Gefahr für Al Wheeler
eines Spleens.«
Hamilton zuckte die Schultern,
als ob er sich nicht das geringste aus ihrer Ansicht machte; aber mir kam es
vor, als ob es ihm vielleicht doch etwas ausmachte und er Mühe hatte
weiterzulächeln,
»Ich fröne meinem kindischen
Spleen, und Sie frönen Ihrer Eitelkeit«, sagte er. »Was ist da für ein
Unterschied, Corinne?«
»Oh, Schwamm drüber!« sagte sie
ungeduldig, »Ich möchte was zu trinken.«
»Bitte«, sagte Agnes heiter,
»kann mir jemand sagen, wo es zur Toilette geht?«
»Durch die Tür da geradeaus«,
sagte Hamilton, und zeigte hilfreich in der Richtung.
Kaum hatte sich die Tür hinter
ihr geschlossen, als Hamilton uns wild gestikulierend anwies, still zu sein und
zu horchen.
Zehn Sekunden später ertönte
ein durchdringender Schrei. Die Tür flog auf und Agnes schoß direkt in meine
Arme.
»Hallo, was ist los?« fragte
ich.
»Es ist grauenhaft, Al«,
schluchzte sie hysterisch. »Da ist ein Mann — eine Frau — irgendwer drin. Es
ist fürchterlich, sie müssen ausgerutscht sein oder so was. Sie müssen sofort
helfen!«
»Himmel noch mal — «, sagte ich
und sah plötzlich, daß Hamilton neuerlich von Heiterkeit bewegt wurde.
Er bedeutete uns allen, ihm in
den Raum zu folgen. Einen Augenblick später starrten wir alle auf eine
pathetisch zwischen Deckel und Brille hervorragende Hand, die bei jedermann den
Eindruck erweckte, den Agnes wiedergegeben hatte.
»Aus Plastik, natürlich«,
erklärte Hamilton inmitten seines Gelächters. »Eine wunderbare, fast
lebensechte Nachbildung einer menschlichen Hand. Finden Sie nicht?«
»Mr. Hamilton!« Agnes betupfte
ihre Augen mit einer zarten seidenen Briefmarke. »Ich finde Sie einfach
fürchterlich! Ein Mädchen so zu erschrecken! Von jetzt ab werde ich in der
ständigen Angst leben, ich könnte auf so was reinfallen —«
»Keine Bange, Honey«,
besänftigte ich sie. »Ich werde Sie beschützen.«
»Mich beschützen?« sagte sie
steif. »Hören Sie, Al Wheeler, es gibt Orte, an denen dieses Angebot
undurchführbar ist.«
Für ein Mädchen, das ihre
Tequilas gerne mit Huttänzen beschließt, war diese lebensnahe Betrachtung
seltsam. Es gibt aber Dinge, die jedenfalls überall durchführbar sind; und ich
war gerade dabei, auf diesen Punkt hinzuweisen, als ein schrilles von einem mechanischen
Elefanten hervorgebrachtes Trompeten ankündigte, daß der an die Bar
zurückgekehrte Hamilton die nächste Runde Whisky eingegossen hatte.
»Ich weiß nicht, was ich lieber
möchte«, vertraute mir Agnes flüsternd an. »Was zu trinken — oder wie ein Adler
im Zimmer herumzufliegen. Sagen Sie mir doch, was ich tun soll.«
»Was trinken wäre wohl das
beste«, sagte ich, nahm ihren Arm und geleitete sie zur Bar. »Da fallen Sie
nicht so tief.«
Als wir hinkamen, waren Corinne
und Hamilton in einer heftigen Auseinandersetzung begriffen, welcher der
darüber peinlich berührte Swanson beiwohnte. Offensichtlich wünschte er, sie
beizulegen, wußte aber nicht, wie er das anstellen sollte.
»Ich hatte niemals Zeit für
meinen Vater«, sagte Corinne ärgerlich. »Das weißt du. Aber er war der Kopf des
Ganzen, ganz ohne Zweifel.«
»Was meinst du damit — der
Kopf?« fragte Hamilton wütend.
»Jedenfalls war er, verdammt
noch mal, sehr viel gerissener als du!« Sie warf ihren Kopf zurück und lachte
laut. »Sieh doch, und wie leicht es ihm zu Beginn fiel, dich um hunderttausend
zu erleichtern.«
»Stehlen kann jeder billige
Nichtsnutz, was ist daran schon besonders gerissen!« brüllte Hamilton voller
Wut. »Aber laß mich dir sagen, daß Dan Lambert ohne mich nicht weit gekommen
wäre. Ich hatte die Lokalkenntnisse, die Verbindungen und Beziehungen hier in
der Stadt, während er nichts anderes als ein Fremder aus dem finstersten Osten
war. Bevor man anderen Leuten Aktien und Wertpapiere als Vermögensanlage
verkaufen kann, muß man sich selber überzeugend verkaufen können. Und wenn man
sich nicht das Vertrauen der Leute erwirbt, kommt man mit ihnen nicht ins
Geschäft. Das ist die primitivste Voraussetzung.«
Corinne lächelte herablassend,
was ihn ehrlich auf die Palme bringen mußte. Träge wiederholte sie: »Trotzdem
sage ich, daß Dan der Kopf des Ganzen war. Was hast du denn in den letzten drei
Jahren, seit er nicht mehr da war, getan?« Dann, nach einer den ganzen Raum
umfassenden verächtlichen Geste, beantwortete sie ihre Frage selber. »Das ist
alles, was du getan hast — du hast sozusagen einer zweiten Kindheit gefrönt,
was
Weitere Kostenlose Bücher