Gefährtin der Dämmerung
könnt ihr euch ausruhen ...«, sagte er beiläufig, bevor er die Tür hinter sich schloss.
»Bones, Cat hat recht. Tate war es nicht.«
Es überraschte mich, dass Mencheres meiner Meinung war, aber ich stellte keine Fragen. »Tate würde so etwas niemals tun«, pflichtete ich ihm bei.
»Warum nicht?«, knurrte Bones leise und aufgebracht. »Das ist seine einzige Chance, dich für sich zu gewinnen. Ich an Ta tes Stelle würde jedenfalls alles dafür tun, selbst wenn ich dazu meine engsten Vertrauten hintergehen müsste!«
»Und du würdest es bereuen«, sagte Mencheres.
Einen Augenblick lang sah ich Schmerz in seinem Gesicht aufflackern und fragte mich, ob er an den Mord dachte, den er vor so langer Zeit begangen hatte.
»Man wird nicht automatisch glücklich, wenn man seinen Rivalen umbringt. Manchmal verhindert das sogar, dass man es je wird. Die Erinnerungen an Tote sind weit mächtiger als das Ungemach, das die Lebenden einem bescheren.«
Ich starrte Mencheres an. Sein Gesicht war wieder ausdrucks los, verriet nichts, aber wir alle wussten, was er gemeint hatte.
»Hätte ich meine Macht nicht mit dir geteilt«, fuhr Menche res fort, »wärst du auf diesem Zug umgekommen. Du musst mir vertrauen, denn irgendjemand unter diesem Dach zählt da rauf, dass deine Eifersucht dir die Sicht verstellt.«
Bones tigerte hektisch auf und ab. »Das würde bedeuten, dass einer von denen, die ich wie meine Brüder liebe, etwas gegen mich im Schild führt. Es muss Tate sein.«
»Vielleicht hast du recht.«
Mit dieser Antwort hatte Bones nicht gerechnet. Er blieb ste hen.
Ich kam zu ihm und strich ihm mit den Fingern über die Wangenknochen. »Wenn es so ist«, fuhr ich fort, »ist der Ver räter eingesperrt und kann dir nichts mehr anhaben. Es würde mich hart ankommen, wenn mein Freund etwas so Entsetzli ches getan hätte, und ich würde ihn dafür töten. Aber wenn du falschliegst, gibt es hier irgendwen, der keinesfalls auffliegen will. Der völlig außer sich ist, weil du noch lebst. Eine Heiden angst vor dem hat, was du tun wirst, wenn du ihm auf die Schli che kommst. Wenn du dich geirrt hast, stecken wir alle in der Scheiße. Also, wie sicher bist du dir mit deiner Vermutung?«
Bones warf mir aus zusammengekniffenen Augen einen durchdringenden Blick zu.
»Du weißt, dass ich kein Risiko eingehen werde. Also schön.
Wer es auch war, er wird Patra umgehend wissen lassen, dass ich noch am Leben bin, und versuchen, Tate zum Schweigen zu bringen, bevor der mich von seiner Unschuld überzeugen kann. Zu dritt haben wir keine Chance, etwas dagegen zu un ternehmen.«
Mencheres nickte. »Der Täter soll ruhig weiter glauben, dass wir Täte für den Schuldigen halten. Wir lassen alles, wie es ist.
Wen willst du einweihen?«
Anders ausgedrückt: Wem legst du das Leben aller in die Hände?
»Charles natürlich. Wenn er der Maulwurf ist, treibe ich mir höchstpersönlich einen Pflock durchs Herz. Und Rodney.«
»Annette auch«, sagte ich. »Als es hieß, du bist tot, hat sie gesagt, sie könnte nicht ohne dich leben.«
Mencheres ging zur Tür. »Ich kann nicht länger bleiben, es würde auffallen. Was deinen Gesundheitszustand angeht ... da habe ich übertrieben. Tenoch hat eine Stunde gebraucht, um sich zu erholen, in zwei hatte er seine volle Kraft wiedererlangt.
Bei dir wird es höchstens einen Tag dauern, aber es sollen ruhig alle glauben, du wärst geschwächt.«
»Urahn.« Bones hielt ihn an der nun geöffneten Tür auf.
»Noch einmal vielen Dank.«
Mencheres lächelte. Einen Augenblick lang wirkte er jünger als Bones, an menschlichen Maßstäben gemessen. Bei der knis ternden Aura, die ihn umgab, war mir das noch nie aufgefallen.
»Gern geschehen.«
Bones und ich standen uns im Schlafzimmer gegenüber. Mit einem Mal wusste ich nicht mehr, was ich sagen sollte. Sollten wir die Liste der Verdächtigen durchgehen? Noch einmal über Tates Schuld oder Unschuld diskutieren, weil Bones noch im mer nicht überzeugt wirkte? Oder den ganzen Kram einfach vergessen und versuchen zu schlafen, wie vorgeschlagen?
»Hat Don schon jemand Bescheid gesagt, dass ich euch ge funden habe?«
Damit war die Entscheidung gefallen. Das war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen.
»Nein, aber der kann noch ein bisschen warten. Komm, leg dich mit mir hin, die letzten Tage habe ich mich so nach deiner Nähe gesehnt.«
Bones zog mich mit sich aufs Bett, deckte uns zu und nahm mich in den Arm. Ich streckte die Hand aus und
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