Gefährtin der Dämmerung
antwortete: »Schon okay, Tate. Du bist ...«
»Ich will nicht, dass du mich so siehstl«, fuhr er mich an, während er sich erneut in seinen Fesseln aufbäumte.
»Kätzchen.« Bones sah zum Bildschirm auf. »Du regst ihn auf. So fällt es ihm noch schwerer, seinen Blutdurst unter Kon trolle zu bekommen. Tu, worum er dich bittet.«
Mein schlechtes Gewissen wuchs. War es purer Zufall, oder spürte Tate, dass mich sein Anblick abgestoßen hatte? Ich war wirklich eine beschissene Vorgesetzte, und eine schlechte Freundin dazu.
»Ich gehe«, sagte ich und schaffte es, meiner Stimme einen ruhigen Tonfall zu verleihen. »Wir ... wir sehen uns, wenn es dir besser geht, Tate.«
Und damit verließ ich den Raum, ohne mich noch einmal umzudrehen, als Tates Schreie erneut begannen.
Ich saß an meinem Schreibtisch und starrte ins Leere, als mein Handy klingelte. Das Display zeigte die Nummer meiner Mut ter an, und ich zögerte. Ich war so gar nicht in der Verfassung, mich mit ihr auseinanderzusetzen. Da es aber ungewöhnlich für sie war, so spät noch auf zu sein, ging ich ran.
»Hi Mom.«
»Catherine.« Sie machte eine Pause. Ungeduldig trommelten meine Finger auf die Schreitischplatte. Dann sagte sie etwas, das mich buchstäblich fast vom Hocker riss. »Ich habe beschlossen, zu deiner Hochzeit zu kommen.«
Ich warf zur Sicherheit noch einen Blick auf das Handydis play, um sicherzugehen, dass ich mich nicht verguckt hatte.
»Bist du betrunken?«, presste ich hervor, als ich wieder der Sprache mächtig war.
Sie seufzte. »Ich wollte, du würdest diesen Vampir nicht hei raten, aber ich habe es satt, dass er immer zwischen uns steht.«
Außerirdische haben sie durch eine Doppelgängerin ersetzt, war mein erster Gedanke. Anders lässt sich das nicht erklären.
»Du ... kommst also zu meiner Hochzeit?«, hakte ich un gläubig nach.
»Das habe ich doch gerade gesagt, oder?«, antwortete sie in gewohnt verärgertem Tonfall.
»Äh. Super.« Was anderes fiel mir nicht ein. Ich war echt platt.
»Du willst nicht zufällig, dass ich dir bei den Vorbereitungen helfe?«, erkundigte sie sich und klang dabei ebenso trotzig wie unsicher.
Jetzt klappte mir vollends die Kinnlade runter. »Doch, gern«, brachte ich hervor.
»Gut. Schaffst du es, heute zum Abendessen bei mir vorbei zuschauen?«
Das passt mir leider gar nicht, wollte ich schon sagen, da be sann ich mich eines Besseren. Auf Tates ausdrücklichen Wunsch hin durfte ich mir noch nicht einmal das Videomaterial anse hen, das ihn im Kampf gegen seine Blutgier zeigte. Bones würde den Nachmittag über unterwegs sein, um Annette vom Flug hafen abzuholen. Solange er weg war, konnte ich also durchaus bei meiner Mutter vorbeischauen und mich hinterher im Stütz punkt mit ihm treffen.
»Ein spätes Mittagessen würde mir besser passen. So gegen vier, vielleicht?«
»Sehr schön, Catherine.« Wieder schwieg sie, als wollte sie noch etwas hinzufügen. Ich rechnete schon fast damit, dass sie April, April! rief, doch es war November, also ein bisschen früh.
»Dann bis um vier.«
Als Bones, der für die nächsten zwölf Stunden in Tates Zelle von Dave abgelöst worden war, bei Tagesanbruch in mein Büro kam, war ich noch immer völlig perplex. Erst wurde Tate zum Vampir, und jetzt fand sich auch noch meine Mutter damit ab, dass ich ei nen heiratete. Heute war wirklich ein denkwürdiger Tag.
Bones bot mir an, mich auf dem Weg zum Flughafen bei mei ner Mutter abzusetzen und mich auf dem Rückweg zum Stütz punkt wieder abzuholen, aber ich lehnte ab. Ich wollte nicht ohne Auto dastehen, wenn die Stimmung meiner Mutter um schlug - was stets zu befürchten stand -, oder unser erstes rich tiges Mutter-Tochter-Gespräch dadurch gefährden, dass Bones in Begleitung einer wildfremden Vampirin auftauchte. Meine Mutter konnte schließlich nicht unbegrenzt viele Blutsauger auf einmal ertragen, und Annette stellte selbst meine Geduld an ihren besten Tagen schon auf eine harte Probe.
Außerdem hätte ich ihr dann auch noch erklären müssen, wer Annette eigentlich war. Mom, das ist Annette. Im siebzehn ten Jahrhundert, als Bones noch auf den Strich gegangen ist, hat sie ihn für Sex bezahlt. Die beiden haben es zwar über zwei hundert Jahre lang miteinander getrieben wie die Karnickel, aber jetzt sind sie nur noch gute Freunde.
Auf keinen Fall würde ich Annette meiner Mutter vorstellen, eher würde ich eine Lobotomie an mir durchführen.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass sie
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