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Gefährtin der Dämmerung

Gefährtin der Dämmerung

Titel: Gefährtin der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeaniene Frost
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Schulter. »Du bist noch da, mein Freund. Pass besser auf - sonst entwickelst du dich noch zu ei nem echten Ehrenmann.«
    Auch die übrigen Vampire im Haus verliehen ihrer Wieder sehensfreude Ausdruck. In gewisser Weise hatte ich das Gefühl, es sollte mir peinlich sein, dass alle meinen seelischen Zusam menbruch, gefolgt von unserer körperlichen Vereinigung, mit angehört hatten, aber es war mir egal. Zur Hölle mit meinem Schamgefühl! Ich bereute keinen Augenblick, in dem ich Bones noch einmal hatte zeigen können, wie sehr ich ihn liebte, meine Tränen nicht und alles andere ebenso wenig. Das Leben war zu verdammt kurz, um sich Sorgen zu machen.
    Endlich kam Bones wieder zu mir und setzte sich neben mich.
    Ich ergriff seine Hand, weil ich nach wie vor den physischen Beweis seiner Anwesenheit brauchte.
    »Wie ihr wisst, habe ich die Verfolgung des letzten Vampirs übernommen«, begann er zu erzählen. »Er sprang auf das Dach eines vorbeifahrenden Zuges, ich ihm nach, und während wir von Waggon zu Waggon jagten, spürte ich die anderen. Patra war da, und sie hatte eine ganze Waggonladung Meister dabei.
    Das schlaue Biest hat gewusst, dass wir ihre Gegenwart erst bei Einfahrt des Zuges spüren würden. Die Typen sind aufs Dach geklettert und haben mich angegriffen. Brillanter Hinterhalt.
    Ein Nahkampf auf einem fahrenden Zug ist eine heikle Ange legenheit, besonders wenn man dabei andauernd Silberklingen ausweichen muss.«
    Bones erzählte das so locker, dass ich ihn mit großen Augen ansah.
    »Warum bist du nicht abgesprungen und weggerannt?«
    »Überheblichkeit«, war seine knappe Antwort. »Patra war so nah. Ich hätte nur ihre Leibwache ausschalten müssen, und der Krieg wäre beendet gewesen. Ich habe also weitergekämpft, und als nur noch sechs Meister übrig waren, ist es passiert. Einer von ihnen hat ein Messer geworfen, und das traf mich direkt ins Herz. Ich bin vor Schmerz in die Knie gegangen. Der Typ ist gleich wieder in den Waggon geklettert, um Patra zu sagen, er hätte mich erledigt. Erst glaubte ich auch, ich wäre hinüber, aber er hatte vergessen, das Messer herumzudrehen.«
    Mir wurde ganz anders, als ich mir das vorstellte, und erst, als ich etwas Feuchtes an meinen Fingern spürte, merkte ich, dass ich Bones die Nägel ins Fleisch gebohrt hatte, bis er blutete.
    »Verzeihung«, flüsterte ich.
    »Ich weiß noch, wie ich dachte, mein letztes Stündlein hät te geschlagen, und wie wütend ich deswegen war. Ich schaffte es, mir das Messer aus der Wunde zu ziehen, aber verteidigen konnte ich mich nicht mehr. Dann spürte ich eine ganz seltsame Energie; mir wurde schwarz vor Augen, und ich konnte nichts mehr hören. Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass der Zug gerade über eine Brücke fuhr und ich mich vom Dach in den Fluss wälzte. Dann weiß ich nichts mehr.«
    Bones seufzte kleinlaut.
    »Ich muss flussabwärts getrieben sein. Ein Obdachloser hat mich gefunden, wollte wohl sehen, ob ich irgendwas Brauch bares bei mir habe, und als ich aufwachte, hatte ich seine Leiche in den Armen. Ich hatte dem Ärmsten die Kehle rausgerissen und ihn ausgesaugt bis auf den letzten Tropfen. Ein Kumpel von ihm war in der Nähe, an dem ich mich auch noch bediente, bis mein Verstand wieder so weit einsetzte, dass ich mir Einhalt gebieten konnte. Als ich meine Hände sah, war ich entsetzt.«
    Bones unterbrach sich, streckte die Hand aus und musterte sie. Seine Lippen verzogen sich.
    »Ich konnte meine Knochen sehen. Es war, als wäre ich halb skelettiert. Ich konnte mich auf nichts konzentrieren, kaum se hen, hören oder riechen und war schwach wie ein Neugebore nes. Als die Sonne aufging, verlor ich noch einmal das Bewusst sein.«
    »Was zur Hölle war denn mit dir los?«, wollte Ian wissen. »So was habe ich noch nie gehört.«

    »Ich aber«, sagte Mencheres ruhig. »Lass ihn zu Ende er zählen.«
    »Nach Sonnenuntergang bin ich zu mir gekommen und mein unbekannter Leidensgefährte auch. Er wollte fliehen, aber ich habe ihn am Knöchel festgehalten. Ich konnte sprechen, ein ziemliches Kauderwelsch zwar, aber es reichte aus. Ich sagte ihm, er sollte mich irgendwie zu einem Telefon bringen, dann würde ich ihn gehen lassen. Der Typ war natürlich starr vor Schreck. Immerhin hing ihm ein mordlüsternes, halb verrotte tes Skelett am Bein; eigentlich wundert's mich, dass er keinen Herzinfarkt bekommen hat. Wir warteten bis nach Mitternacht, damit keiner mit ansehen musste, wie ein Obdachloser mit ei ner

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