Gefährtin Der Finsternis
wirklich verflucht hat, nein, aber ich glaube, dass er es glaubt. Und wenn er denkt, Charmot sei das Heilmittel, dann umso besser. Er wird uns helfen, Brautus. Ich weiß es.« Sie hielt inne, war sich noch immer nicht sicher, ob sie ihm auch den Rest erzählen sollte. »Ich habe ihn gefragt.«
»Ihn was gefragt?«, wollte er stirnrunzelnd wissen.
»Ich habe ihn gefragt, warum er verflucht worden ist«, antwortete sie. »Ich habe ihn gefragt, ob er ein Mörder ist, und er sagte ja, das sei er. Ich fragte ihn, ob er wieder töten könne, wenn er es tun müsse, und er sagte, er könne es.«
»Gütiger Gott«, wiederholte er. »Das ist alles meine Schuld.« Er schob sein Frühstück unangetastet beiseite. »Ich hätte dich den ersten kleinen Schwächling heiraten lassen sollen, den der König schickte, um dich zu fordern, und gut – er wäre inzwischen zweifellos tot und begraben, und du wärst frei.«
»Mach dich nicht lächerlich«, höhnte sie.
»Du warst einfach noch so jung«, fuhr er fort, als hätte er sie nicht gehört. »Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass du die Ehefrau eines fremden Mannes würdest, noch nicht … und jetzt ist es so weit gekommen.« Seine hellblauen Augen wirkten müde und traurig, als sie schließlich den ihren begegneten. »Du sagst, dieser Mann habe zugegeben, ein Mörder zu sein – Gott schütze uns. Was ist, wenn er auch ein Lügner ist?«
»Dann ist er ein Lügner. Welchen Unterschied würde das schon machen?« Sie erhob sich von der Bettkante. »Er hat nicht einmal ein Schwert, Brautus. Ich habe keine Angst vor ihm. Und wenn er uns helfen wird, wenn er Charmot verteidigen wird, kümmert es mich nicht, ob er ein Aussätziger oder eines dieser anderen Dinge ist, die du genannt hast. Und wenn nicht …« Sie wollte nicht einmal daran denken. Sie wollte glauben, wie sie gestern Abend geglaubt hatte, dass ihre Probleme gelöst wären, dass sie endlich aufhören könnte, sich Sorgen über die Zukunft zu machen, wenigstens für eine kleine Weile. War das zu viel verlangt? »Wenn Simon ein Lügner ist und er uns nicht helfen wird, werde ich dann schlimmer dran sein als zuvor? Wenn irgendein Schurke kommt und mir Charmot fortnimmt, was macht es dann, wenn ein Lügner in unseren Katakomben sitzt?«
»Was ist, wenn dieser Simon der Schurke ist?«, fragte Brautus freundlicher. »Was ist, wenn all seine Geschichten nur eine List sind, um ins Schloss zu gelangen, ohne kämpfen zu müssen? Was ist, wenn er derjenige ist, der gekommen ist, um Charmot und dich für sich einzufordern?«
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf und wandte ihrem Beschützer den Rücken zu. »Wenn er Charmot hätte einnehmen wollen, dann hätte er es gestern Abend tun können. Wenn er mich dazu hätte bringen wollen, ihn zu heiraten oder …« Sie brach mit bitterem Lächeln ab. »Vertrau mir, Brautus. Das hat er nicht getan.«
»Dann ist er ein umso größerer Narr.«
»Und ich bin froh darüber.« Sie wandte sich lächelnd wieder zu ihm um. »Du brauchst nicht so zu tun, als wäre es nur mein Fehler, dass er durch das Tor gelangt ist, weißt du.« Sie nahm die Schale und den Löffel und setzte sich wieder aufs Bett. »Du hast ihn und Orlando passieren lassen.«
»Nein, das tust du nicht«, schalt Brautus und nahm sein Frühstück wieder an sich. »Ich bin noch nicht so schwach, dass ich mich von dir füttern lassen muss.« Er nahm einen Löffel voll. »Ich wollte ihn nicht vorbeilassen, wenn du es wissen willst. Das war Malachi.«
»Malachi?«, fragte sie lachend. »Brautus, Malachi ist ein Pferd.«
»Als dein Freund Simon die Zugbrücke betrat, glaubte ich, dass ich nicht einmal eine Hand erheben müsste, um ihn abzuweisen. Ich dachte, das Pferd würde genügen«, antwortete er. »Malachi riss sich los und bäumte sich auf, als wollte er Simon ein Loch in den Schädel schlagen, so wild wie ein ungezähmtes Fohlen.«
»Ich habe gesehen, wie er sich aufbäumte«, räumte Isabel ein. »Aber ich dachte, du hättest ihn dazu gebracht.«
»Nicht ich – ich konnte mich gerade so im Sattel halten.« Sein Blick begegnete erneut dem ihren. »Dann hat er ganz plötzlich seine Meinung geändert. Er hat diesem Simon gegenübergestanden als … Es war, als hätte er sich vor ihm verbeugt.« Seine Miene umwölkte sich, und sie hörte seine Stimme zittern. »Du bist zu jung, um dich daran zu erinnern, Kind, aber sein Vater pflegte sich so vor deinem Vater zu verbeugen, damals, in den Kriegszeiten. Darum habe ich
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