Gefahrenzone (German Edition)
fangen, dass er dieses Gespräch kontrollieren und damit sein weiteres Geschick vielleicht positiv beeinflussen konnte.
»Ich werde Russland verlassen müssen.«
»Ja. Das wurde bereits arrangiert. Ihr Auftraggeber lebt im Ausland, und auch Sie werden künftig außerhalb Russlands tätig sein. Als Erstes werden Sie einen Arzt aufsuchen, der sich um Ihre Gesundheit kümmern wird. Danach werden Sie wieder eine Art von Geheimdienstarbeit leisten, allerdings nicht dort, wo sich Ihr neuer Dienstherr aufhält. Sie werden Agenten rekrutieren und führen und dabei jede Anordnung Ihres Wohltäters befolgen. Man wird Sie dafür weit besser bezahlen als Ihr ehemaliger russischer Geheimdienst. Im Wesentlichen werden Sie jedoch allein operieren.«
»Wollen Sie mir sagen, dass ich meinen neuen Chef gar nicht treffen werde?«
Der stämmige Mann nickte. »Ich arbeite jetzt schon seit fast zwei Jahren für ihn und bin ihm noch nie begegnet. Ich weiß nicht einmal, wer er ist.«
Kowalenko runzelte die Stirn. »Es handelt sich dabei offensichtlich nicht um den Repräsentanten eines offiziellen ausländischen Dienstes. Ist das ... ist das etwa eine illegale Organisation?« Er hatte das längst erraten und heuchelte jetzt nur Überraschung, um seinen Abscheu zu zeigen.
Als Antwort erhielt er nur ein kurzes Nicken.
Walentin ließ die Schultern hängen und sackte immer weiter in sich zusammen. Seine Krankheit machte ihn müde. Darüber hinaus wurde das Adrenalin immer weiter abgebaut, das ihm während des Mordes an diesem Mann und seiner eigenen Todesangst durch die Adern gebraust war. Nach einigen Sekunden sagte er: »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als Ihrer lausigen Verbrecherbande beizutreten.«
»Es ist nicht meine Bande, und lausig ist sie schon gar nicht. Diese Organisation hat eine ganz andere Führungsstruktur. Wir ... Sie, ich und alle anderen ... erhalten unsere Befehle über Cryptogram.«
»Was zum Himmel ist denn Cryptogram?«
»Ein absolut sicheres ›Instant Messaging‹.«
»Ein was?«
»Ein Nachrichtensofortversand. Das ist ein Kommunikationssystem, das weder mitgelesen noch gehackt werden kann und sich nach der Übermittlung sofort eigenständig löscht.«
»Auf dem Computer?«
»Ja.«
Walentin begriff, dass er sich einen Computer zulegen musste. »Sie sind also nicht mein Führungsoffizier?«
Der Russe schüttelte nur den Kopf. »Mein Job ist jetzt erledigt. Wir beide sind miteinander fertig. Ich nehme an, dass Sie mich in Ihrem ganzen Leben nicht mehr wiedersehen werden.«
»Okay.«
»Wir bringen Sie jetzt in ein Haus, wo Sie erst einmal bleiben werden. Ein Kurier wird Ihnen neue Ausweispapiere und die weiteren Instruktionen bringen. Ich weiß jedoch nicht genau, wann das sein wird. Vielleicht morgen. Vielleicht später. Dann werden meine Leute Sie aus dem Land schleusen.«
Kowalenko schaute aus dem Rückfenster und sah, dass sie gerade in die Moskauer Innenstadt hineinfuhren.
»Ich möchte Ihnen noch eine Warnung mit auf den Weg geben, Walentin Olegowitsch. Ihr Auftraggeber – ich sollte eher sagen, unser gemeinsamer Auftraggeber – hat seine Leute überall.«
»Überall?«
»Wenn Sie Ihre Pflichten vernachlässigen oder unsere Abmachung sogar aufzukündigen versuchen, werden seine Leute Sie finden und nicht zögern, Sie dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Sie wissen alles und sie sehen alles.«
»Ich verstehe.«
Zum ersten Mal musste der Mann mit dem Quadratschädel kichern. »Nein, das tun Sie nicht. Sie können das jetzt noch gar nicht verstehen. Wenn Sie diese Leute irgendwann irgendwie verärgern, werden Sie deren Allwissenheit sofort kennenlernen. Sie sind wie Götter.«
Dem kultivierten, gebildeten Walentin Kowalenko wurde klar, dass er weit weltläufiger war als dieser kriminelle Drecksack, der da neben ihm saß. Dieser Mann hatte eben nicht für einen gut geführten Nachrichtendienst gearbeitet, bevor er für seinen gegenwärtigen ausländischen Arbeitgeber tätig wurde. Walentin machte sich dagegen über die Möglichkeiten und den Einflussbereich seines neuen Chefs weit weniger Sorgen. Immerhin war er bis vor Kurzem Mitglied des russischen Geheimdiensts gewesen, dem kaum eine andere Spionageorganisation auf diesem Planeten das Wasser reichen konnte.
»Noch eine weitere Warnung.«
»Ich höre.«
»Dies ist kein Verein, aus dem Sie eines Tages einfach so austreten oder in Ruhestand gehen können. Sie werden ihren Anordnungen Folge leisten, solange die es
Weitere Kostenlose Bücher