Gefährtin der Dämmerung
ich wusste, dass der äuße re Eindruck täuschte. Im Kampf war er bestimmt ein furcht erregender Gegner.
»Bones, ich habe mit Bestürzung vernommen, dass Patra Ma gie gegen Cat eingesetzt hat. Wie du weißt, ist Vampiren Zau berei verboten. Aber wir haben einen Vorteil. Das Bewirken eines solchen Zaubers wird Patra tagelang schwächen, was uns wiederum Zeit verschafft, gegen sie vorzugehen, wenn es uns gelingt, sie zu finden. Vlad weiß vielleicht, wo sich ein Mitglied ihrer Sippe aufhält.«
Bones warf Vlad einen unterkühlten Blick zu. Der allerdings grinste ihn nur an.
»Hättest nie gedacht, dass du mich mal brauchen würdest, was?«
»Du weißt doch längst, ob du es mir verraten willst oder nicht. Also spuck's aus oder verpiss dich«, antwortete Bones knapp.
Vlads Blick huschte zu mir und dann, seltsamerweise, zu Tate.
»Ich wittere sein Verlangen nach Cat. Er versucht nicht ein mal, es zu verbergen. Kotzt dich ziemlich an, dass einer deiner Leute offen nach deiner Frau giert, was?«
»Hey, Augenblick mal«, mischte ich mich ein. Bones zog nur gereizt die Brauen hoch und knurrte Vlad an: »Was soll das heißen?«
Das schmallippige Grinsen des Vampirs wurde breiter. »Dazu komme ich noch.«
16
Der Nikolaus sieht aus, als hätte er mehr nur als einen Eier punsch intus, dachte ich, als ich an der bunten Menge vorbei schlenderte, die sich für ein Foto mit dem guten alten Weih nachtsmann angestellt hatte. Im Augenblick hätte ich auch nichts gegen ein Gläschen Hochprozentiges einzuwenden ge habt.
Tates Arm schloss sich enger um mich. Ich fühlte mich im mer noch unwohl angesichts dieser körperlichen Nähe zu ihm, aber ich beherrschte mich. Was gaben wir doch für ein hübsches Paar ab.
»Du bist wunderschön«, flüsterte Tate, den Mund dicht an meiner Wange. Seine Lippen wanderten tiefer, bis sie schließ lich auf meinen landeten.
In meinem Job war ich es gewohnt, untote Zielpersonen zu küssen. Hey, wenn man ein geiles Luder auf Männerfang spielt, wird das von einem erwartet. Aber Tate war weder eine Zielper son noch ein Fremder noch sonst irgendjemand, der am Ende der Nacht tot sein würde.
Es sei denn natürlich, mit Bones gingen die Pferde durch, und er brachte Tate um, bevor die Scharade vorüber war.
Tates Lippen fühlten sich kühl an, aber das änderte sich beim Kontakt mit meiner warmen Haut. Er küsste auch nicht schlecht, wie ich mir widerwillig eingestehen musste, obwohl er nicht so weit ging, mir die Zunge in den Hals zu stecken. Ich versuchte, nicht näher darüber nachzudenken, dass ich gera de meinen besten Freund küsste. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, die Sache wie einen ganz normalen Job anzugehen, was mir nicht gelang.
Ein wenig abrupter, als ich es in meiner Rolle hätte tun sollen, wich ich von ihm zurück.
»Äh ... Ich hätte gern eine Zuckerwatte«, stammelte ich.
Tate senkte den Kopf und flüsterte ein einziges Wort.
»Feigling.«
Er hatte recht. Wäre das hier ein Job wie jeder andere gewe sen, hätte ich keinerlei Probleme damit gehabt, ein wenig Lei denschaft vorzutäuschen, ihm die Fangzähne mit der Zunge zu polieren und der Glaubwürdigkeit halber womöglich sogar sei nen Arsch zu begrapschen. Aber vor mir stand Tate , und das be deutete, dass ich längst nicht so unvoreingenommen wie sonst an die Sache herangehen konnte. Von meiner emotionalen Dis tanzlosigkeit einmal abgesehen lebte ich auch in der ständigen Furcht, Bones könnte irgendwo auftauchen, um Tate den Kopf abzureißen.
Ja, Vlad hatte ganz recht. Absolut niemand würde auf die Idee kommen, Bones würde mich mit einem Typen auf den Rummel gehen lassen, den er so hasste.
Über uns erklang das ausgelassene Gekreische der Kinder, die im Teetassenkarussell gerade besonders wild herumgewir belt wurden. Von der Walzerbahn zu unserer Linken hörte man ähnliches Gejuchze. Die vielen anderen Fahrgeschäfte, das Stimmengewirr der Besucher, die lautstarke Weihnachtsmusik und das metallische Kreischen der Maschinen trugen das Ihre zu dem lärmenden Durcheinander bei.
Vlad zufolge musste sich irgendwo in diesem ganzen Rum mel auch Anthony, einer von Patras Spießgesellen, aufhalten.
Anthony liebte Weihnachtsmärkte. So sehr sogar, dass er nicht mal die Klugheit besaß, sich während des Krieges von ihnen fernzuhalten. Aber andererseits glaubte wohl jeder, dass es im mer die anderen waren, die erwischt, verraten, verfolgt oder er mordet wurden. Ich selbst auch. Nie im Leben wäre ich auf die
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