erschienen war, ja doch möglich … Was war, wenn Ventel tatsächlich noch lebte? Vielleicht war er auch nur bewusstlos. In diesem Fall musste er ihm sofort helfen, bevor er verblutete. Außerdem schadete es doch nichts, einmal nachzusehen.
Lyannen riss dem Pferd den Umhang aus dem Maul und beugte sich über Ventel.
    Sein Körper war noch warm. Das weiche Seidenhemd war mit Blut durchtränkt, doch sein Umhang aus Mondseide wirkte sauber. »Er wird nie schmutzig«, hatte ihm Ventel erst vor Kurzem erzählt, als er die zahllosen guten Eigenschaften dieses Stoffes gelobt hatte. Einen Moment lang empfand Lyannen Ekel vor sich selbst, weil er dachte, dass er einen so nützlichen und wertvollen Umhang brauchen könnte. Beschämt verjagte er diesen Gedanken sofort. Nein, sollte Ventel tatsächlich tot sein, würden sie ihn mit allen Ehren begraben und ihm nichts von seinem persönlichen Besitz abnehmen. Vor allem nicht den Mantel, den seine Verlobte für ihn gewebt hatte.
    Lyannen schob die Ränder des glänzenden Stoffes beiseite und nahm den Arm seines Bruders, um dessen Puls zu fühlen. Wegen seiner hellen Haut hatte man ihn immer Weißhand genannt, doch jetzt war sein Arm nicht hell, sondern fahl. Er musste sehr viel Blut verloren haben. Lyannen tastete an allen erdenklichen Punkten nach Ventels Puls und versuchte verzweifelt, auch noch den schwächsten, langsamsten Schlag wahrzunehmen. Vergeblich. Entweder gab es da keinen Puls zu fühlen oder er konnte ihn

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