Gefärhlich tiefe Sehnsucht (German Edition)
Gerade passierten sie eine breite Auffahrt, die Rosalyn nur allzu gut kannte. Entsetzt betrachtete sie das große Herrenhaus, das Joc gehörte.
„Was soll das denn? Ich wollte nicht hierher.“
„Nicht? Huch, mein Fehler. Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie wollen nach Hause.“
„Das hier ist nicht mein Zuhause.“
„Nein? Ich dachte, das wäre es.“ Meredith hielt vor den breiten und flachen Stufen, die zum breiten Eingangsbereich führten. „Wäre es Ihnen recht, wenn ich Ihnen einen Rat anbiete?“, fragte Meredith.
„Mir wäre es lieber, Sie würden es bleiben lassen“, antwortete Rosalyn wahrheitsgemäß.
„Verstehe. Aber ich glaube, ich tue es trotzdem.“ Feine Linien hatten sich um Mund und Augen der älteren Frau gebildet. Sie verrieten, dass sie bittere Erfahrungen hinter sich hatte. „Ich musste auf die harte Tour lernen, dass wir unzufrieden und zynisch werden können, wenn wir die Dinge verlieren, die uns am wichtigsten sind. Allerdings können wir auch einen Weg finden, uns mit dem zufriedenzugeben, was bleibt, und das Beste daraus machen. Sie stehen jetzt genau vor dieser Wahl. Joc liebt Sie, wissen Sie.“
„Das ist nicht wahr …“
Meredith unterbrach sie. „Doch, genauso wie es wahr ist, dass Sie ihn lieben. Sie müssen sich entscheiden, Rosalyn. Entweder lassen Sie die Vergangenheit hinter sich und beginnen ein neues Leben mit dem Mann, den sie lieben. Oder Sie halten an Ihrem Starrsinn fest und bringen sich selbst um Ihr Glück. Als ich mich in einer ähnlichen Zwangslage befand, habe ich die falsche Alternative gewählt. Das ist übrigens den meisten aus meiner Familie passiert.“ Eindringlich blickte sie Rosalyn an. „Tun Sie Joc das nicht an. Er hat es nicht verdient.“
Ungläubig musterte Rosalyn sie. „Wie können Sie ihn verteidigen? Er hat Ihnen alles genommen.“
„Sie täuschen sich. Boss hat das getan, nicht Joc.“ Ein harter Zug erschien um ihren Mund, und sie nickte, als hätte sie gerade einen persönlichen Entschluss gefasst. „Wären Sie so nett, mir einen Gefallen zu tun? Sagen Sie Joc, ich entbinde ihn von seinem Versprechen. Er weiß, was ich meine.“
Eine Zeit lang blieb Rosalyn einfach schweigend sitzen, bevor sie seufzte und fragte: „Sie werden wohl hier parken, bis ich ausgestiegen bin, oder?“
„Ich fürchte ja.“ Sie deutete zur Eingangstür. „Nun gehen Sie schon, meine Liebe. Und vergessen Sie nicht, Joc auszurichten, dass er sein Versprechen vergessen kann.“
Schließlich stieß sie die Beifahrertür auf und stieg aus. Draußen herrschte eine erstickende Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging Rosalyn die Stufen hoch und betrat Jocs Haus. Drinnen war es angenehm kühl. Nachdem sie die Eingangstür hinter sich geschlossen hatte, schrak eines der Hausmädchen auf. Die junge Frau fing sich sofort und begrüßte sie mit einem erfreuten Lächeln.
„Miss Rosalyn, willkommen zu Hause.“
„Danke, Lynn. Wissen Sie, wo Joc ist?“
„In seinem Arbeitszimmer.“
Rosalyn hatte ein ungutes Gefühl im Magen. Eigentlich wollte sie Joc gar nicht gegenübertreten, weil sie ständig an die letzte Begegnung im Krankenhaus denken musste. Und daran, wie er gegangen war. Aber jetzt gab es kein Zurück. Meredith hatte dafür gesorgt.
Die Tür zum Arbeitszimmer war geschlossen. Rosalyn blieb davor stehen und hob langsam die Hand, um anzuklopfen. Merediths Worte beschäftigten sie immer noch. Allmählich ließ sie den Arm sinken. Sie brauchte noch eine Weile, um sich zu sammeln.
Meredith hatte recht. Bevor Rosalyn ihn wiedersah, musste sie eine Entscheidung treffen. Sie konnte ihn hassen, weil er MacKenzies Angebot ausgeschlagen hatte. Dann würde sie sich den Rest ihres Lebens darüber ärgern, was passiert war. Oder sie übernahm die Verantwortung dafür, dass sie zu der ganzen Katastrophe beigetragen hatte. Dann könnte sie ihr Leben normal weiterführen.
Hätte sie ihre Bankkonten rechtzeitig überprüft, wäre ihr bestimmt aufgefallen, dass die Hypothekenrate nicht abgebucht worden waren. MacKenzies Plan wäre gescheitert. Jocs Halbschwester hätte sich nie die Ranch aneignen können.
Außerdem war Joc nicht verpflichtet, sein Vermögen zu verschenken, um Longhorn zu retten. Rosalyn kam ein erschreckender Gedanke: Wenn er ihre Hypothekenverträge gekauft hätte, würde die Ranch jetzt ihm gehören. Er hätte den ursprünglich geplanten Gebäudekomplex ungehindert errichten können, statt ihre Ranch zu
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