Gefährten des Zwielichts
Schuppen.
Der Drache brüllte und bäumte sich auf. Ein Teil seines Horts rutschte ab und fiel in den Spalt. Außer sich vor Zorn schlug Grautaz mit den Flügeln und riss noch mehr von seinem Gold in die Tiefe. Ziellos züngelte sein Feuer über den Boden und setzte alles Gold in Brand, mit dem es in Berührung kam.
Sein Kopf fuhr zu Gulbert herum, und unvermittelt erhaschte Daugrula einen Blick in seine Augen. Die Pupillen waren schmal und ohne Tiefe. Ein kalter Funke loderte darin.
Grautaz streckte das abgerutschte Bein aus und stieß es in die Wand des Spalts. Die Krallen gruben sich in den Felsen wie Nägel in Glas. Der Drache trieb nun selbst Risse ins Gestein, durch schiere Kraft und Wildheit. Die Höhle bebte, als Grautaz' Vorderpranken wieder aufkamen. Sein massiger Körper drückte Mulden in den Höhlenboden. Ein Teil der von Gulbert geschaffenen Kluft stürzte wieder ein und fühlte sich mit Felsbrocken, die der Unkwitt in einer einzigen Bewegung losgetreten hatte. Das blaue Funkeln aus dem Abgrund erlosch, und nur noch das Drachenfeuer leuchtete in der Höhle.
Daugrula blickte zum Haupt des Unkwitt empor. Grautaz wandte ihnen beiden wieder seine ganze Aufmerksamkeit zu, und innerhalb weniger Augenblicke ragte er vor Gulbert und Daugrula auf.
Die Nachtalbe suchte Deckung hinter dem Menschen. Doch Gulbert wirkte so zerbrechlich und nichtig vor dem Unkwitt. Vielleicht hätte sie aus der Höhle fliehen können, während der Drache sich um das Kästchen kümmerte und abgelenkt gewesen war. Aber so, wie Gulbert durch seinen unbedachten Blick König Perbias verraten hatte, hatte er nun den Zorn des Drachen wieder auf sich und auf seine Begleiterin gelenkt.
Was auch immer der menschliche Zauberer mit dem Stab vorgehabt hatte, Daugrula kam zu dem Schluss, dass es eine ganz schlechte Idee gewesen war. Sie bereute das Bündnis, das sie geschlossen hatte - mit den anderen im Allgemeinen und mit diesem Zauberer im Besonderen, der so mächtig wirkte und doch im entscheidenden Augenblick immer genau das Falsche zu tun schien.
Der Drache holte fauchend Luft, und sein Kopf stieß mit weit aufgerissenem Maul vor. Daugrula schaute sich hastig um. Wo war der Ausweg?
»Baskon ... Baskon.«
Baskon schrak von seinem Bett auf. Die dunkle Dame war wieder da. Sie stand in seinem Schlafzimmer und blickte auf ihn herab. Sie war nur mit schwarzen Schleiern bekleidet, so dünn, dass sie in der sanften Nachtluft wehten und kaum etwas verbargen. Ihr Leib glänzte im Mondlicht alabasterweiß, ihre Bewegungen waren geschmeidig, die kleinen Brüste fest und rund, als sie sich ein Stück zu ihm beugte.
»Was liegst du hier im Bett, Baskon?«, fragte sie.
»Was ... was?«, stotterte Baskon. Er kam sich dumm vor. Sein Blick saugte sich an der Erscheinung fest.
Die Dame lachte hell. Während sie auf ihn zutrat, musterte Baskon ihren Körper, vom nachtschwarzen seidenglänzenden Haar, das an den Schultern mit dem nebelhaften Gewand verschmolz, bis hin zu den bloßen zierlichen Füßen, die einen solchen Gegensatz zu den klobigen Bohlen seiner schäbigen Heimstatt bildeten, dass Baskon die Tränen in die Augen traten.
»Na, na«, sagte die Dame lächelnd. Mit einem Finger nahm sie seine Träne auf und hielt sie empor. Sie fing einen Mondstrahl darin, so dass der Tropfen erstrahlte wie ein Edelstein. »Ich hoffe, du vergießt deine Träne nur aus Glück, Baskon. Denn du bist auserwählt.«
»Auserwählt?«, flüsterte Baskon.
Die Dame ließ sich auf der Kante seines Bettes nieder und legte die feingliedrige Hand auf seine Decke. Obwohl er die Berührung nicht spürte, wurde ihm die Brust darunter so eng, dass er kaum atmen konnte.
»Dir steht Großes bevor, Baskon«, sagte die Dame. »Wusstest du das nicht?«
Baskon konnte nur nicken.
»Aber deine Zukunft und deine Bestimmung liegen nicht hier«, fuhr die Dame fort. »Du findest sie hinter den Bergen. Ich warte auf dich.«
Ein grobes Klopfen an der Tür schreckte Baskon aus seinen Träumen. Das geisterhafte Mondlicht verschwand aus dem Raum, und Sonnenstrahlen fächerten in breiten unregelmäßigen Streifen durch die schlecht gezimmerten Läden.
»Baskon!«, brüllte eine Stimme. »Baskon! Ich weiß, dass du da bist!«
Mit einem Ächzen setzte Baskon sich auf. Sein Kopf brummte. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund und spuckte auf den Boden.
»Liegst du noch im Bett, Baskon?«
Schlurfend bewegte er sich durch den Raum, trat von der winzigen Schlafkammer in die nicht
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