Gefährtin der Dämmerung
Leiche am Bein sich zu einer Telefonzelle schleppt.«
Als ich mir das bildlich vorstellte, musste ich unangemesse nerweise lachen. Das war so ziemlich das Verrückteste, was ich je gehört hatte.
»Wir fanden eine Telefonzelle, aber der Typ hatte kein Geld.
Mein Verstand arbeitete noch nicht ganz richtig - auf diesen Fall war ich nicht vorbereitet gewesen. Ich wusste nur, dass ich mich irgendwie in Sicherheit bringen musste. Ich habe ihn dann gebeten, ein R-Gespräch anzumelden, aber entweder funktio nierte die Nummer nicht, oder es meldete sich keiner. Ich kann mich nur an ein paar Nummern erinnern, die ich gewählt habe: deine, die von Mencheres und die von Charles ... aber ihr wart alle im Ausnahmezustand und nicht erreichbar. Mir fiel nur noch eine Nummer ein, und bei der kam ich durch. Bei Don.«
Mein Onkel? Ich machte große Augen.
Bones schnaubte verlegen. »Ja, er war auch überrascht. Sag te, meine Stimme würde gar nicht nach mir klingen, was auch stimmte. Ich erinnerte ihn daran, dass ich ihm bei unserer ers ten Begegnung angedroht hatte, ihm die Haut abzuziehen wie einer Orange - woran ich mich seltsamerweise noch erinnern konnte; und versicherte ihm, dass ich meine Drohung wahr ma chen würde, wenn er weiter an meiner Identität zweifelte. Don ließ sich von dem Tippelbruder sagen, wo wir waren, und ver sprach zu kommen. Damit ich nicht für jedermann sichtbar auf der Straße herumlag, ließ ich mich von dem Typen in einen Müllcontainer wuchten.
Etwa zwei Stunden später machte Don den Deckel auf. >Hast dir ganz schön Zeit gelassen, alter Knabe<, habe ich gesagt, und da hat er endlich geglaubt, dass ich es war; aber er meinte auch, dass ein Stück Trockenfleisch wie ich ein wenig respektvoller sein sollte. Don hat mich in einen Van geschleift und mir ein paar Blutkonserven gegeben. Ich habe sie alle ausgetrunken und war danach immer noch nicht wieder ganz ich selbst. Auf dem Flug zum Stützpunkt hat Don mir immer wieder Blut gegeben.
Zwölf Stunden hat meine Heilung gedauert.«
»Warum zum Teufel hat er mich nicht angerufen!«
Ich war meinem Onkel wahnsinnig dankbar, aber der Satz war mir so rausgerutscht. Don konnte Bones nicht leiden, das war von Anfang an so gewesen, aber er hatte ihm trotzdem das Leben gerettet. Ich stand für immer in seiner Schuld.
»Erst einmal wusste er nicht, wen er anrufen sollte, er hatte ja von keinem die Telefonnummer. E-Mail-Adressen schon gar nicht, und deine Mails hast du nicht abgerufen, dir hat er näm lich eine geschickt. Und weil ich mich nur so langsam erholte, war er sich nicht sicher, ob ich überhaupt durchkommen wür de. Er wollte dir also keine falschen Hoffnungen machen. Etwa eine Stunde nachdem es mir besser ging, hat Tate Don angeru fen und nach einem Medikament für dich gefragt. Don hat mir dann gesagt, wo die Apotheke ist, und ich musste nur noch Tates Duftspur bis hierher folgen.«
Etwas in Bones' Stimme machte mir verspätet bewusst, dass jemand in diesem Raum fehlte. Selbst meine Mutter trieb sich nahe der Tür herum und tat, als fände sie Bones' Erzählung kein bisschen spannend.
»Wo ist Tate? Und warum hat Don ihn nicht angerufen, so bald feststand, dass es dir besser ging? Mein Onkel hat gewusst, dass er bei mir war.«
Bones sah mir in die Augen. Sein Blick drückte Mitgefühl aus ... und Entschlossenheit.
»Don hat Tate nicht angerufen, weil ich es ihm untersagt habe. Ich wollte schließlich nicht, dass der Mann, der meinen Tod herbeiführen wollte, weiß, dass ich noch am Leben bin.«
2 5
Als mir die ganze verhängnisvolle Bedeutung von Bones'
Worten bewusst wurde, fiel mir auch auf, dass Spade nervös in seinem Sessel herumrutschte. Kurz nachdem er wieder auf getaucht war, hatte Bones ihm etwas zugeraunt, das ich nicht mitbekommen hatte. Andererseits war ich von Bones' Rückkehr so überwältigt gewesen, dass ich nicht einmal gemerkt hätte, wenn eine Elefantenherde angetrabt wäre, von Kampfgeräu schen ganz zu schweigen ...
»Wo ist Tate?«
Erstaunlich, wie man gleichzeitig überglücklich und wütend sein kann.
»Er ist nicht tot«, beantwortete Bones meine Frage. »Er steht unter Arrest, bis er seinen Verrat gesteht, und dann werde ich ihn umbringen.«
»Du glaubst, der Bahnhof war ein Hinterhalt?« Das ergab Sinn. War ja auch ein bisschen zu auffällig, dass genau im rechten Augenblick ein Zug mit einer Horde von Meistervampiren und einer oberfiesen ägyptischen Königin an Bord angerauscht war.
»Außer den hier
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