Gefährtin Der Finsternis
ängstigte ihn. Er konnte es sich nicht leisten zu fühlen. Aber irgendwie musste er sie erreichen, musste sie davon überzeugen, ihm zu glauben und ihm zu gestatten zu bleiben, bis der Kelch gefunden wurde. »Er sagte, er sei mein Verwandter. Er nannte den Namen meines Vaters. Er sagte, sein Blut flösse in meinem verfluchten Herzen, und er würde mir helfen. Er sagte, hier wäre Weisheit, die mich wieder ins Licht zurückführen könnte.«
»Nein«, beharrte Isabel. »Hier ist nichts.« Die Katakomben, dachte sie, konnte nicht umhin. Vielleicht meinte er die Katakomben … aber nein. Ihr Vater hätte seine Geheimnisse nicht mit diesem Fremden geteilt, auch wenn er ein Verwandter war. Die Weisheit der Druiden war zu kostbar. Er hatte sie stets verborgen gehalten, sogar vor Isabel selbst. »Hier ist nichts«, wiederholte sie.
»Isabel, bitte.« Simon konnte erkennen, dass sie log. Er konnte es genauso spüren, wie er Böses in der Luft spürte, wenn es nahe war, genauso wie er die Güte in ihrem Herzen spürte. Er könnte sie zwingen, ihm die Wahrheit zu sagen, sie bannen oder ihre Geheimnisse sogar aus ihrem Blut stehlen, sie aus ihrem Herzen ablassen. Aber er wollte sie nicht verletzen. Er wollte, dass sie ihm vertraute, mehr als er seit zehn langen Jahren etwas gewollt hatte.
»Ich sagte, hier ist nichts«, wiederholte sie. »Ihr solltet von hier fortgehen, Simon, jetzt, sofort …«
»Ich kann nicht«, unterbrach er sie. »Ich werde nicht gehen.«
»Der Schwarze Ritter wird Euch zwingen«, beharrte sie, Zornestränen stiegen in ihren Augen auf, die sie noch wütender machten – sie weinte niemals, niemals. Warum sollte sie jetzt weinen? »Er wird Euch töten …«
»Das wird er nicht tun«, unterbrach er sie erneut. Er hob gegen seinen Willen die Hände und legte sie um ihr Gesicht, zwang sie, ihm in die Augen zu sehen, und der mächtige Hunger durchströmte ihn erneut, vermischt mit einem Brennen, als berührte er etwas Heiliges. »Hört mir zu, Isabel«, sagte er, wobei sich der Tonfall in seine Stimme schlich, den er benutzte, um seine Opfer zu bannen. »Ihr wisst, dass er das nicht tun wird. Der Schwarze Ritter kann mich nicht töten.«
»Kann Euch nicht töten …« Sie fühlte sich benommen, konnte kaum atmen. Schickt mir meinen wahren Schwarzen Ritter, hatte sie zu den Druiden gebetet. Schickt mir einen Dämon, der unsere Zuflucht beschützt. Ich bin verflucht, hatte dieser Mann gesagt, von Gott verflucht. Ich muss das Licht aufgeben. »Ihr seid der Schwarze Ritter«, sagte sie leise, kaum so laut wie ein Flüstern. »Mein Vater hat Euch zu mir geschickt.«
»Ja«, antwortete Simon, der sie kaum hörte, so verloren fühlte er sich in ihrem Blick. Sie vertraute ihm. Diese Arglose glaubte ihm. Erlöse diesen Büßer, hatte sie gebetet, als er durch ihr Tor trat. Rette ihn vor diesem Dämon. Aber er brach die Trance nicht, der Zauber verweilte noch in seiner Stimme, bannte diese Frau, beugte sie seinem Willen. »Euer Vater hat mich zu Euch geschickt.«
»Mylord!« Die Tür des Sonnenraums öffnete sich, und Orlando kam herein und unterbrach die Trance. »Habt Ihr Lady Isabel von Eurer Vision erzählt?«, fragte er und gab den Respekt eines Dienstboten vor, während seine Augen tadelnd funkelten.
»Das hat er«, antwortete Isabel. Sie entfernte sich von Simon, und ihr Herz schlug schneller, aber sie fühlte sich auch ruhiger, nun da sie die Wahrheit kannte. »Er sagt, es sei Weisheit in diesem Schloss, die ihn von seinem Fluch befreien könnte.« Hatte Simon überhaupt erkannt, warum ihr Vater ihn hierhergeschickt hatte? Er sprach von seinem Fluch, davon, etwas Weisheit zu brauchen, irgendeine Möglichkeit, den Fluch zu brechen –, aber was wäre, wenn er wüsste, dass sein Fluch nur bestand, um sie zu beschützen? Würde er dann dennoch bleiben?
»Zumindest wurde ihm das in einer Vision mitgeteilt«, stimmte Orlando ihr zu. Der Zwerg sah noch immer Simon an, wartete offensichtlich darauf, dass er etwas sagen würde, aber der Vampir konnte es nicht. Er hatte in seinen Nächten voll Dunkelheit Hunderte von Sterblichen gebannt, aber er hatte die Trance stets unter Kontrolle gehabt. Er hatte sich niemals selbst gebannt gefühlt. Welche Magie spürte er im Blut dieser Arglosen? Welche neue Versuchung winkte aus ihrem Blick?
»War seine Vision wahr, Mylady?«, fragte Orlando schließlich. »Gibt es auf Charmot Weisheit?«
»Vielleicht«, antwortete Isabel, und ihre Gedanken rasten. Wenn Simon
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