Gefärhlich tiefe Sehnsucht (German Edition)
sich um. Rosalyn lag in ihrem Bett, und in ihren blauen Augen lag ein Ausdruck tiefer Enttäuschung.
„Warum?“, fragte Rosalyn. Sie konnte nicht glauben, was sie eben mit angehört hatte. „Du kannst Longhorn retten und tust es nicht. Warum?“
Regungslos blieb er auf der anderen Seite des Raumes stehen. Sobald Joc erkannte, dass sie wach war und seine Unterhaltung mit MacKenzie mitgehört hatte, wurde seine Miene undurchdringlich. „Tut mir leid, Rosie. Ich kann es nicht tun. Und ich kann dir auch nicht den Grund erklären.“
„Kannst du nicht – oder willst du nicht?“
„Such es dir aus.“
Sie verstand seine Haltung nicht. Ihr war ein Rätsel, weshalb er nicht einfach nachgab. Dieser Mensch hatte keine Ähnlichkeit mit dem Mann, in den sie sich verliebt hatte. Dabei hätte sie schwören können, dass er ihr vorhin seine Liebe erklärt hatte. Noch einmal versuchte Rosalyn, zu ihm durchzudringen. „Was bedeutet dir der Grund und Boden der Hollisters?“
„Nichts.“
„Warum willst du dann partout nicht verkaufen? Suchst du darin vielleicht doch deine eigenen Wurzeln? Ist dieses besondere Stück Land für dich eine Art Verbindung zu deinem Vater?“
„Vertrau mir, Rosie. Ich verachte, was mein Vater uns allen angetan hat. Den Hollisters, meiner Mutter, meiner Schwester und mir. Ich werde dir nicht erzählen, warum ich das Land gekauft habe. Das hat jedenfalls absolut nichts mit irgendwelchen Gefühlen für meinen Vater zu tun.“
„Warum …?“
Schweigend sah er sie an.
Rosalyn glaubte ihm, zumindest in diesem Punkt. Was dieses Thema anbelangte, blieb er unerbittlich. Wenn er sie oder sich anlügen würde, hätte sie es jetzt gemerkt. Nachdenklich suchte sie nach einer anderen Erklärung. „Ist es Rache? Ist das der Grund? Willst du dich an den Hollisters rächen? Ist das, was Boss dir angetan hat, nach all den Jahren immer noch so wichtig, dass du dich nach Genugtuung sehnst?“
„Würdest du mir glauben, wenn ich Nein sage?“
Prompt schüttelte sie den Kopf und zuckte zusammen, weil das schrecklich wehtat. „Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Und du wirst es mir nicht erklären. Was soll ich denn denken?“
Er trat ans Bett und setzte sich vorsichtig auf die Kante. „Du musst mir vertrauen, Rosie.“
„Du hast mich wieder und wieder darum gebeten, und ich habe dir jedes Mal vertraut.“ Sie wischte sich eine Träne von der Wange, obwohl ihre Haut spannte und schmerzte. „Aber du hast die Chance, meine Ranch zu retten, und weigerst dich, das zu tun. Hängst du so sehr an dem Land deines Vaters?“
„Ich kann dir nur sagen, dass ich aus guten Gründen so handle.“
Eine weitere Möglichkeit kam ihr in den Sinn. Rosalyn glaubte, ihr Herz würde brechen. „Hat MacKenzie recht? Ist das alles nur ein Spiel zwischen euch beiden?“
Er zögerte. „Bis vor Kurzem, glaube ich, ist es tatsächlich eine Art Spiel gewesen.“
„Nun, aber für mich ist es kein Spiel. Für mich geht es um mein Leben!“
„Hör mir zu, Rosie. MacKenzie verachtet mich. Ich kann nichts dafür, dass es mich gibt. Das interessiert sie genauso wenig wie die Tatsache, dass Ana und ich genauso Opfer von Boss’ Herzlosigkeit sind wie sie selbst und ihre Brüder. MacKenzie will mich übertrumpfen. Und solange sie gewinnt, ist ihr egal, wer in die Schusslinie gerät und wie schlimm derjenige verletzt wird.“
„Du kannst dem doch ein Ende setzen. Es liegt in deiner Hand.“ Ihre Stimme nahm einen verzweifelten Klang an. „Dafür musst du ihr geben, was sie will. Oder ist Gewinnen für dich genauso wichtig wie für sie?“
„Ich sage dir, was ich ihr erklärt habe“, erwiderte er so sanft, dass es Rosalyn einen Stich versetzte. „Bitte mich um irgendetwas anderes, egal was, und es gehört dir. Auch wenn du es nicht glaubst, aber es liegt nicht in meiner Macht. Ich kann nicht tun, worum du mich bittest.“ Er begegnete ihrem Blick. Sein Mund bildete nur noch eine schmale Linie. „Du wirst mir niemals verzeihen, wenn ich nicht auf MacKenzies Angebot eingehe, stimmt’s? Das wird immer zwischen uns stehen.“
Sie wollte ihm sagen, dass er sich irrte. Sie wünschte, sie könnte großzügig genug sein, um den Verlust der Ranch zu verschmerzen und ihr Leben einfach weiterzuführen. Aber Rosalyn kümmerte sich schon viel zu lange allein um Longhorn. Die Ranch war ihre einzige Verbindung zu ihren Eltern, zu ihren Großeltern und den Generationen davor. Ihr Kinn zuckte, und sie schwieg.
Er stand auf.
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