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Gefährtin Der Finsternis

Titel: Gefährtin Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Blue
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glaubte, es gäbe eine Möglichkeit, seinen Fluch in Charmot zu brechen, würde er es nicht wagen zu gehen, bevor er sie nicht gefunden hatte. Aber warum sollte sie wollen, dass er bliebe? »Was habt Ihr getan, um verflucht zu werden, Simon?«, fragte sie noch einmal und wandte sich ihm zu. »Habt Ihr getötet?«
    Hätte eine andere Frau ihm diese Frage gestellt, hätte sie ihn geprüft, bevor sie ihm gestattet hätte, in ihrem Heim zu bleiben, hätte Simon sofort gewusst, dass er es verneinen musste, hätte den arglosen Büßer gespielt, um sie zu beruhigen. Aber etwas in Isabels Augen sagte ihm, dass sie das nicht wollte. »Ja«, antwortete er und begegnete ihrem Blick. »Häufiger, als ich mich erinnern kann, häufiger, als ich zählen könnte.«
    »Und würdet Ihr es wieder tun?«, drängte sie ihn, während ein Schauder sie durchlief. Er war vielleicht wie ein Priester gekleidet, er war vielleicht wunderschön, er trug vielleicht nicht einmal ein Schwert, aber als sie nun in seine Augen sah, als er ihr antwortete, zweifelte sie keinen Moment daran. Dieser Mann war ein Mörder. »Wenn Ihr wieder töten müsstet, könntet Ihr es dann tun?«
    »Ja«, antwortete er, ein Lächeln kräuselte kaum seine Mundwinkel. »Wenn ich töten müsste, könnte ich es.«
    »Dann kommt«, sagte sie und erwiderte sein Lächeln. Wenn er glaubte, es gäbe eine Möglichkeit, seinen Fluch auf Charmot zu brechen, dann würde er das Schloss beschützen wollen, bis er sie fände. Und wenn Michel inzwischen auftauchen sollte, würde sie Simon klarmachen, dass die Katakomben, in denen seine Heilung verborgen lag, beschützt werden müssten. »Ich werde es Euch zeigen.«
    Sie führte sie durch die Halle wieder hinaus und eine Wendeltreppe hinab in einen unterirdischen Keller. »Dort drüben ist eine Tür«, sagte sie und deutete an einigen Fässern vorbei in eine dunkle Ecke. »Sie führt zum See hinter dem Schloss hinaus.« Aber sie ging in die entgegengesetzte Richtung zu einer anderen, kleineren Tür – Simon musste sich ducken, um ihr zu folgen. Dahinter befand sich eine weitere, weitaus ältere, in den natürlichen Fels gehauene Treppe. Er schaute zu Orlando, und der kleine Zauberer lächelte.
    »Ich werde Euch vermutlich den Schlüssel borgen müssen«, sagte Isabel und reichte Simon die Fackel. Er wirkte so aufgewühlt, wie sie sich fühlte, das erkannte sie plötzlich. Hatte er dieselbe starke Macht empfunden wie sie, als er sie berührte? Sie versuchte, sich genau daran zu erinnern, was sie gerade zueinander gesagt hatten, als Orlando in den Sonnenraum kam, aber das war schwierig, als wäre es ein Traum gewesen. Sicher schien nur, dass er ihr Schwarzer Ritter sein sollte. »Wenn der Geist meines Vaters Euch hierhergerufen hat, dann waren diese Katakomben der Grund dafür.«
    Simon beobachtete, wie sie einen eisernen Schlüssel in ein Steinrelief einpasste, das an ein Bildnis an einem Grabmal erinnerte, ein Mann in einer Robe, der ein Schwert oder einen Streitkolben hielt. Die Spinnweben machten es unmöglich, das genau zu entscheiden. »Guten Abend, Joseph«, sagte sie und drehte den Schlüssel schwungvoll um. »Ich habe Euch einen weiteren Gelehrten gebracht.« Die Steintür schwang auf und gab den Blick auf einen kreisrunden Raum frei.
    »Diese Höhlen gehörten den Druiden«, erklärte Isabel und zündete die Kerze ihres Vaters an. »Mein Vater gestaltete mit ihren Aufzeichnungen sein Arbeitszimmer.« Sie wandte sich wieder Simon und Orlando zu, die sie beide verwundert betrachteten. »Wenn er glaubte, dass es für Euch auf Charmot Hilfe gäbe, dann ist dies der Ort, wo Ihr sie finden werdet.«
    »Ich danke Euch, Mylady«, erwiderte Simon, der schließlich wieder sprechen konnte. Was auch immer sonst zwischen ihm und dieser Frau vorgegangen sein mochte, diese Höhlen mussten gewiss der Grund dafür sein, dass er den Weg nach Charmot gefunden hatte. Von allen heiligen und unheiligen Orten, die Orlando und er auf ihrer Suche nach dem Kelch gesehen hatten, glaubte er hier zum ersten Mal, tatsächlich etwas finden zu können. Der Raum war von steinernen Truhen gesäumt, die mit uralten Runen wie die auf Kivars Karte versehen waren. Drei weitere Tunnel gingen von ihm ab, so dass mit der Tür, durch die sie gekommen waren, ein Kompasskreuz entstand.
    »Nennt mich Isabel«, sagte sie. »Ich bin Eure Cousine, erinnert Ihr Euch? Und dankt mir noch nicht. Jede dieser Truhen ist randvoll mit Schriftrollen, in einer Sprache geschrieben, die

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