Gefahrenzone (German Edition)
vorbeifuhr, nicht weiter überrascht, dass noch mehrere Autos auf dem Firmenparkplatz standen, die bereits da gewesen waren, als er vor sechs Stunden seinen Dienst begonnen hatte.
Die Chefs von ADSC , Lance Boulder und Ken Farmer, waren es gewohnt, Überstunden zu machen. Das gehörte in ihrem Geschäft einfach dazu.
Lance und Ken waren in San Francisco als Nachbarskinder aufgewachsen. In den frühen Tagen des Internets verbrachten sie jede freie Minute vor dem Computer. Als sie zwölf Jahre alt waren, bauten sie ihre eigenen Rechner und programmierten die Standardprogramme nach ihren Bedürfnissen um. Mit fünfzehn waren die beiden Freunde zu versierten Hackern geworden.
Sie wurden Mitglieder einer Hacker-Subkultur, die vor allem aus intelligenten männlichen Teenagern bestand, die sich gegenseitig zu immer neuen Hackingangriffen anspornten. Ken und Lance begannen, gemeinsam in die Computernetzwerke ihrer Highschool, der örtlichen Universitäten und anderer Organisationen überall auf der Welt einzubrechen. Dabei verursachten sie keinen allzu großen Schaden. Sie waren weder an Kreditkartenbetrug noch an Identitätsdiebstahl interessiert. Auch verkauften sie keine Daten an andere weiter. Das Ganze war für sie nur ein aufregendes Spiel und eine ständige Herausforderung.
Außer einigen »Graffitiattacken« auf die Homepage ihrer Schule ließen sie sich nichts zuschulden kommen.
Allerdings sah dies die örtliche Polizei ganz anders. Beide Jungs wurden wegen Computergraffiti angeklagt, die ihr Computerlehrer bis zu ihnen zurückverfolgen konnte. Lance und Ken gaben sofort alles zu.
Nach einigen Wochen gemeinnütziger Arbeit, zu der sie das Jugendgericht verurteilt hatte, beschlossen sie, auf solche Streiche künftig zu verzichten. Beim nächsten Mal würde es Einträge ins Strafregister geben, was ihre Zukunftsaussichten ernsthaft beeinträchtigen würde.
Stattdessen lenkten sie ihr Talent und ihre Energie in die richtige Bahn. Sie bestanden die Eingangsprüfung zum Caltech, wo sie als Hauptfach Computerwissenschaften studierten. Nach ihrem erfolgreichen Abschluss arbeiteten sie eine Zeit lang für Softwarefirmen im Silicon Valley.
Zwar waren sie jetzt Musterbürger, blieben aber im Herzen immer noch Hacker. Kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag kündigten sie deshalb ihre bisherigen Jobs und gründeten ihr eigenes Unternehmen, das auf Penetrationstests spezialisiert war, mit denen sie die Schwachstellen von Computerprogrammen und Netzwerken aufzuspüren versuchten. Sie wurden also zu dem, was man in der IT-Szene »ethische Hacker« nannte.
Sie wurden von Banken, Einzelhandelsketten, Fabrikkonzernen und anderen Unternehmen beauftragt, gezielt in ihre Netzwerke einzubrechen und ihre Websites zu hacken.
Bald konnten sie dabei eine hundertprozentige Erfolgsquote vorweisen und ihren Auftraggebern die geeigneten Ratschläge erteilen, wie sie ihre IT-Sicherheit verbessern konnten.
Sie bekamen bald den Ruf, zu den besten »White-Hat-Hackern« im Silicon Valley zu gehören. Die großen Antivirusunternehmen McAfee und Symantec versuchten mehrmals, sie aufzukaufen, aber die beiden jungen Männer waren entschlossen, aus ihrer Firma selbst und ohne die Hilfe anderer etwas Großes zu machen.
Mit ihrem Renommee wuchs auch ihre Auftragslage. Bald führten sie Penetrationstests bei Regierungsnetzwerken durch und versuchten dabei, in sogenannte Bulletproof Systems einzudringen, streng geheime Computersysteme, wie sie etwa die US-Nachrichtendienste unterhielten, und nach Schwachstellen zu suchen, die die böswilligen »Black-Hat-Hacker« bisher noch nicht gefunden hatten. Auch dabei erzielten Lance, Ken und ihre zwei Dutzend Mitarbeiter große Erfolge, was ihrer Firma ADSC weitere Regierungsaufträge verschaffte.
Die beiden Unternehmer hatten es in den letzten fünf Jahren weit gebracht. Trotzdem waren Lance und Ken immer noch bereit, wenn nötig zwanzig Stunden am Tag zu arbeiten.
Dies war etwa heute Nacht der Fall.
Sie und drei ihrer Mitarbeiter machten Überstunden, weil sie in einer Windows-Serverkomponente ein Exploit gefunden hatten, das jedem gesicherten Regierungsnetzwerk gefährlich werden konnte. Sie hatten es aufgedeckt, als sie das Netzwerk des Hauptquartiers eines Auftragnehmers der US-Regierung im benachbarten kalifornischen Sunnyvale einem Penetrationstest unterzogen hatten.
Als Lance und Ken die Schwachstelle in der Software entdeckt hatten, entwickelten sie ihren eigenen Trojaner, eine Malware, die
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