Gefahrenzone (German Edition)

preisgab. Ihre Mutter war bereits vor geraumer Zeit gestorben, ihr Vater war Oberst in der US Air Force gewesen, und sie hatte einen Großteil ihrer Kindheit im Ausland verbracht. Dies alles war ihren Antworten an den Präsidenten und die First Lady zu entnehmen. Ryan jr. wusste allerdings auch nicht mehr über ihre Jugend und ihre Familie.
    Jack war sich sicher, dass die Secret-Service-Einheit, die ihrem Besuch im Weißen Haus zugestimmt hatte, mehr über die Vergangenheit seiner Freundin wusste als er selbst.
    Nach dem Abendessen schlüpften sie so heimlich aus dem Weißen Haus hinaus, wie sie zuvor hineingeschlichen waren. Melanie gestand ihrem Freund, dass sie zuerst etwas nervös gewesen sei. Dann seien seine Eltern ihr gegenüber jedoch so nett und natürlich aufgetreten, dass sie den Großteil des Abends vergessen habe, dass sie ihn mit dem Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte und der Chefchirurgin der Wilmer-Augenklinik des Johns-Hopkins-Hospitals verbrachte.
    Jack musste jetzt wieder an diesen Abend denken, als er Melanies Kurven unter ihrem Bademantel bewunderte.
    Als sie merkte, dass er sie beobachtete, fragte sie: »Kraftraum oder Joggen?« An den meisten Morgen taten sie das eine oder das andere, egal, ob sie die Nacht im selben Bett verbracht hatten oder nicht. Wenn sie bei ihm übernachtete, trainierten sie im Kraftraum von Jacks Apartmenthaus oder joggten über eine Strecke von beinahe fünf Kilometern, die sie um den Wilde Lake herum und danach durch den Fairway-Hills-Golfplatz führte.
    Andererseits verbrachte Jack Ryan niemals die Nacht in Melanies kleiner Wohnung in Alexandria. Irgendwie fand er es schon seltsam, dass sie ihn noch nie eingeladen hatte, bei ihr zu übernachten. Auch ihre Begründung dafür fand er etwas eigentümlich. Sie meinte nur, dass sie sich ihm gegenüber für ihre winzige Bude in einer Gartenremise geniere, die insgesamt nicht einmal so groß war wie Jacks Wohnzimmer.
    Er ließ es dabei bewenden und drang nicht weiter in sie. Melanie war die Liebe seines Lebens, davon war er überzeugt, sie war jedoch auch immer ein wenig geheimnisvoll und reserviert, manchmal sogar ausweichend.
    Er war sich sicher, dass das an ihrer CIA-Ausbildung lag. Außerdem machte das Ganze sie nur noch reizvoller.
    Als er sie einfach nur weiter betrachtete, ohne ihre Frage zu beantworten, lächelte sie ihn hinter ihrem Kaffeebecher an. »Kraftraum oder Joggen, Jack?«
    Er zuckte die Achseln. »15 Grad. Kein Regen.«
    Melanie nickte. »Also gehen wir joggen.« Sie stellte ihren Becher auf den Tisch, stand auf und verschwand im Schlafzimmer, um sich umzuziehen.
    Jack schaute ihr hinterher und rief ihr dann nach: »Tatsächlich gibt es auch noch eine dritte Option.«
    Melanie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Er entdeckte ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen. »Und was könnte das sein, Mr. Ryan?«
    »Ernst zu nehmende Wissenschaftler behaupten, dass man beim Sex mehr Kalorien verbrennt als beim Joggen. Außerdem ist es besser für das Herz.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Wissenschaftler behaupten das?«
    Er nickte. »Das tun sie tatsächlich.«
    »Da besteht jedoch immer die Gefahr, dass man es mit dem Training übertreibt und sich zu sehr verausgabt.«
    Ryan lachte. »Keine Chance.«
    »Also dann, wenn du meinst«, sagte sie. Melanie öffnete ihren Bademantel und ließ ihn auf den Parkettboden gleiten. Dann drehte sie sich um und ging nackt ins Schlafzimmer hinüber.
    Jack nahm noch einen letzten Schluck Kaffee und erhob sich, um ihr zu folgen.
    Das würde ein guter Tag werden.
    U m 7.30 Uhr stand Melanie frisch geduscht und angezogen mit ihrer Tasche über der Schulter in der Eingangstür von Jacks Apartment. Ihr langes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Ihre Sonnenbrille hatte sie auf den Kopf geschoben. Sie gab Jack einen langen Abschiedskuss, der ihm zeigte, dass sie nur ungern ging und es kaum erwarten konnte, ihn wiederzusehen. Dann ging sie durch den Etagengang zum Aufzug hinüber. Vor ihr lag eine längere Fahrt nach McLean, Virginia. Eigentlich war sie eine Analystin der CIA. Erst kürzlich war sie jedoch vom National Counterterrorism Center über den Parkplatz des Liberty-Crossing-Komplexes ins Büro des »Director of National Intelligence« umgezogen. Dabei war sie ihrer Chefin Mary Pat Foley, der bisherigen stellvertretenden Direktorin des NCTC , gefolgt, die von Präsident Ryan zur Direktorin der Nationalen Geheimdienste ernannt worden war, was sie sogar zu