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Gefaelschtes Gedaechtnis

Titel: Gefaelschtes Gedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John F. Case
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sich Nachschub zu besorgen, als sie in ... wo auch immer sie gewesen war, als sie Placebo 1 eingenommen hatte.
    Irgendwo, wo es warm war. Sonnig. Palmen. Kalifornien!
    Aber warum war sie in Kalifornien gewesen? Um irgendwen zu besuchen.. Irgendwen zu finden. Aber wen? Warum? Sie konnte sich nicht erinnern. Und das war genau das Problem mit Placebo 1. Es war wirklich Gift für das Gedächtnis. Sie setzte sich an den Tisch, klappte den Computer auf und schob den On-Schalter nach vorne. Als der Rechner sein Startprogramm durchlaufen hatte, gab sie die erforderliche URL ein und wartete, dass die Seite geladen wurde. Gleich darauf erschienen die vertrauten Worte:
    Unbekannter Server
    Browser kann URL nicht finden

    Sie zog den Überzug aus der Tasche, stülpte ihn über den Monitor — und hielt inne. Eine ganze Weile saß sie da, starrte auf den fast leeren Bildschirm. Und dann schaltete sie impulsiv und irgendwie trotzig den Computer aus und stand auf. Sie ging zum Schrank im Flur, griff sich ihre Inlineskates und verließ die Wohnung mit der vagen Idee, zur Apotheke zu fahren. Doch als sie dort ankam, rollte sie einfach daran vorbei und ließ sich treiben.
    Sie wusste es nicht, aber ein Teil von ihr war im Begriff, eine Entscheidung zu treffen, eine Frage zu beantworten, die zu stellen Nico selbst nicht den Mut gehabt hatte, und sie hätte geschworen, dass es diesen Teil von ihr gar nicht gab. In ihrer Seele oder ihrem Unterbewussten tobte ein Streit, und dieser Streit brachte all die Energie hervor, die sie brauchte, um sich schneller zu bewegen als der fließende Verkehr, um an Georgetowns Edelrestaurants und Schickimickibars vorbeizusausen, an Läden, die Bücher und japanische Drucke, kunsthandwerkliches Spielzeug und Liebestränke verkauften.
    Sie liebte Inlineskating, dieses anmutige Schweben, das Vorübergleiten von Gesichtern, Bäumen und Gebäuden wie in einer Art Fotomontage, flüchtige Eindrücke, die kaum haften blieben. Irgendwie nahm dieses sanfte Dahinrollen der Stadt alles Kantige.
    Als sie sich dem Four Seasons Hotel näherte, schwenkte sie in südliche Richtung und fuhr in den Rock Creek Park. Dort jagte sie am Kennedy Center vorbei, machte kehrt und fuhr wieder zurück, wie eine Eisschnellläuferin, den rechten Arm in rhythmischem Takt vor- und zurückschwingend. Als sie die alte Mühle erreicht hatte, knapp oberhalb der Porter Street, war der Streit in ihrem Innern beendet, und sie war spürbar erleichtert. Genug, dachte sie. Es ist vorbei.
    Sie änderte die Richtung und steuerte heimwärts, beschwingt von der Aussicht auf ein warmes Bad. Ich nehme das Rosmarin-Badegel, dachte sie und stellte sich den Duft und das Aroma vor.
    Ihre Kopfschmerzen waren verschwunden.
    Während das Badewasser einlief, rief sie bei Adrienne zu Hause an, wohl wissend, dass ihre Schwester noch arbeitete, und sprach eine Nachricht auf den Anrufbeantworter.
    »Hallo A«, sagte sie. »Ich bin's, Nikki. Ich hoffe, du hast unser Essen heute Abend nicht vergessen - es ist regenbogen importante ... «
    Sie trafen sich jeden zweiten Dienstag zum Abendessen, abwechselnd bei Adrienne oder Nico, außer, wie es gelegentlich vorkam, eine von ihnen hatte zu viel um die Ohren (wie Adrienne in letzter Zeit) oder war nicht gut drauf (wie Nico manchmal).
    »Regenbogen« war ein Geheimwort, das Adrienne erfunden hatte, als sie noch ganz klein war, höchstens vier oder fünf, und das sich bis heute zwischen ihnen gehalten hatte. Das Wort verlieh allem, was es beschrieb, zusätzliche Dringlichkeit oder höheren Wahrheitsgehalt und mehr Gewicht. (Du findest den Typen gut - regenbogengut? Und ob. Die Mathearbeit werd ich total verhauen. Regenbogentotal? Garantiert ...)
    Nachdem sie die Nachricht für ihre Schwester auf Band gesprochen hatte (»Ich seh dich dann um acht, okay?«), ging sie raus auf den Balkon und machte im Außenkamin Feuer. Inzwischen ging die Sonne unter, malte einen violett-orangefarbenen Wirbel auf den Himmel, der sie an Gauguin erinnerte. Während sie einige zusammengedrehte Zeitungen in den Bauch des Kamins stopfte, überlegte sie vergeblich, an welchen Gauguin. Kreuz und quer über das Zeitungspapier legte sie ein paar Späne Kleinholz zum Anzünden und krönte das Ganze mit einem Scheit Piñon-Holz. Dann entzündete sie ein Streichholz und sah zu, wie ihre Konstruktion aufloderte. Ich bin ja ein richtiger Pfadfinder, dachte sie.
    Sie ging wieder hinein und sah nach dem Badewasser. Es roch herrlich, und sie sah mit

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