Gefahrenzone (German Edition)
jedoch so bitter, dass Ihre Umgebung sie nicht hören wollte.«
Wei nickte zustimmend.
»Ich befinde mich jetzt in einer ähnlichen Lage. Sie haben einen Fünfjahresplan entwickelt, um unser Land zu der Stärke und dem Ruhm zurückzuführen, die es seit Generationen nicht mehr genießen durfte. Schweren Herzens muss ich Sie jedoch über einige Aspekte unserer gegenwärtigen militärischen Lage aufklären, die Ihren Fünfjahresplan schwierig, wenn nicht sogar unmöglich machen.«
Wei legte überrascht den Kopf schief. »Die Ziele, die ich erreichen möchte, können nicht allein durch militärische Mittel errungen werden. Ich benötige nur die militärische Unterstützung, um das fragliche Gebiet kontrollieren zu können. Sind wir etwa gar nicht so stark, wie es uns die Jahresberichte glauben machen wollen?«
Su wischte dies mit einer Handbewegung beiseite. »Wir sind militärisch stark. Alles in allem so stark wie nie zuvor. Durch die alljährliche zwanzigprozentige Erhöhung des Militärhaushalts in den letzten beiden Jahrzehnten konnten wir unsere militärischen Kapazitäten zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum in bedeutendem Maße erhöhen.«
Su stieß einen Seufzer aus.
»Dann sollten Sie mir erzählen, was Sie bedrückt.«
»Ich befürchte, dass unsere Stärke gerade jetzt, gerade in diesem Augenblick an ihrem Höhepunkt angelangt ist und sie von nun an im Verhältnis zu unseren Gegnern abnehmen wird.«
Wei begriff nicht, was er meinte. Was militärische Angelegenheiten anging, war er nicht gerade ein Fachmann. »Warum sollte sie abnehmen?«
Su machte eine längere Pause, die Wei zeigen sollte, dass er etwas ausholen musste, um diese Frage zu beantworten. »Wir könnten bereits morgen früh damit beginnen, jeden Gegner in unserer Region zu eliminieren. Aber das wird uns am Ende nicht viel helfen. Für uns ist nur ein einziger Gegner wichtig. Wenn wir diesen neutralisieren, werden wir alle unsere künftigen Kriege gewinnen, ohne sie überhaupt führen zu müssen.«
»Glauben Sie tatsächlich, dass sich die Vereinigten Staaten in unseren Kampf um das Südchinesische Meer einmischen werden?«, fragte Wei.
»Da bin ich mir absolut sicher, Genosse Präsident.«
»Und unsere militärischen Fähigkeiten ...«
»Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Unsere konventionelle Schlagkraft ist mit der der Vereinigten Staaten in keiner Weise vergleichbar. Auf fast jedem Gebiet, bei der Zahl der Waffen, der Qualität der Ausrüstung und der Ausbildung der Soldaten sind uns die Amerikaner weit überlegen. Sie haben die besseren Schiffe, Flugzeuge, Panzer, Lastwagen und Schlafsäcke. Außerdem haben sie in den letzten zehn Jahren Kampferfahrung sammeln können, während wir nur trainiert haben.«
Weis Gesichtszüge verhärteten sich. »Das klingt, als ob der Ausbau unserer Streitkräfte in den letzten beiden Jahrzehnten unserem Land nur wenig gebracht hätte.«
Su reagierte keineswegs verärgert auf diese Bemerkung. Stattdessen nickte er.
»Da gibt es die andere Seite der Medaille. Das ist die gute Nachricht. Tatsächlich waren viele Aspekte unserer strategischen Modernisierung äußerst erfolgreich. In einer Disziplin der Kriegsführung genießen wir sogar einen großen Vorsprung. In jedem künftigen Konflikt werden wir gegenüber jedem denkbaren Gegner eine vollkommene Informationsdominanz besitzen.
Die Armee des Vorsitzenden Mao, die Armee, in der Ihr und mein Vater gedient haben, wurde durch etwas viel Großartigeres ersetzt. Diese neue Streitmacht folgt dem revolutionären Konzept, das unsere amerikanischen Gegner C4ISR nennen. Dabei geht es um die Vernetzung von Führung und Steuerung, Kommunikation, Computern, Informationsbeschaffung, Überwachung und Aufklärung. Wir sind gut vernetzt, gut organisiert und besitzen die notwendigen Ressourcen. Unsere entsprechenden Spezialtruppen sind zu einem sofortigen Angriff bereit.«
»Angriff? Sie sprechen von Cyberkrieg?«
»Cyberkrieg und Cyberspionage, die Kommunikation zwischen Systemen und Truppenverbänden, um deren Wirkungskraft zu erhöhen. Die vollständige Informatisierung des Gefechtsfelds. Auf diesen Gebieten sind wir den Amerikanern um Längen voraus.«
»Sie haben mir doch gesagt, Sie hätten schlechte Nachrichten«, sagte Wei. »Das alles scheint mir doch eher eine gute Nachricht zu sein.«
»Die schlechte Nachricht, Genosse Generalsekretär, ist der Zeitplan, den Sie mir vorgegeben haben. Der ist nämlich vollkommen unrealistisch.«
»Aber
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