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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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meine, ich muss diese Leute wirklich sprechen.«
    »Lady«, sagte der Mann, »was meinen Sie wohl, wozu Leute die Dinger da mieten?« Er deutete mit einer ausladenden Handbewegung auf die Fächerreihen. Es war eine rhetorische Frage, aber Adrienne antwortete trotzdem.
    »Damit sie da ihre Post bekommen.«
    Der Mann sah sie an, drehte dann das Paket herum, überprüfte es von allen Seiten. Schließlich warf er es in eine weiße Plastikkiste, auf die UPS gekritzelt war.
    »Die mieten die, weil es eine diskrete Möglichkeit ist, Post zu kriegen. Diskret«, wiederholte er. »Wenn Sie eine Telefonnummer haben wollen, rufen Sie die Auskunft an.«
    »Die Firma ist nicht verzeichnet«, erwiderte Adrienne. »Das hab ich schon probiert.«
    Der Mann grinste sie bedauernd an. »Tja, dann ... Deshalb hab ich ja gesagt, Sie sollten 'nen Brief schreiben. Wenn die Lust hätten, mit Leuten zu reden, würden sie wahrscheinlich kein Fach bei uns mieten.«
    Sie gingen noch einmal zum Wagen, um Geld in die Parkuhr zu werfen, und als sie wieder in Dr. Shaws Büro waren, Wurde Adrienne vor die Wahl gestellt, entweder im Empfangsbereich zu warten oder später wiederzukommen.
    »Ich denke, ich geh joggen«, sagte sie. »Der Central Park ist ja ganz in der Nähe.« Sie holte ihre Sportsachen aus dem Auto, zog sich auf der Damentoilette vor Shaws Büro uni, fuhr mit dein Aufzug nach unten und überließ den Psychiater und Duran sich selbst.
    Sie genoss es, im Central Park zu laufen. Die Distanz war ganz nach ihren Geschmack, etwa zehn Kilometer, und es war irgendwie herrlich, unter einem Baldachin aus Wolkenkratzern und Bäumen dahinzutraben.
    Sie lief eine Stunde lang und musste ein paar Mal umkehren, weil sie an der falschen Parkseite rauskam_ Jedes Mal lief sie denselben Weg zurück, den sie gekommen war, und dachte, du Idiotin! Was, wenn du dir den Fuß umknickst? Du hättest ein bisschen Geld mitnehmen sollen, zumindest zum Telefonieren. Und überhaupt, du solltest besser aufpassen.
    Die Empfangssekretärin, eine punkig aussehende junge Frau mit blauen Fingernägeln und hennagefärbtem Haar, machte um sechs Feierabend.. Nachdem sie fort war, ging Adrienne an den verlassenen Schreibtisch und bestellte telefonisch ein Zimmer in einem der Hotels, deren Nummern sie am Vorabend aufgeschrieben hatte. Dann zog sie sich wieder ihre normale Kleidung an und las im Newsweek . Um halb acht, als sie den New Yorker halb durch hatte, machte sie sich langsam Sorgen. Zweimal stand sie von der Couch auf und lauschte an Shaws Bürotür. Aber die Tür war massiv, und sie konnte bloß ein leises Murmeln hören.
    Es war Viertel vor neun, als sie schließlich herauskamen, und der Klang ihrer Stimmen erschreckte sie dermaßen, dass sie aufsprang, so nervös und neugierig, wie Verwandte im Wartebereich eines Krankenhauses es häufig sind.
    Shaw lächelte ihr zu, und sie sah ihm an, dass er aufgeregt war. Duran dagegen wirkte erschöpft. Er sah blass und müde aus.
    »Es ist anstrengend«, sagte Shaw, »aber es tut nicht weh.« Er blickte Adrienne an, hob beide Hände und entschuldigte sich dafür, dass sie so lange warten musste. »Ich bin völlig baff«, erklärte er, »aber faszinierter denn je. So etwas hab ich noch nicht erlebt! Und wie ich schon zu Jeff sagte, ich würde morgen Vormittag gerne ein paar Tests machen. Nichts allzu Anstrengendes —«
    Adrienne unterbrach ihn. »Aber Sie haben doch bestimmt schon eine Vermutung. Ich meine, Sie beide waren immerhin stundenlang da drin.«
    Shaw seufzte, schob die Finger ineinander und reckte die Arme hoch über den Kopf. Dann schloss er die Augen und ließ den Kopf kreisen. Schließlich senkte er die Arme wieder, rollte mit den Schultern und sagte: »Ich würde vorschlagen, wir setzen uns.«
    Was sie auch taten.
    »Das Ganze ist äußerst merkwürdig«, begann Shaw. »Zu Anfang bin ich von einer amnestischen Fugue ausgegangen und war vor allem an deren Dauer interessiert, aber —«
    »Sie haben Ihre Meinung geändert«, stellte Adrienne fest.
    Shaw nickte.
    »Und was denken Sie jetzt?«
    »Ich denke, dass ich nicht weiß, was ich denke. Ich kann ehrlich behaupten, dass mir so etwas wie Jeffreys Verstand noch nie untergekommen ist. Er weiß nahezu nichts über seine Vergangenheit, und das, was er weiß, ist eher auswendig gelernt. Als hätte er ein Buch über sich gelesen und sich die Einzelheiten eingeprägt.«
    Adrienne blickte Duran an.
    »Ich bin ein faszinierender Fall«, erklärte Duran mit einer Stimme

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