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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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meiner Beweggründe kennst, und aus Angst vor einer Strafe lässt du die Verteidigung deines Landes im Stich. Und du wagst es, mich wahnsinnig zu nennen, weil ich lieber als Mann sterben will, statt mich von deiner Gnade abhängig zu machen? Nun sag mir, du feige Memme, wo bleibt bei all dem deine Ehre?«
    Viridian starrte ihm in die Augen. Auf einmal wirkte er furchtbar ernst. Er ging in eine Ecke des Raumes, schob einen Kissenstapel beiseite und zog ein langes Schwert mit glänzender Klinge hervor. Dann kam er wieder zum Einsamen zurück und hielt sie
ihm hin. Das war die Waffe, die ihm vor gar nicht so langer Zeit Slyman gegeben hatte.
    »Hier, das ist meine Ehre«, sagte er. »Nimm die Waffe, sie gehört dir. Erhebe sie gegen mich, wenn du willst, oder später auf der Flucht, wenn du das versuchen möchtest. Ich bitte dich nur, niemanden damit hinterrücks zu erschlagen, denn dieser Tote würde dann mein Gewissen belasten. Und ich sage dir auch, wenn du mich zum Kampf fordern möchtest: Ich bin bereit und stelle mich dir Mann gegen Mann. Und ich werde mein Leben verteidigen.«
    Der Einsame nahm das Schwert, stecke es sich aber in den Gürtel. Dann ging er auf Viridian zu und reichte ihm die Hand. »Ich pflege mein Schwert nicht gegen Leute aus meinem Volk zu erheben«, sagte er. »Und nun erkenne ich deine Ehre. Ich möchte dein Freund sein, nicht dein Gegner. Du kannst auf mich zählen, wenn du Hilfe benötigst. Und ich erwarte dasselbe von dir.«
    Nach einem kleinen Zögern ergriff Viridian die ausgestreckte Hand. »Das Gleiche gilt für mich.« Dann fügte er hinzu: »Ich hatte schon gefürchtet, ich müsste gegen dich kämpfen. Ich habe noch nie das Blut eines Ewigen vergossen und ich möchte auch nicht dazu gezwungen sein.«
    Der Einsame zog seine Hand wieder zurück, genau wie Viridian. Doch dabei verrutschte dem der schwarze Umhang und auch sein Hemd, wodurch ein wenig von der Brust zu sehen war. Der Einsame wich zurück.Viridian trug am Hals einen rotgoldenen Anhänger, der genauso aussah wie der, den der Einsame Slyman vor ein paar Tagen geschenkt hatte. Aber alle anderen Anhänger waren doch verloren gegangen, als ihre Träger ihr Leben ausgehaucht hatten, oder waren zerstört worden! Dass Viridian nun einen der Anhänger um den Hals trug, konnte nur eines bedeuten: Er war am Mord an einem der Ersten beteiligt.
    »Verräter!« schrie der Einsame, zog sein Schwert und fuhr angewidert zurück. »Verräter und Lügner!«

    Verwirrt wich Viridian ein paar Schritte zurück und griff nun ebenfalls zu seiner Waffe. »Warum?« fragte er und die Stimme versagte ihm fast. »Warum jetzt diese Beschuldigung?«
    »Du Hund!« Der Einsame schlug ihm mit einem einzigen zornigen Hieb das Schwert aus der Hand. »Du fragst mich noch, warum ich dich beschuldige? Du trägst doch die Beweise deines Verrats am eigenen Leib!« Mit diesen Worten kam er näher und schlug mit der Spitze seines Schwertes gegen den Anhänger an Viridians Hals. »Ehe ich deine Schuld mit Blut sühnen werde«, fuhr er nun fort, »antworte mir auf diese Frage:Wie viel hat man dir geboten, damit du dich verkaufst? Und wem«, nun war er so laut geworden, dass er beinahe brüllte, »wem hast du diesen Schmuck abgenommen? Antworte!«
    Viridian fuhr fast zärtlich über den Anhänger und schien endlich seine Stimme wiedergefunden zu haben. »Niemandem«, erwiderte er nur, »niemandem!« Und wieder irrst du dich, wenn du mich einen Verräter schimpfst. Ich würde es niemals wagen, mich so sehr in den Dienst des Feindes zu stellen, und wenn ich jemals treu zu jemandem gestanden habe, so war das der König der Ewigen! Etwas so Heiliges hätte ich nie gewaltsam an mich gebracht.Vielleicht hätte ich es ja nicht tun sollen, aber ich habe diese Kette von dem noch warmen Leichnam meines Vaters genommen, um wenigstens ein Andenken an ihn zu haben. Und seit damals hat den Anhänger niemand außer mir berührt.«
    Der Einsame atmete tief. Doch er senkte sein Schwert nicht, sondern zielte damit immer noch auf Viridians Kehle, und als er wieder etwas sagte, klang seine Stimme genauso hart wie vorher: »Beweise mir, dass du die Wahrheit sprichst. Wer war dein Vater?«
    Ein trauriges Lächeln erschien auf Viridians Gesicht und er flüsterte: »Mein Vater, ach, mein Vater. Es ist bald sechstausend Jahre her, dass mich niemand mehr nach ihm gefragt hat.«
    »Wer war er?«, wiederholte der Einsame. Er würde sich bestimmt
nicht erweichen lassen. Nicht von einem, der

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