Gefährten des Zwielichts
Rüstung frisch geölt. »Euer Bündnis mit Leuchmadan wurde nie gebrochen, und mein Gebieter sah keinen Anlass, sich erneut Eurer Treue zu versichern.«
Grautaz scharrte mit den Hörnern über die Felswand, dann bettete er den Kopf wieder auf die zwei verschränkten Vordertatzen. »Wie wahr, wie wahr«, bestätigte er. »Aus dem bitanischen Landmann ist ein wackrer Höfling geworden, will mir scheinen. Was tausend Jahre Lehrzeit nicht alles bewirken ... Ihr habt sie größtenteils gemeinsam mit Leuchmadan in einer Kiste eingesperrt verbracht, wenn ich mich recht entsinne? Man muss Euren Lehrmeister für seinen Einsatz loben. Doch genug davon. Was hat Leuchmadan bewogen, seine rücksichtsvolle Haltung aufzugeben und mich doch an diesem Ort aufzusuchen, wo ich die Ruhe des Alters genieße?«
»Ich bin davon überzeugt, großer Unkwitt«, sagte Baskon, »dass Euer machtvoller Leib ganz unbeeinflusst vom Alter ist. Und mein Herr erbittet von Euch nur eine Kleinigkeit: Eine weitere Gruppe wird durch Euer Tal kommen, schändliche Spione und Feinde Leuchmadans. Da Euer Reich aber so weitläufig und üppig ist, können wir sie nicht aufspüren. Deshalb bitten wir Euch, uns den Weg zu unseren Feinden zu weisen. Leuchmadan wird Euch gewiss Dankbarkeit erweisen, wie sie nur seiner und Eurer Größe angemessen ist und wie sie einfache Gefolgsleute wie wir sich gar nicht vorstellen können.«
Der Drache stieß einen langen schwefligen Atemzug aus. Eine gelbe Rauchfahne zog aus dem Felsspalt und zerriss im Wind vor dem Steilhang.
»Ihr versteht es, eure Rüstung in angenehme Schwingungen zu versetzen«, sagte Grautaz. »Eindringlinge in meinem Reich - so, so. Mir deucht, mein Ruf hat ein wenig gelitten, wenn inzwischen regelrechte Völkerscharen in meinem Land umherwandern.«
»Das kann ich mir kaum vorstellen«, sagte Baskon. »Aber es würde Eurem Ansehen gewiss nicht schaden, wenn Ihr Euch zeigt und nicht zulasst, dass irgendwelche Räuber durch Euer Tal marschieren und Euch nicht einmal ihre Aufwartung machen.«
»Ja, Boskett, da mögt Ihr recht haben. Es mag meinen Interessen ebenso dienen wie denen Eures Herrn, wenn ich mir diese ungebetenen Gäste näher ansehe. Wie habt Ihr Euch meine Hilfe vorgestellt?« Der Drache legte den Kopf schief und musterte den Wardu aus einem Winkel seines riesigen Auges.
Unterwürfig senkte Baskon das Haupt. »Verfahrt mit diesen Eindringlingen, wie Ihr es für richtig haltet«, knarrte er. »Nur wären wir Euch dankbar, wenn Ihr uns anschließend zu Ihnen führt. Diese Spione mögen Dinge bei sich haben, die für den Krieg im Süden von Nutzen sein können.«
»Daran zweifle ich nicht«, meinte der Drache. »Nun gut, ich werde mich umsehen. Folgt mir, wenn Ihr könnt.«
Der Drache schob sich ganz aus der Höhle. Vom Kopf bis zum Schwanz maß er mehr als dreißig Gnomenlängen, und sein Körper war kraftvoll und geschmeidig. Er lief so ungestüm los, dass Baskon nur hastig zur Seite springen konnte, um nicht von der Masse rasselnder Schuppen zermalmt zu werden. Felsbrocken spritzten in alle Richtungen, von dem großen Drachen achtlos aus dem Berg gerissen.
Grautaz kam an den Rand seines Spalts, sprang über den Hang und entfaltete die Schwingen. Lautlos glitt er davon, und es war so, als wäre ein donnernder Wasserfall plötzlich verstummt. Die Stille nach dem kurzen Lauf des Drachen, der die Wucht eines Erdrutsches gehabt hatte, war beinahe ohrenbetäubend.
In diese Stille hinein schnitt Baskons Schrei mit der Schärfe einer Spiegelscherbe. Der Wardu riss sich den Schild vom Rücken, rannte schräg an der Wand des Einschnitts empor und auf dessen Ende zu. Seine Panzerplatten klapperten wie ein kleineres Echo des großen Unkwitt. An der Kante angekommen, warf er den Schild vor sich hinab und sprang hinterher.
Fassungslos blickte Wito auf die Stelle, wo der Wardu eben noch gestanden hatte.
»Glaubt er, ihm sind auch Flügel gewachsen?«, bemerkte Darnamur. Die Gefährten liefen los und blickten nach unten.
Wo der Bach über die Kante stürzte, fiel der Fels fast lotrecht viele hundert Fuß tief ab. Doch da, wo das Wasser nicht so tief ins Gestein geschnitten hatte, war der Hang weniger steil.
Und hier rutschte Baskon in die Tiefe. Er balancierte auf seinem Schild und glitt in engen Kehren mal nach links, mal nach rechts, da er bei einer Schussfahrt zu schnell geworden wäre und den Bodenkontakt verloren hätte.
An den weniger steilen Stellen des Hangs riss er Gerölllawinen los,
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