Gefährten des Zwielichts
war. In dieser Ruhe nach dem Gefecht lag eine Anspannung, ein lastendes Gefühl von Bedeutung - die Erwartung von Schlimmerem ...
Dann hörte Baskon das Rauschen von Schwingen und das Knattern von Holz. Der massige Drache erhob sich über die Bäume. Baskon beschleunigte seine Schritte. Grautaz hatte den Kampf für sich entschieden. Es war vorbei. Nun musste Baskon die Schatulle mit Leuchmadans Herz nur noch holen und sie seinem Herrn bringen.
Der Flügelschlag wurde leiser, als Grautaz an Höhe gewann. Baskon konnte ihn nicht sehen, auch wenn dann und wann Licht zwischen den Baumkronen hindurchsickerte und kleine Ausschnitte des Himmels zu sehen waren. Rauch trieb in feinen Schlieren über diese Lücken hinweg, wie tief hängende Wolkenfetzen, die statt Regen blättrige graue Ascheflocken brachten.
Nur seine feinsten Sinne drangen durch die wogende Blätterdecke und durch die wirbelnde Asche hindurch. Baskon fühlte die Gegenwart des Drachen. Grautaz flog ein paar kleine Kreise und drehte dann nach Westen ab. Er hielt auf seinen Horst zu.
Und Baskon nahm nicht nur den Drachen über dem grünen Dach des Waldes wahr, sondern noch etwas anderes. Leuchmadans Kästchen. Wie auch immer die Herzträger es abgeschirmt hatten, jetzt lag es offen. Baskon fühlte die Kraft des Kästchens, er spürte den Widerhall des eigenen Seins in diesem Ankerpunkt.
Und es entfernte sich rasch.
»GRAUTAZ!«, brüllte Baskon und nahm seine ganze Rüstung als Klangkörper für diesen Ruf. Zorn und Verwirrung fuhren durch seine Seele, und einen Augenblick lang wusste er nicht, ob er auf den Schauplatz des Kampfes zulaufen oder dem Drachen folgen sollte, so aussichtslos ein solches Unterfangen auch sein mochte.
Aber Grautaz hatte den kostbaren Schatz mitgenommen, trug ihn seinem Hort entgegen. Das musste nun Baskons Ziel sein.
Er lief ein Stück nach Westen, hielt dann inne und sammelte sich. Ruhig. Vielleicht hatte Grautaz das Kästchen nur geborgen und trug es zu seinem Berg, um es dort den Gefährten zu übergeben. Was sollte der Drache selbst auch damit anfangen?
»Grautaz!«, rief Baskon noch einmal, beherrschter nun.
Und der Drache machte kehrt.
Grautaz hatte sich im Vogelflug schon so weit entfernt, dass der Wardu ihn nicht mehr genau ausmachen konnte. Aber Baskon spürte genau, dass sich das Kästchen auf ihn zubewegte.
Hätte er noch Atem gehabt, hätte er nun aufgeatmet. Er hielt Ausschau nach einer Lichtung, auf der er den Drachen erwarten konnte. Doch er fand keine Stelle, die groß genug war für den Unkwitt. So trat er auf eine feuchte Senke hinaus, in der sich nur ein paar kleinere Bäumchen halten konnten, und dichtes Gebüsch und Unterholz.
Baskon schob den Speer hinter seinen Schild, zog das Schwert und hieb sich eine Schneise, während seine Panzerstiefel bis über die Knöchel im Morast versanken. Dann schoss auch schon der Drache über die Lichtung, machte kehrt und landete wie ein abstürzender Felsbrocken. Er knickte die umstehenden Bäume. Die Erde bebte, ausgerissenes Buschwerk und Holzsplitter flogen auf, und Wasser spritzte in dicken Tropfen in alle Richtungen. Mit schmalen dunkelroten Augen blickte Grautaz auf den Wardu herab. Baskon stand abwartend da, das Schwert locker in der Hand.
Der Drache hatte die Vorderbeine aufgestellt. Drei gewaltige Klauen an jedem Fuß bohrten sich in die Erde. Auf den ersten Blick sahen die Krallen weiß aus, doch es lag ein silbriger Schimmer darüber. Der Drache hob eine Klaue an, so dass sie mit Baskons Kopf auf gleicher Höhe war, und der Wardu konnte erkennen, dass sie auf der Unterseite eine Schneide aufwies, die schärfer war als sein Schwert.
Und dort, im Schmutz, lag ein silbernes Kästchen, das Behältnis mit Leuchmadans Herz.
»Sieh an, was heute alles in meinem Wald herumläuft«, sagte der Drache mit seiner rollenden Stimme. »Der kleine Wardu aus Bitan. Baskon.«
»Ihr habt es richtig hinbekommen«, erwiderte Baskon. Er meinte seinen Namen, aber er blickte auf das Kästchen. Bedächtig trat er einen Schritt näher.
Der Drache regte sich nicht. Sein Echsenhaupt ragte in einem Bogen hoch über Baskon auf, die eine Klaue hatte er wie beiläufig angewinkelt, und das Kästchen ruhte darunter wie unter einem Baldachin. »Das habe ich«, sagte er. »Ich treibe nur so lange Scherz mit meiner Beute, bis die Zeit zum Zupacken gekommen ist.«
Mit der Klinge wies Baskon auf die Schatulle. »Das ist nicht Eure Beute, großer Unkwitt. Es ist das Eigentum von
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