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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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regelrecht in meiner Hand! Bist du mit dieser Rüstung in ein Gewitter geraten, oder ist es meine Nähe, die dich erbeben lässt?«
    Baskon wand sich unter der Tatze des Drachen. Er konnte kaum den Kopf bewegen. Noch hielt er das Schwert fest in der Hand, aber die Waffe steckte mitsamt dem Arm tief im feuchten Boden fest. »Auch wenn Ihr mich heute überwindet«, rief er, »wird Leuchmadan davon erfahren. Wenn er kommt und sein Herz zurückverlangt, nutzt Eure Größe Euch nichts mehr!«
    »Nein, meine Größe nicht«, erwiderte der Drache. »Aber zufällig nenne ich auch magische Fertigkeiten mein Eigen, die dich überraschen dürften. Bis Leuchmadan kommt, habe ich längst das Geheimnis seiner Schatulle enträtselt. Dann verfüge ich über all seine Macht - und sein Herz und sein Leben halte ich ebenso in meinen Klauen wie dich jetzt.«
    »Niemals«, stieß Baskon hervor. »Unsere Feinde hatten tausend Jahre Zeit, dieses Geheimnis zu enträtseln, und sie sind gescheitert. Wie wollt Ihr es in so viel kürzerer Zeit schaffen?«
    »Weißt du«, entgegnete der Drache gelangweilt. »Ich lasse es darauf ankommen.«
    Sein Maul stieß zu, und mit einem Biss riss er Baskon den Kopf ab. Der Helm blieb an einem der spitzen Oberkieferzacken stecken. Geziert wie ein Elfenfürst einen Zahnstocher, hob Grautaz die freie Tatze und zupfte das Metall mit der Klaue ab. Dann senkte er die Pranke wieder und riss Baskon in Stücke.
    So dicht am Ursprung seiner Lebenskraft war der Wardu nahezu unverletzlich. Der zerfetzte Stahl schloss sich gleich wieder, abgetrennte Gliedmaßen wuchsen zusammen. Doch Grautaz riss immer weiter daran herum und grub seine Klauen in die Panzerplatten, und Baskons Gestalt verwuchs zu immer bizarreren Formen. Einzelne Stücke der Rüstung krochen über den Boden, erfüllt von vibrierender Seelenessenz, und Baskon fühlte sich so verwirrend zerstreut wie nach dem Sturz mit Rujan. Wieder verlor sein Geist mitsamt seinem Körper den Zusammenhalt.
    Und dann kam das Drachenfeuer. Es leckte über die blitzenden Klauen, ohne sie zu verletzen, sickerte in die Öffnungen und rann über den Boden wie flüssige Glut. Die Lohe verzehrte Baskons Rüstung. Der Stahl schmolz und verkochte in brodelnden Blasen, und immer noch hieb der Drache mit der Klaue zu und verspritzte das flüssige Metall über die Lichtung, wo es zischend in Tümpeln erstarrte und Pflanzen und Bäumchen versengte. Der Gestank nach feuchtem brennenden Holz und verschmorendem Laub mischte sich mit dem dicken Qualm, der unter Grautaz' Krallen hervorquoll.
    Aber Baskon war zäh. Immer noch klebte sein schmelzender Leib an dem unzerstörbaren Kästchen, und er zog daraus Kraft und Leben. Aber das Drachenfeuer machte am Leib nicht Halt, sondern schlug glühend heiß bis in seinen Geist. Er spürte den Schmerz. Die Glut brannte in seiner Essenz, und das Summen, das Baskon war, erhob sich zu einem Schrei. Der Wardu empfand eine Qual, wie ein sterblicher Leib sie nie hätte erfahren können. Und mit den Flammen des Unkwitt mischte sich ein Knistern in den Klang seiner Seele, wie eine Störung, schwärende Aussetzer, die an Baskons Bewusstsein fraßen.
    »Ich hörte deine Gedanken oben vor meinem Hort«, vernahm er Grautaz. Baskon wusste nicht, ob die Stimme nur in ihm war oder ob der Drache sein Feuer zurückhielt und wirklich sprach. Der Brand in seinem Geist prasselte auf Baskon ein, ohne Unterlass, und dämpfte alle seine Sinne. »Du hast dich mir überlegen gefühlt, oder zumindest ebenbürtig, doch das ist nicht so. Der Käfer, dem man die Kräfte einer Maus verleiht, mag sich fühlen wie ein Steppenlöwe. Und dabei ist er gerade groß genug geworden, um dem Löwen als reizvolle Beute zu scheinen. Je stärker er ist, umso interessanter die Jagd, aber am Ende doch nur ... Beute.«
    Jetzt erst erkannte Baskon, dass Grautaz genau wusste, was er tat. Das scheinbar unwillkürliche Heben der Tatze, das Baskon Zugriff auf das Kästchen gewährte - es war eine Falle gewesen. Der Unkwitt hatte gewollt, dass Baskon das Kästchen bekam und im Augenblick seiner Vernichtung vereint war mit dem Quell seines Seins. Grautaz fand Gefallen daran, seinen Gegner zu töten und ihn gleichzeitig am Leben zu erhalten und die Grenzen dessen auszuloten, was ein Wardu aushalten konnte.
    Baskon gab auf. Mit einem letzten Schrei floh die Seele aus seinem Leib, und Grautaz verspritzte die Reste des leblosen Stahls über die Lichtung. Dann barg er mit zwei spitzen Klauen das Kästchen

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