Gefahrliche Sunden

vor deinem Gesicht habe. Toll. Dreh den Kopf etwas nach links. Genau. Kinn ein bisschen runter. Lächeln. Und jetzt ernst. Klasse. Perfekt.«
    Als der Film voll war, drückte er die Kappe wieder vor das Objektiv und trat vorsichtig auf das Geländer zu.
    Â»Vielleicht gefällt es Helmut nicht, so viele Bilder von mir in einem Artikel über sich zu sehen«, stellte Jordan fest.
    Reeves schob sich näher an sie heran und blieb stehen, bevor er ihr erklärte: »Helmut wird diese Bilder gar nicht zu Gesicht bekommen. Sie sind nur für mich bestimmt.«

    Dann küsste er sie auf den Mund. Sie tat noch nicht mal so, wie wenn sie es nicht wollte, sondern schmiegte sich willig an ihn an, legte ihren Kopf zurück und nahm seine Lippen in Empfang.
    Ihrer beider Atem bildete kleine Kristalle in der kalten Luft. Sein Mund war heiß, als er ihn öffnete, und schmeckte noch nach dem Brandy, mit dem ihr Cappuccino verfeinert worden war.
    Sie schob ihre Hände unter seine Jacke, die noch offen war, ließ sie über seinen Rücken gleiten und erforschte die stahlharten Muskeln unter seinem weichen Hemd.
    Â»Ich gebe dir eine Viertelstunde Zeit, um damit aufzuhören«, sagte er an ihrem Mund, ohne dass er die Liebkosung ihrer Lippen unterbrach.
    Â»Ich höre jetzt schon wieder auf«, antwortete sie und machte sich wieder von ihm los. Die Leidenschaft des Kusses nahm sekündlich zu, und schließlich waren sie beide nicht allein auf dem Plateau.
    Â»Verdammt!«
    Lachend fragte sie: »Was war die schlimmste Situation, in der du dich im Rahmen deiner Arbeit je befunden hast?« Sie hielt es für besser, wenn sie über ein unverfängliches Thema sprechen würden, denn noch immer strichen seine Hände verführerisch über den Kragen von ihrem Anorak.
    Â»Wow, das ist eine schwere Frage. Vietnam war die Hölle. Oder hat sich auf jeden Fall so angefühlt. Und auch so gerochen. Auch Kambodscha war echt fürchterlich. Aber ich schätze, die schlimmste Situation gab
es in El Salvador. In meinem ganzen Leben habe ich nie wieder solche Angst gehabt. Jeder schoss auf jeden, und erst anschließend wurde danach gefragt, wer auf welcher Seite stand.«
    Â»Warum machst du diese Arbeit, Reeves? Auch Journalisten werden umgebracht, genau wie Soldaten.« Sie erschauderte, als sie sich vorstellte, dass er blutend und verletzt irgendwo lag.
    Er zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Es ist wie ein Zwang, den ich nur schwer erklären kann. Wenn ich mich nicht mitten ins Geschehen stürze, kriege ich vielleicht nicht das beste Bild, das Foto des Jahrzehnts, wie das von den Soldaten, die die Flagge auf Iwoyima gehisst haben.«
    Obwohl sie nicht wirklich verstehen konnte, was ihn trieb, schüttelte sie nachdenklich den Kopf. »Ich weiß, du hast schon angesehene Preise für deine Arbeit eingeheimst, aber was ist dein Lieblingsbild – das Bild, das dir besser als alle anderen gefällt?«
    Â»Das habe ich noch nicht gemacht.«
    So, wie er sie gegen das Geländer drückte, und so, wie er sprach, hätte sie wissen sollen, dass er in Gedanken schon bei einem völlig anderen Thema war.
    Â»Mein Lieblingsbild wird eins von dir sein. Nackt.«
    Â»Reeves!«, quietschte sie und sah sich hastig um. Hoffentlich war niemand in der Nähe, der ihre Sprache sprach.
    Â»Lass mich überlegen, wie werde ich es machen?«, fragte er sie mit gespielter Objektivität. Und kniff
nachdenklich ein Auge zu. »In einem Blumenfeld? Nein, das wäre zu süß, zu unschuldig.«
    Â»Na, vielen Dank. Ich …«
    Â»Vielleicht, wenn du mit über dem Kopf ausgestreckten Armen auf dem Rücken auf einem schwarzen Satinlaken liegst«, überlegte er laut.
    Â»Reeves, würdest du wohl bitte …«
    Â»Nein, das wäre zu … lasziv. So bist du nicht. Das wäre nicht dein Stil. Lass mich sehen.« Er starrte sie mit zusammengekniffenen Augen an, und ihr wurde siedend heiß.
    Das Thema war viel zu verfänglich, und sie sollte hier nicht stehen und ihn so über sich reden lassen. Aber der Gedanke, für ihn zu posieren, war auf verruchte Weise attraktiv und aufregend.
    Â»Ich weiß. Du wirst auf einem breiten Bett liegen. Und ich werde dich durch einen dünnen Gazevorhang fotografieren, damit du möglichst ätherisch wirkst. Du wirst auf der Seite liegen und die Kamera ansehen. Solltest du unter