Gefahrenzone (German Edition)
Melanie selbst setzte sich auf einen eisernen Bistrostuhl.
»Ich wollte mich nicht einfach so davonstehlen«, sagte Melanie, als sie die Blicke ihrer Chefin bemerkte. »Ich wollte Sie heute Abend anrufen und Sie fragen, ob ich nicht kurz vorbeikommen könnte.«
»Was haben Sie denn vor?«
»Ich kündige.«
»Ich verstehe«, sagte Foley. Und dann: »Warum?«
»Weil ich bei meiner Sicherheitsüberprüfung gelogen habe. Ich habe so verdammt gut gelogen, dass ich sogar den Lügendetektor getäuscht habe. Ich dachte, dass das, worüber ich gelogen habe, eigentlich keine Rolle spielte, aber jetzt musste ich auf die bittere Art begreifen, dass man diese Lügen nutzen kann, um jemand umzudrehen, und dazu auch noch jemand, der Amerikas bestgehütete Geheimnisse kennt. Ich war angreifbar und wurde deshalb übertölpelt. Man hat mich benutzt. Und das alles wegen einer dummen Lüge, von der ich nicht glaubte, dass sie jemals auf mich zurückfallen würde.«
»Verstehe«, sagte Mary Pat.
»Vielleicht tun Sie das, vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht, was Sie wissen, und vielleicht ist das auch besser so. Ich möchte auf keinen Fall etwas tun, das Ihnen schaden könnte.«
»Also stürzen Sie sich jetzt ins eigene Schwert?«
Jetzt musste Melanie doch ganz kurz kichern. Sie griff zu einem der zahlreichen Bücherstapel hinunter, die auf dem Boden an der Wand entlang standen, und begann, die Bücher einzeln in eine Plastikmilchkiste zu packen, während sie antwortete. »So habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich komme bestimmt gut zurecht. Ich gehe auf die Uni zurück und suche mir etwas, was mich interessiert.«
Ihr Lächeln wurde jetzt etwas breiter. »Und ich werde das verdammt gut machen.«
»Da bin ich mir sicher«, sagte Mary Pat.
»Ich werde den Job vermissen. Ich werde es vermissen, für Sie zu arbeiten.« Sie ließ einen kleinen Seufzer hören. »Und ich werde Jack vermissen.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Aber diese verdammte Stadt werde ich ganz bestimmt nicht vermissen.«
»Wohin werden Sie gehen?«
Melanie schob die volle Milchkiste zur Seite und holte sich dann einen Umzugskarton, den sie jetzt mit weiteren Büchern füllte. »Ich gehe heim. Nach Texas. Zu meinem Dad.«
»Ihrem Dad?«
»Ja«, bestätigte Melanie. »Ich habe vor langer Zeit wegen seines Fehlers mit ihm gebrochen. Jetzt sehe ich, dass ich mich auch nicht viel anders verhalten habe, und ich halte mich nicht für einen schlechten Menschen. Ich muss zu ihm heimkehren und ihn wissen lassen, dass wir trotz allem, was geschehen ist, immer noch eine Familie sind.«
Mary Pat Foley spürte, dass Melanie fest hinter ihrer Entscheidung stand, wenngleich sie ihr immer noch wehtat.
»Was immer in der Vergangenheit geschehen ist, jetzt tun Sie das Richtige«, sagte sie.
»Danke, Mary Pat.«
»Und ich versichere Ihnen, dass Ihre Zeit in dieser Stadt es wert war. Ihre Arbeit hat hier etwas bewirkt. Das sollten Sie nie vergessen.«
Melanie lächelte, packte den Karton mit Büchern voll, schob ihn dann zur Seite und griff sich einen neuen.
N ach dem Begräbnis kehrte Jack Junior in das Privathaus der Ryan-Familie in Baltimore zurück. Seine Eltern hielten sich dort zusammen mit ihren Kindern während des Wochenendes auf. Jack begrüßte die Leibwächter seines Vaters vom Secret Service und ging dann in dessen Arbeitszimmer. Ryan Senior umarmte seinen Sohn und kämpfte gegen die Tränen der Erleichterung an, dass er ihn lebendig und an einem Stück wiedersah. Dann packte er ihn fest an der Schulter und schaute ihn sich von oben bis unten an.
Jack lächelte. »Mir geht’s gut, Dad, glaub mir.«
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht?«
»Es musste sein. Ich war als Einziger verfügbar, deshalb ging ich hinüber und habe es gemacht.«
Der Senior spannte seinen Kiefer an, als wollte er gegen diese Argumentation Widerspruch einlegen, aber stattdessen sagte er gar nichts.
Der Junior ergriff gleich wieder das Wort. »Ich muss mit dir über etwas anderes sprechen.«
»Ist dies nur ein Trick, um das Thema zu wechseln?«
Jack Junior versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken, und sagte: »Nicht dieses Mal.«
Die beiden Männer setzten sich auf ein Sofa. »Was ist los?«
»Es geht um Melanie.«
Ryan Seniors Augen begannen zu funkeln. Er hatte nie verhehlt, dass er von dieser jungen Geheimdienstanalystin absolut hingerissen war. Aber der Präsident hörte sofort die dunklen Untertöne in der Antwort seines Sohns heraus. »Worum geht
Weitere Kostenlose Bücher