Gefaelschtes Gedaechtnis
versuchen Sie nicht, mich davon abzubringen«, erwiderte sie und fing an zu lachen. »Ich gönn mir ganz gern mal was.« Sie stieß einen theatralischen Seufzer aus. »Einhundert Dollar ... Mist!« Die Frontscheibe beschlug, und sie wischte mit dem Handballen darüber.
»Wo fahren wir jetzt hin?«
»Ich hab ein Zimmer in einem Hotel am Washington Square reserviert. «
»Prima.«
Sie lachte. »Abwarten. Es kostet bloß 85 Dollar die Nacht.«
26
D as Hotel war eine Absteige.
Ihr Zimmer — »mit Kochnische« — war deprimierend. Auf den Betten lagen bedenklich aussehende Chenille-Tagesdecken, die anscheinend einmal orange gewesen waren. In der Ecke stand ein niedriger Tisch. Ein senffarbener, ziemlich schmuddeliger Sessel vor dem Fenster war mit Brandlöchern gesprenkelt, und daneben stand ein uralter Fernseher auf einem Schränkchen.
Die Küche, die durch eine Arbeitsplatte aus Resopal abgetrennt war, bestand aus einer Spüle, einem Kühlschrank, der geräuschvoll vor sich hin brummte, und billigen Hängeschränken, in denen Plastikteller und -tassen gestapelt waren.
Adrienne öffnete den Kühlschrank und warf einen Blick hinein. Zum Glück war nichts zu entdecken außer einer Eiswürfelschale. »Ich find's furchtbar hier«, sagte sie.
Duran klemmte einen Stuhl unter den Türknauf.
Am Morgen fuhren sie mit der U-Bahn zum Pasteten Medical Center. Die Empfangssekretärin schob ein Fenster auf und schenkte Duran ein breites Lächeln. »Oh ja«, sagte sie. »Duran. Bei Ihnen soll die ganze Palette gemacht werden, nicht? Einen Moment, ich ruf eben Victor.«
Kurz darauf kam ein Latino mit scharf geschnittenen Zügen durch die Tür. Er trug einen blaugrünen Krankenhauskittel, sein Gesicht schien einem aztekischen Fries entnommen zu sein. »Wenn Sie Melissa die Einwilligungserklärung geben«, sagte er, »können wir loslegen.« Dann wandte er sich Adrienne zu. »Sind Sie Mrs. Duran?«
Sie spürte, wie ihr Gesicht anfing zu glühen. »Nein«, sagte sie ein wenig zu hastig. »Nur eine Freundin.«
»Es hat wenig Sinn, wenn Sie hier warten«, erklärte er. »Das Ganze wird nämlich eine Weile dauern. Könnten Sie vielleicht um vier wiederkommen?«
Als Adrienne gegangen war, wurde Duran Puls und Blutdruck gemessen, dann führte man ihn in ein Untersuchungszimmer, wo er darauf wartete, aufgerufen zu werden.
Das Zentrum für Radiologie war der Traum jedes technophilen Menschen, ein Wald aus Computern und Dioden, Oszilloskopen und hellgrauen Geräten, die modern und prähistorisch zugleich wirkten.
Der CAT-Scanner kam als Erstes.
Duran musste sich hinlegen. Man befestigte eine Halterung am Kinn, sodass er den Kopf nicht mehr bewegen konnte. Er bekam ein Gummiding in den Mund und wurde angewiesen, fest darauf zu beißen, um den Kopf möglichst reglos zu halten. Bewegung, so erfuhr er, war der Feind. Also lag er da wie ein gefällter Baum, spürte plötzlich jedes Jucken und Prickeln, war wild entschlossen, sich nicht Zu rühren, und wurde von dem ununterbrochenen, ermutigenden Geplapper seiner Röntgenassistentin-Krankenschwester-Animateurin unterstützt.
Sie bediente ein Gerät, das an der Armatur um seinen Kopf herum auf einer Schiene lief und eine Serie von 48 Querschnittsaufnahmen seines Schädels machte. Das Gerät bewegte sich mit einem durchdringenden Surren, und es fiel ihm schwer, nicht zu zucken, wenn es einrastete und dann klickte und klackte, um ein Bild aufzuzeichnen.
Während er der Assistentin lauschte, fiel ihm auf, dass sie genau den gleichen Tonfall hatte, in dem manche Menschen mit Hunden und Kleinkindern sprechen.
Nach dem CAT schnappte sich eine Inderin sein farblich markiertes Patientenblatt und führte ihn in einen Raum, auf dessen Tür »Kernspintomografie« stand.
Diesmal lief es nicht ganz so glatt.
Zu dem Untersuchungsgerät gehörte ein langer Tisch, der in eine große, sargähnliche Trommel gefahren wurde. Duran musste sich auf den Tisch legen und bekam eine Art Football-Helm aufgesetzt, der wiederum mit einem Plastikgitter verbunden war, das Durans Gesicht bedeckte. Die Röntgenassistentin drückte ihm ein Ding in die Hand, das als Alarmvorrichtung dienen sollte, und sagte, er solle den Panikknopf drücken, falls er klaustrophobische Zustände bekäme. Dann bat man ihn, ganz ruhig zu liegen und nicht auf das klopfende Geräusch zu achten, das der Apparat machen würde.
So weit, so gut. So weit, kein Problem.
Dann drückte die Schwester auf
Weitere Kostenlose Bücher