Gefährtin der Dämmerung
sich mit mir über die Hochzeit unterhalten will«, sagte ich verwundert zu Bones, als ich in mein Auto stieg.
Er sah mich ernst an. »Sie würde nie ihre Beziehung zu dir aufs Spiel setzen. Du könntest Satan persönlich heiraten und würdest sie trotzdem nicht loswerden. Sie liebt dich, Kätzchen, obwohl sie es sich für gewöhnlich ums Verrecken nicht anmer ken lässt.« Dann schenkte er mir ein verschmitztes Grinsen.
»Soll ich dich in einer Stunde auf dem Handy anrufen, damit du so tun kannst, als hätten wir eine Krise, falls sie frech wird?«
»Was, wenn mit Tate wirklich etwas schiefgeht?«, fragte ich.
»Ich bleibe vielleicht besser hier.«
»Deinem Kumpel geht's gut. Dem kann jetzt bloß noch ein Silberpflock ins Herz gefährlich werden. Besuche ruhig deine Mutter. Ruf mich an, wenn ich kommen und sie beißen muss.«
Im Stützpunkt gab es im Augenblick wirklich nichts für mich zu tun. Tate würde mindestens noch für ein paar Tage in seiner Zelle bleiben müssen, und aus gegebenem Anlass standen keine Einsätze an. Warum also nicht heute testen, ob es ihr mit unse rer Aussöhnung wirklich ernst war?
»Halte dein Handy griffbereit«, sagte ich scherzhaft zu Bones. Dann fuhr ich los.
Das Haus meiner Mutter lag dreißig Autominuten vom Stützpunkt entfernt, zwar noch in Richmond, aber in einer eher ländlichen Umgebung. Das malerische Umfeld erinnerte an die Gegend in Ohio, in der ich aufgewachsen war. Als ich am Haus ankam und den Wagen parkte, fiel mir auf, dass die Fensterläden einen neuen Anstrich hätten vertragen können. Hatten sie bei meinem letzten Besuch schon so ausgesehen? Gott, wie lange war ich eigentlich schon nicht mehr bei ihr gewesen?
Kaum war ich ausgestiegen, erstarrte ich jedoch. Die Angst kroch mir den Nacken hoch, was nichts mit der Erkenntnis zu tun hatte, dass ich nicht mehr hier gewesen war, seit einige Mo nate zuvor Bones wieder in mein Leben getreten war.
Aus dem Haus drang eine Energie, die besagte, dass mei ne Mutter nicht allein war, und ihr Besuch hatte keinen Herz schlag. Gerade wollte ich nach meiner Handtasche greifen, in der ich stets ein paar Silbermesser hatte, da ließ mich ein tro ckenes Lachen innehalten.
»Ich an deiner Stelle würde das bleiben lassen, kleines Mäd chen«, sagte eine verhasste Stimme hinter mir.
Die Haustür öffnete sich. Im Türrahmen tauchte meine Mut ter in Begleitung eines dunkelhaarigen Vampirs auf, der mir vage vertraut vorkam und ihren Hals beinahe liebevoll umfasst hielt.
Und ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass der Vampir hinter mir mein Vater war.
5
Mein Vater Max stand etwa dreißig Meter entfernt zwischen einigen Bäumen. Ein leichter Wind zauste sein rotes Haar, und seine grauen Augen, die meinen zum Verwechseln ähnlich sa hen, blickten mich unverwandt an. Das eigentlich Faszinierende an ihm war allerdings die Panzerfaust, die er auf der Schulter balancierte. In der anderen Hand hielt er eine Pistole. Die beiden Waffen standen in einem solchen Missverhältnis zueinander, dass ich beinahe in hysterisches Gelächter ausgebrochen wäre.
»Eigentlich wollte ich deine Karre schon in die Luft gejagt haben, bevor du in der Einfahrt ankommst«, informierte Max mich freundlich mit einem Nicken in Richtung Panzerfaust,
»aber dann habe ich gesehen, dass du allein bist. Und welcher Vater würde sich schon die Chance entgehen lassen, ein wenig Zeit mit seinem kleinen Mädchen zu verbringen?«
Wenn man es beim ersten Mal nicht schafft, muss man es einfach immer weiter versuchen. Diese Worte hatte mir Max einige Monate zuvor hasserfüllt entgegengeschleudert, als sein Versuch, mich durch zwei Killer ausschalten zu lassen, aufgeflo gen war. Ich hatte nicht erwartet, dass er jetzt, wo Bones mich zu seiner vampirisch rechtmäßig Angetrauten gemacht hatte, noch einmal die Dreistigkeit besitzen würde, mir nach dem Leben zu trachten. Wie es aussah, hatte ich mich getäuscht.
»Wo ist dein Herr, Max?«, erkundigte ich mich mit ruhiger Stimme. »Ist Ian spät dran? Ist er etwa immer noch schlecht auf mich zu sprechen, weil ich ihm damals durch die Lappen gegangen bin?«
»Ian?« Max lachte. »Der kann mich mal. Ich brauche ihn nicht. Ich habe andere Gönner, kleines Mädchen, und die wol len deinen Tod ebenso sehr wie ich.«
Ich überlegte, ob ich noch einmal versuchen sollte, an meine Messer zu kommen. Auf Max' Gesicht erschien ein eisiges Lä cheln, dem meinen so ähnlich, dass jeder Wildfremde uns als Vater und
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