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Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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Drache wieder über ihn hinweg, und Baskon blickte überrascht auf. Grautaz hielt nicht inne, obwohl ihm die Schwingung eines Wardu unter den Bäumen unmöglich entgehen konnte. Baskon hasste es, derart missachtet zu werden.
    Aber es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Der Drache war dort oben, und Baskon stand hier unten im Tal. Und er würde gewiss nicht den ganzen Weg wieder emporklettern. Er war sich ziemlich sicher, dass Grautaz ihre Feinde noch nicht entdeckt hatte, also gab es keinen Grund, den Drachen jetzt aufzusuchen.
    Baskon machte kehrt und wanderte tiefer in das Tal hinein.
    Hier unten zwischen den Bäumen war kaum zu bemerken, dass man sich in einem Hochtal zwischen zwei Gebirgsausläufern bewegte. Der Boden war sanft gewellt, und die Bäume verbargen alle weiter entfernten Landmarken. Selbst Baskon hatte Mühe, die Richtung zu halten, wenn Totholz, Dickicht oder Spalten ihn zu einem Umweg zwangen.
    Kurz erwog er, umzudrehen und auf seine Gefährten zu warten. Aber nein. Der Starke ist am mächtigsten allein, dachte er. Daugrula konnte sich gut im Wald bewegen, aber anders als er brauchten die Lebenden Rast und kannten Schwäche und Erschöpfung. Sie würden ihn nur aufhalten.
    Bald erfüllten wieder Geräusche den Wald, Vogelgesang und das laute Sirren der Insekten. Solange Grautaz in der Luft gewesen war, war es im Tal totenstill gewesen. Jetzt wagte sich das Getier schon wenige Dutzend Schritt von Baskon entfernt wieder aus seinen Verstecken. Der kecke Häher schlug an und warnte vor seinem Kommen.
    Baskon störte es, dass der Drache dem Land ein so viel weiter reichendes, ehrfürchtiges Schweigen auferlegen konnte als er. Mit dem Spieß brachte er einige vorwitzige Eichkatzen und Spechte zur Strecke, und es wurde ruhiger.
    Bald brach die Nacht herein, und es wurde dunkel. Baskon ging weiter auf die Mitte des Tales zu. Am nächsten Morgen flog der Drache wieder Patrouille, und Baskon konnte ein Gebiet eingrenzen, auf das Grautaz seine Aufmerksamkeit richtete.
    Als der Wardu die Gegend erreicht hatte, war der Drache schon wieder fort. Aber Baskon fand eine Art Weg an einem breiten Bachlauf - keine richtige Straße, eher ein Netz aus schmalen Pfaden, die zum Wasser hin und vom Wasser fort führten, die sich kreuzten und den Wald durchzogen.
    Grautaz ging anscheinend davon aus, dass die Feinde das Wegenetz um den Firnbach nutzen würden, und Baskon beschloss, ebenfalls hier im Umkreis Wache zu halten. Er suchte nach einem guten Aussichtspunkt - nach einer Anhöhe oder einer Schneise, oder einem geraden Stück Bach, von wo aus er die Umgebung im Auge behalten konnte.
    Aber an beiden Ufern und zwischen den Pfaden stand der Wald so dicht und war der Grund so eben, dass er keine solche Stelle fand. Also wanderte Baskon von einer Weggabelung zur nächsten, und immer wieder sah er den Drachen am Himmel kreisen.
    Baskon dachte weiter in die Zukunft. Nein, beschloss er: Selbst wenn alles vorüber war und Leuchmadans Herz in seiner Hand, würde er nicht wieder zu seinen Gefährten stoßen. Er würde das Herz allein zu seinem Herrn bringen, ohne sich noch länger mit diesem schwächlichen Haufen Lebender abzugeben.
    Als Grautaz am folgenden Morgen seine Flüge wieder aufnahm, wurde Baskon unruhig. Was, wenn der Drache trotz seiner scharfen Sinne die Beute im Wald verfehlte? Immerhin hatten die Gegner einen Elfen bei sich, der ihre Spur tarnen konnte. Und der Drache flog nur bei Tag - was, wenn die Herzträger während der Nacht durch das überwachte Gebiet schlichen, unter dem Drachen hinweg und an Baskon vorbei? Wütend blickte Baskon zu dem Drachen hinauf. Beeil dich, du blinder Wurm, befahl er ihm in Gedanken.
    Am Nachmittag änderte sich die Stimmung im Tal. Von weit her hörte er ein Brausen, Schreie womöglich - aber der Wald dämpfte jedes Geräusch. Baskon spürte den Tod in der Luft, noch bevor feine Ascheflocken zwischen den Zweigen herabschwebten.
    Er lief los.
    Die Unruhe kam aus dem Norden. Das war die richtige Richtung, aber es war sehr weit entfernt. Es wäre alles entschieden, bevor er eingreifen konnte. Wenn der Drache die Feinde in Deckung trieb und sie sich davonschleichen konnten, konnte Baskon sie vielleicht auf einem der Pfade abfangen. Aber vermutlich würde er nur auf dem Kampfplatz die Reste auflesen können.
    Es wurde still. So gedämpft der Kampfeslärm auch gewesen war, die Stille danach war tiefer als das Schweigen, das sich stets über den Wald senkte, wenn Grautaz in der Luft

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